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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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der Nazionen.
aber welchen sie zu weitläuftig dünken möchten, wollen
mich durch die Absicht für entschuldigt halten, daß ich einen
algemeinen Abris des Zustandes der europäischen Nazionen
im mitlern Zeitalter in Rücksicht der völkerrechtlichen
Grundsätze, zu geben wünschte, woraus sich die einzelnen
Materien in der Folge desto leichter beurteilen liessen.
§. 13.
Versuche und Vorschläge, die europäischen
Völker in eine Republick zu vereinigen
.

Weder im natürlichen Zustande, noch in gleichen
Verbindungen findet eine Art von Oberherschaft statt.
Ein ieder muß darin seine ursprünglichen und erworbenen
Rechte, so viel er vermag, durch gütliche, und wenn
diese nichts fruchten, am Ende durch gewaltsame Mittel
geltend zu machen suchen. Da aber die Erfüllung der
Verträge nicht allemal pünctlich erfolgt und der Ausgang
der feindlichen Unternehmungen öfters sehr ungewis ist,
so haben die bürgerlichen Vereinigungen, wo durch das
Ansehn und die Gewalt eines Oberhaupts in bestimten
Gesetzen und Ordnungen für die Aufrechterhaltung der
allerseitigen Gerechtsame, Ruhe und Eintracht gesorgt ist,
in dieser Rücksicht allerdings gewisse Vorzüge. Die
Nazionen befinden sich in der nämlichen Lage. Sie müs-
sen ihre Rechte, so gut als möglich, selbst handhaben;
und können die darüber unter ihnen entstehenden Strei-
tigkeiten in der Güte nicht beigelegt werden, so bleibt
nichts als Gewalt und endlich der Krieg übrig. Aber dies
ist leider! ein sehr beschwerlicher und schlüpfriger Weg.
Hierzu kömmt noch, daß manche Völkergesetze zweifel-
haft und die Völker Richter ihrer eignen Handlungen
sind, folglich nicht allemal die strengste Unparthei ichkeit
beobachten.

Allein
der Nazionen.
aber welchen ſie zu weitlaͤuftig duͤnken moͤchten, wollen
mich durch die Abſicht fuͤr entſchuldigt halten, daß ich einen
algemeinen Abris des Zuſtandes der europaͤiſchen Nazionen
im mitlern Zeitalter in Ruͤckſicht der voͤlkerrechtlichen
Grundſaͤtze, zu geben wuͤnſchte, woraus ſich die einzelnen
Materien in der Folge deſto leichter beurteilen lieſſen.
§. 13.
Verſuche und Vorſchlaͤge, die europaͤiſchen
Voͤlker in eine Republick zu vereinigen
.

Weder im natuͤrlichen Zuſtande, noch in gleichen
Verbindungen findet eine Art von Oberherſchaft ſtatt.
Ein ieder muß darin ſeine urſpruͤnglichen und erworbenen
Rechte, ſo viel er vermag, durch guͤtliche, und wenn
dieſe nichts fruchten, am Ende durch gewaltſame Mittel
geltend zu machen ſuchen. Da aber die Erfuͤllung der
Vertraͤge nicht allemal puͤnctlich erfolgt und der Ausgang
der feindlichen Unternehmungen oͤfters ſehr ungewis iſt,
ſo haben die buͤrgerlichen Vereinigungen, wo durch das
Anſehn und die Gewalt eines Oberhaupts in beſtimten
Geſetzen und Ordnungen fuͤr die Aufrechterhaltung der
allerſeitigen Gerechtſame, Ruhe und Eintracht geſorgt iſt,
in dieſer Ruͤckſicht allerdings gewiſſe Vorzuͤge. Die
Nazionen befinden ſich in der naͤmlichen Lage. Sie muͤſ-
ſen ihre Rechte, ſo gut als moͤglich, ſelbſt handhaben;
und koͤnnen die daruͤber unter ihnen entſtehenden Strei-
tigkeiten in der Guͤte nicht beigelegt werden, ſo bleibt
nichts als Gewalt und endlich der Krieg uͤbrig. Aber dies
iſt leider! ein ſehr beſchwerlicher und ſchluͤpfriger Weg.
Hierzu koͤmmt noch, daß manche Voͤlkergeſetze zweifel-
haft und die Voͤlker Richter ihrer eignen Handlungen
ſind, folglich nicht allemal die ſtrengſte Unparthei ichkeit
beobachten.

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[187/0213] der Nazionen. **] aber welchen ſie zu weitlaͤuftig duͤnken moͤchten, wollen mich durch die Abſicht fuͤr entſchuldigt halten, daß ich einen algemeinen Abris des Zuſtandes der europaͤiſchen Nazionen im mitlern Zeitalter in Ruͤckſicht der voͤlkerrechtlichen Grundſaͤtze, zu geben wuͤnſchte, woraus ſich die einzelnen Materien in der Folge deſto leichter beurteilen lieſſen. §. 13. Verſuche und Vorſchlaͤge, die europaͤiſchen Voͤlker in eine Republick zu vereinigen. Weder im natuͤrlichen Zuſtande, noch in gleichen Verbindungen findet eine Art von Oberherſchaft ſtatt. Ein ieder muß darin ſeine urſpruͤnglichen und erworbenen Rechte, ſo viel er vermag, durch guͤtliche, und wenn dieſe nichts fruchten, am Ende durch gewaltſame Mittel geltend zu machen ſuchen. Da aber die Erfuͤllung der Vertraͤge nicht allemal puͤnctlich erfolgt und der Ausgang der feindlichen Unternehmungen oͤfters ſehr ungewis iſt, ſo haben die buͤrgerlichen Vereinigungen, wo durch das Anſehn und die Gewalt eines Oberhaupts in beſtimten Geſetzen und Ordnungen fuͤr die Aufrechterhaltung der allerſeitigen Gerechtſame, Ruhe und Eintracht geſorgt iſt, in dieſer Ruͤckſicht allerdings gewiſſe Vorzuͤge. Die Nazionen befinden ſich in der naͤmlichen Lage. Sie muͤſ- ſen ihre Rechte, ſo gut als moͤglich, ſelbſt handhaben; und koͤnnen die daruͤber unter ihnen entſtehenden Strei- tigkeiten in der Guͤte nicht beigelegt werden, ſo bleibt nichts als Gewalt und endlich der Krieg uͤbrig. Aber dies iſt leider! ein ſehr beſchwerlicher und ſchluͤpfriger Weg. Hierzu koͤmmt noch, daß manche Voͤlkergeſetze zweifel- haft und die Voͤlker Richter ihrer eignen Handlungen ſind, folglich nicht allemal die ſtrengſte Unparthei ichkeit beobachten. Allein

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/213>, abgerufen am 28.03.2024.