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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Zweites Kapitel.
Von den geselschaftlichen Verbindungen der
Nazionen.
§. 1.
Hauptbegriffe der geselschaftlichen Verbin-
dungen
.

Aus der Vereinigung mehrerer Personen zu einem fort-
dauernden gemeinschaftlichen Endzweck entstehen
Geselschaften. Diese sind entweder durch Gesetze bestimt,
oder durch freiwillige Verträge der Mitglieder errichtet.
Die erstern nent man nothwendige, die andern frei-
willige
Geselschaften. Bleiben alle Glieder derselben
einander gleich, dergestalt, daß sie wechselseitig gleiche
Rechte und Verbindlichkeiten behalten, so heissen sie glei-
che
Geselschaften, hingegen ungleiche, wenn ihre
Handlungen den Vorschriften einer Oberherschaft unter-
worfen sind.

§. 2.
Natürliche Geselschaft unter allen Men-
schen
.

Nach der Meinung des Grotius und vieler ältern
und neuern Philosophen ist den Menschen nicht nur ein
Trieb zur Geselligkeit von der Natur eingepflanzt, son-
dern auch die gesellschaftliche Verbindung unter ihnen
von ihr selbst vorgeschrieben. Niemand, sagen sie, kan
die mannichfaltigen Bedürfnisse, welche das natürliche
Verlangen eines ieden nach Glückseligkeit und Vervol-

kom-
K 2
Zweites Kapitel.
Von den geſelſchaftlichen Verbindungen der
Nazionen.
§. 1.
Hauptbegriffe der geſelſchaftlichen Verbin-
dungen
.

Aus der Vereinigung mehrerer Perſonen zu einem fort-
dauernden gemeinſchaftlichen Endzweck entſtehen
Geſelſchaften. Dieſe ſind entweder durch Geſetze beſtimt,
oder durch freiwillige Vertraͤge der Mitglieder errichtet.
Die erſtern nent man nothwendige, die andern frei-
willige
Geſelſchaften. Bleiben alle Glieder derſelben
einander gleich, dergeſtalt, daß ſie wechſelſeitig gleiche
Rechte und Verbindlichkeiten behalten, ſo heiſſen ſie glei-
che
Geſelſchaften, hingegen ungleiche, wenn ihre
Handlungen den Vorſchriften einer Oberherſchaft unter-
worfen ſind.

§. 2.
Natuͤrliche Geſelſchaft unter allen Men-
ſchen
.

Nach der Meinung des Grotius und vieler aͤltern
und neuern Philoſophen iſt den Menſchen nicht nur ein
Trieb zur Geſelligkeit von der Natur eingepflanzt, ſon-
dern auch die geſellſchaftliche Verbindung unter ihnen
von ihr ſelbſt vorgeſchrieben. Niemand, ſagen ſie, kan
die mannichfaltigen Beduͤrfniſſe, welche das natuͤrliche
Verlangen eines ieden nach Gluͤckſeligkeit und Vervol-

kom-
K 2
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[147/0173] Zweites Kapitel. Von den geſelſchaftlichen Verbindungen der Nazionen. §. 1. Hauptbegriffe der geſelſchaftlichen Verbin- dungen. Aus der Vereinigung mehrerer Perſonen zu einem fort- dauernden gemeinſchaftlichen Endzweck entſtehen Geſelſchaften. Dieſe ſind entweder durch Geſetze beſtimt, oder durch freiwillige Vertraͤge der Mitglieder errichtet. Die erſtern nent man nothwendige, die andern frei- willige Geſelſchaften. Bleiben alle Glieder derſelben einander gleich, dergeſtalt, daß ſie wechſelſeitig gleiche Rechte und Verbindlichkeiten behalten, ſo heiſſen ſie glei- che Geſelſchaften, hingegen ungleiche, wenn ihre Handlungen den Vorſchriften einer Oberherſchaft unter- worfen ſind. §. 2. Natuͤrliche Geſelſchaft unter allen Men- ſchen. Nach der Meinung des Grotius und vieler aͤltern und neuern Philoſophen iſt den Menſchen nicht nur ein Trieb zur Geſelligkeit von der Natur eingepflanzt, ſon- dern auch die geſellſchaftliche Verbindung unter ihnen von ihr ſelbſt vorgeſchrieben. Niemand, ſagen ſie, kan die mannichfaltigen Beduͤrfniſſe, welche das natuͤrliche Verlangen eines ieden nach Gluͤckſeligkeit und Vervol- kom- K 2

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/173>, abgerufen am 29.03.2024.