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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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der Nazionen.
überhaupt fliessenden freiwilligen Völkerrechts verbunden,
sondern die Vereinigung in einen Staatskörper schreibt
ihnen auch verschiedene andere theils natürliche theils po-
sitive Grundgesetze vor, deren Befolgung bey den übri-
gen ganz unabhängigen europäischen Staaten lediglich
freiwillige Verträge voraussetzt b]. So haben die teut-
schen Reichsstände z. B. zwar das völlige Recht der
Bündnisse, des Krieges und Friedens unter sich, und
mit Auswärtigen, nur dürfen sie dasselbe nicht wider den
Kaiser, das Reich und ihre Mitstände ausüben.

Im Verhältnis gegen andere europäische Nazionen
können die teutschen Reichsstände übrigens nicht anders,
als nach der algemeinen engern oder weitern Verbindung,
welche unter den übrigen europäischen Staaten überhaupt
Statt findet, beurteilt und auch in diesem Falle die frei-
willigen Völkerrechtssätze auf sie angewandt werden.

a] Beiträge zum teutschen Staats- und Fürstenrecht 1. Th.
n. II. von der Regierungsform des teutschen Reichs.
b] Man sehe die Abhandlung: Von besondern Bestimmun-
gen der Landeshoheit aus der gemeinsamen Verbindung,
worinn alle Reichsstände mit einander stehen. Ebendaselbst
n. XVII.
§. 15.
Gleichheit der Glieder in der europäischen
Staatenverbindung
.

Aus dem Vorhergehenden erhellet, daß man zwischen
den unabhängigen Staaten in Europa zwar eine gewisse
geselschaftliche Verbindung annehmen könne, daß bey
derselben iedoch keine Art von Oberhaupt Statt finde,
sondern iedes Glied die völlige Gleichheit behalte. Von
dieser Gleichheit soll im folgenden Kapitel weitläuftiger
gehandelt werden.

Drit-
N 3

der Nazionen.
uͤberhaupt flieſſenden freiwilligen Voͤlkerrechts verbunden,
ſondern die Vereinigung in einen Staatskoͤrper ſchreibt
ihnen auch verſchiedene andere theils natuͤrliche theils po-
ſitive Grundgeſetze vor, deren Befolgung bey den uͤbri-
gen ganz unabhaͤngigen europaͤiſchen Staaten lediglich
freiwillige Vertraͤge vorausſetzt b]. So haben die teut-
ſchen Reichsſtaͤnde z. B. zwar das voͤllige Recht der
Buͤndniſſe, des Krieges und Friedens unter ſich, und
mit Auswaͤrtigen, nur duͤrfen ſie daſſelbe nicht wider den
Kaiſer, das Reich und ihre Mitſtaͤnde ausuͤben.

Im Verhaͤltnis gegen andere europaͤiſche Nazionen
koͤnnen die teutſchen Reichsſtaͤnde uͤbrigens nicht anders,
als nach der algemeinen engern oder weitern Verbindung,
welche unter den uͤbrigen europaͤiſchen Staaten uͤberhaupt
Statt findet, beurteilt und auch in dieſem Falle die frei-
willigen Voͤlkerrechtsſaͤtze auf ſie angewandt werden.

a] Beitraͤge zum teutſchen Staats- und Fuͤrſtenrecht 1. Th.
n. II. von der Regierungsform des teutſchen Reichs.
b] Man ſehe die Abhandlung: Von beſondern Beſtimmun-
gen der Landeshoheit aus der gemeinſamen Verbindung,
worinn alle Reichsſtaͤnde mit einander ſtehen. Ebendaſelbſt
n. XVII.
§. 15.
Gleichheit der Glieder in der europaͤiſchen
Staatenverbindung
.

Aus dem Vorhergehenden erhellet, daß man zwiſchen
den unabhaͤngigen Staaten in Europa zwar eine gewiſſe
geſelſchaftliche Verbindung annehmen koͤnne, daß bey
derſelben iedoch keine Art von Oberhaupt Statt finde,
ſondern iedes Glied die voͤllige Gleichheit behalte. Von
dieſer Gleichheit ſoll im folgenden Kapitel weitlaͤuftiger
gehandelt werden.

Drit-
N 3
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[197/0223] der Nazionen. uͤberhaupt flieſſenden freiwilligen Voͤlkerrechts verbunden, ſondern die Vereinigung in einen Staatskoͤrper ſchreibt ihnen auch verſchiedene andere theils natuͤrliche theils po- ſitive Grundgeſetze vor, deren Befolgung bey den uͤbri- gen ganz unabhaͤngigen europaͤiſchen Staaten lediglich freiwillige Vertraͤge vorausſetzt b]. So haben die teut- ſchen Reichsſtaͤnde z. B. zwar das voͤllige Recht der Buͤndniſſe, des Krieges und Friedens unter ſich, und mit Auswaͤrtigen, nur duͤrfen ſie daſſelbe nicht wider den Kaiſer, das Reich und ihre Mitſtaͤnde ausuͤben. Im Verhaͤltnis gegen andere europaͤiſche Nazionen koͤnnen die teutſchen Reichsſtaͤnde uͤbrigens nicht anders, als nach der algemeinen engern oder weitern Verbindung, welche unter den uͤbrigen europaͤiſchen Staaten uͤberhaupt Statt findet, beurteilt und auch in dieſem Falle die frei- willigen Voͤlkerrechtsſaͤtze auf ſie angewandt werden. a] Beitraͤge zum teutſchen Staats- und Fuͤrſtenrecht 1. Th. n. II. von der Regierungsform des teutſchen Reichs. b] Man ſehe die Abhandlung: Von beſondern Beſtimmun- gen der Landeshoheit aus der gemeinſamen Verbindung, worinn alle Reichsſtaͤnde mit einander ſtehen. Ebendaſelbſt n. XVII. §. 15. Gleichheit der Glieder in der europaͤiſchen Staatenverbindung. Aus dem Vorhergehenden erhellet, daß man zwiſchen den unabhaͤngigen Staaten in Europa zwar eine gewiſſe geſelſchaftliche Verbindung annehmen koͤnne, daß bey derſelben iedoch keine Art von Oberhaupt Statt finde, ſondern iedes Glied die voͤllige Gleichheit behalte. Von dieſer Gleichheit ſoll im folgenden Kapitel weitlaͤuftiger gehandelt werden. Drit- N 3

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/223>, abgerufen am 16.04.2024.