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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von den souverainen Staaten überhaupt,
*] Carol. Molinaeus de origine et excellentia Monar-
chiae Francorum. Frf. 1597. sol.
1610. u. öft. 4.
§. 10.
Teutschland

Hatte in den ältesten Zeiten, die wir kennen, eine
Menge besonderer in keiner Hauptverbindung stehender
Völker zu Bewohnern. Einige derselben suchten, bey
der algemeinen Völkerwanderung, sich neue Wohnplätze,
und wurden von andern slavischen Nazionen ersetzt,
andere besonders die Sachsen, Thüringer, Bayern, Frie-
sen und Franken blieben in ihrem Vaterlande. Das
Glück der fränkischen Waffen unteriochte die übrigen
Völker, und so entstand die mächtige Monarchie der
Franken, die zu Karls des Großen Zeiten, der die vor-
längst erloschene Kaiserwürde des zertrümmerten abend-
ländischen römischen Reichs wieder annahm, im höchsten
Flor stand. Die vorerwähnte Theilung seiner Enkel zu
Verdun 843 war der eigentliche Ursprung des heutigen
teutschen Reichs das Ludewig dem Teutschen zufiel.
Unter den verschiedenen ansehnlichen Erwerbungen der
nachfolgenden Beherscher ist Ottos des Großen Ver-
einigung Italiens und der römischen Kaiserwürde mit
Teutschland 961 und 962 eine der merkwürdigsten.
Haben gleich in der Folge die Stände dieses Reichs durch
Erlangung der vorzüglichsten Maiestätsrechte gewisserma-
ßen zu eignen Staaten sich gebildet; so hat man doch
Teutschland, unter seinem Oberhaupte, dem Kaiser, bis-
her iederzeit für einen einzigen Staatskörper angesehen.

*] Iac. Brunneman diss. de origine, finibus et praeten-
sionibus Imperii Rom. Germ. Hal.
1701. 4.
Io. Steph. Pütteri specimen iuris publ. et gent. medii
aevi de instauratione Imperii Rom. sub Carolo M. et
Ottone M. facta ejusque affectibus. Götting
1784. 8.

Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
*] Carol. Molinaeus de origine et excellentia Monar-
chiae Francorum. Frf. 1597. ſol.
1610. u. oͤft. 4.
§. 10.
Teutſchland

Hatte in den aͤlteſten Zeiten, die wir kennen, eine
Menge beſonderer in keiner Hauptverbindung ſtehender
Voͤlker zu Bewohnern. Einige derſelben ſuchten, bey
der algemeinen Voͤlkerwanderung, ſich neue Wohnplaͤtze,
und wurden von andern ſlaviſchen Nazionen erſetzt,
andere beſonders die Sachſen, Thuͤringer, Bayern, Frie-
ſen und Franken blieben in ihrem Vaterlande. Das
Gluͤck der fraͤnkiſchen Waffen unteriochte die uͤbrigen
Voͤlker, und ſo entſtand die maͤchtige Monarchie der
Franken, die zu Karls des Großen Zeiten, der die vor-
laͤngſt erloſchene Kaiſerwuͤrde des zertruͤmmerten abend-
laͤndiſchen roͤmiſchen Reichs wieder annahm, im hoͤchſten
Flor ſtand. Die vorerwaͤhnte Theilung ſeiner Enkel zu
Verdun 843 war der eigentliche Urſprung des heutigen
teutſchen Reichs das Ludewig dem Teutſchen zufiel.
Unter den verſchiedenen anſehnlichen Erwerbungen der
nachfolgenden Beherſcher iſt Ottos des Großen Ver-
einigung Italiens und der roͤmiſchen Kaiſerwuͤrde mit
Teutſchland 961 und 962 eine der merkwuͤrdigſten.
Haben gleich in der Folge die Staͤnde dieſes Reichs durch
Erlangung der vorzuͤglichſten Maieſtaͤtsrechte gewiſſerma-
ßen zu eignen Staaten ſich gebildet; ſo hat man doch
Teutſchland, unter ſeinem Oberhaupte, dem Kaiſer, bis-
her iederzeit fuͤr einen einzigen Staatskoͤrper angeſehen.

*] Iac. Brunneman diſſ. de origine, finibus et praeten-
ſionibus Imperii Rom. Germ. Hal.
1701. 4.
Io. Steph. Pütteri ſpecimen iuris publ. et gent. medii
aevi de inſtauratione Imperii Rom. ſub Carolo M. et
Ottone M. facta ejusque affectibus. Goͤtting
1784. 8.

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[92/0118] Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt, *] Carol. Molinaeus de origine et excellentia Monar- chiae Francorum. Frf. 1597. ſol. 1610. u. oͤft. 4. §. 10. Teutſchland Hatte in den aͤlteſten Zeiten, die wir kennen, eine Menge beſonderer in keiner Hauptverbindung ſtehender Voͤlker zu Bewohnern. Einige derſelben ſuchten, bey der algemeinen Voͤlkerwanderung, ſich neue Wohnplaͤtze, und wurden von andern ſlaviſchen Nazionen erſetzt, andere beſonders die Sachſen, Thuͤringer, Bayern, Frie- ſen und Franken blieben in ihrem Vaterlande. Das Gluͤck der fraͤnkiſchen Waffen unteriochte die uͤbrigen Voͤlker, und ſo entſtand die maͤchtige Monarchie der Franken, die zu Karls des Großen Zeiten, der die vor- laͤngſt erloſchene Kaiſerwuͤrde des zertruͤmmerten abend- laͤndiſchen roͤmiſchen Reichs wieder annahm, im hoͤchſten Flor ſtand. Die vorerwaͤhnte Theilung ſeiner Enkel zu Verdun 843 war der eigentliche Urſprung des heutigen teutſchen Reichs das Ludewig dem Teutſchen zufiel. Unter den verſchiedenen anſehnlichen Erwerbungen der nachfolgenden Beherſcher iſt Ottos des Großen Ver- einigung Italiens und der roͤmiſchen Kaiſerwuͤrde mit Teutſchland 961 und 962 eine der merkwuͤrdigſten. Haben gleich in der Folge die Staͤnde dieſes Reichs durch Erlangung der vorzuͤglichſten Maieſtaͤtsrechte gewiſſerma- ßen zu eignen Staaten ſich gebildet; ſo hat man doch Teutſchland, unter ſeinem Oberhaupte, dem Kaiſer, bis- her iederzeit fuͤr einen einzigen Staatskoͤrper angeſehen. *] Iac. Brunneman diſſ. de origine, finibus et praeten- ſionibus Imperii Rom. Germ. Hal. 1701. 4. Io. Steph. Pütteri ſpecimen iuris publ. et gent. medii aevi de inſtauratione Imperii Rom. ſub Carolo M. et Ottone M. facta ejusque affectibus. Goͤtting 1784. 8. Ulr.

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/118>, abgerufen am 29.03.2024.