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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von der ursprünglichen Gleichheit
verlangten die Grosbritannischen zwar den Vorrang im
Unterzeichnen, mit Beziehung auf das Alter der Krone,
aber preussischer Seits widersprach man wegen natürli-
cher Gleichheit der Könige. Da kein Theil nachgeben
wolte, ward beliebt, daß ieder Minister ein besonderes
Memoire übergeben solte a].

a] Mosers Beiträge in Friedensz. 1. Th. S. 44.
*] Zwanzig, 1. Th. Tit. 15. Stiev, S. 131. Roußet,
c. XVIII. p.
27.
§. 31.
Hungarn

Ist iederzeit für eins der ansehnlichsten Königreiche
in Europa gehalten worden, und hat besonders über
Polen den Vorrang verlangt, auch mit Böhmen sonst
darum gestritten. Es gründet sich hauptsächlich auf
das Alter des Reichs und will schon im vierten und fünf-
ten Jahrhundert mächtige Könige gehabt haben: auch
hat es die päpstliche Rangordnung für sich. In Anse-
hung Böhmens ist sein Rang ziemlich entschieden, da
die gegenwärtigen Besitzer beider Königreiche die Kron
Hungarn in der Titulatur iederzeit vorsetzen.

*] Crusius, III. c. 8. p. 495. Stosch, S. 607. Zwanzig,
1, Th. Tit. 13. Roußet, c. XIV. p. 73.
§. 32.
Rußland.

Dieses Reich hatte in ältern Zeiten mit den christli-
chen Mächten in Europa wenig zu thun. Es war in zu
viel kleine Regierungen zerstückt, von denen Rousset sagt:
qu' il ne leur etoit pas possible d' aller de pair avec des
etats plus puißans ou avec les tetes couronnees.
Nach-
dem aber Iwan I. Wasiliewitsch durch Unteriochung die-

ser

Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
verlangten die Grosbritanniſchen zwar den Vorrang im
Unterzeichnen, mit Beziehung auf das Alter der Krone,
aber preuſſiſcher Seits widerſprach man wegen natuͤrli-
cher Gleichheit der Koͤnige. Da kein Theil nachgeben
wolte, ward beliebt, daß ieder Miniſter ein beſonderes
Memoire uͤbergeben ſolte a].

a] Moſers Beitraͤge in Friedensz. 1. Th. S. 44.
*] Zwanzig, 1. Th. Tit. 15. Stiev, S. 131. Roußet,
c. XVIII. p.
27.
§. 31.
Hungarn

Iſt iederzeit fuͤr eins der anſehnlichſten Koͤnigreiche
in Europa gehalten worden, und hat beſonders uͤber
Polen den Vorrang verlangt, auch mit Boͤhmen ſonſt
darum geſtritten. Es gruͤndet ſich hauptſaͤchlich auf
das Alter des Reichs und will ſchon im vierten und fuͤnf-
ten Jahrhundert maͤchtige Koͤnige gehabt haben: auch
hat es die paͤpſtliche Rangordnung fuͤr ſich. In Anſe-
hung Boͤhmens iſt ſein Rang ziemlich entſchieden, da
die gegenwaͤrtigen Beſitzer beider Koͤnigreiche die Kron
Hungarn in der Titulatur iederzeit vorſetzen.

*] Cruſius, III. c. 8. p. 495. Stoſch, S. 607. Zwanzig,
1, Th. Tit. 13. Roußet, c. XIV. p. 73.
§. 32.
Rußland.

Dieſes Reich hatte in aͤltern Zeiten mit den chriſtli-
chen Maͤchten in Europa wenig zu thun. Es war in zu
viel kleine Regierungen zerſtuͤckt, von denen Rouſſet ſagt:
qu’ il ne leur étoit pas poſſible d’ aller de pair avec des
états plus puißans ou avec les têtes couronnées.
Nach-
dem aber Iwan I. Waſiliewitſch durch Unteriochung die-

ſer
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[244/0270] Von der urſpruͤnglichen Gleichheit verlangten die Grosbritanniſchen zwar den Vorrang im Unterzeichnen, mit Beziehung auf das Alter der Krone, aber preuſſiſcher Seits widerſprach man wegen natuͤrli- cher Gleichheit der Koͤnige. Da kein Theil nachgeben wolte, ward beliebt, daß ieder Miniſter ein beſonderes Memoire uͤbergeben ſolte a]. a] Moſers Beitraͤge in Friedensz. 1. Th. S. 44. *] Zwanzig, 1. Th. Tit. 15. Stiev, S. 131. Roußet, c. XVIII. p. 27. §. 31. Hungarn Iſt iederzeit fuͤr eins der anſehnlichſten Koͤnigreiche in Europa gehalten worden, und hat beſonders uͤber Polen den Vorrang verlangt, auch mit Boͤhmen ſonſt darum geſtritten. Es gruͤndet ſich hauptſaͤchlich auf das Alter des Reichs und will ſchon im vierten und fuͤnf- ten Jahrhundert maͤchtige Koͤnige gehabt haben: auch hat es die paͤpſtliche Rangordnung fuͤr ſich. In Anſe- hung Boͤhmens iſt ſein Rang ziemlich entſchieden, da die gegenwaͤrtigen Beſitzer beider Koͤnigreiche die Kron Hungarn in der Titulatur iederzeit vorſetzen. *] Cruſius, III. c. 8. p. 495. Stoſch, S. 607. Zwanzig, 1, Th. Tit. 13. Roußet, c. XIV. p. 73. §. 32. Rußland. Dieſes Reich hatte in aͤltern Zeiten mit den chriſtli- chen Maͤchten in Europa wenig zu thun. Es war in zu viel kleine Regierungen zerſtuͤckt, von denen Rouſſet ſagt: qu’ il ne leur étoit pas poſſible d’ aller de pair avec des états plus puißans ou avec les têtes couronnées. Nach- dem aber Iwan I. Waſiliewitſch durch Unteriochung die- ſer

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/270>, abgerufen am 28.03.2024.