Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Algemeine Grundsätze des Völkerrechts.
ung und wechselseitigen Beihülfe anderer. Daraus ist
eine nähere geselschaftliche Verbindung unter ihnen ent-
standen, welche die gemeinschaftliche Beförderung der
Glückseligkeit zum Endzweck hat, die von der Natur un-
mittelbar zwar nicht befohlen, durch die in der Folge
entstandenen zufälligen Bedürfnisse iedoch nothwendig
gemacht worden. [Kap. 2.]

§. 11.
Quellen derselben.

Die Hauptquelle, woraus die geselschaftliche Ver-
bindung und gemeinschaftliche Beförderung der Glückse-
ligkeit anderer fliessen, ist daher ohnstreitig in dem eig-
nen Vervolkomnungstriebe zu suchen. Ein Volk, das
die Bedürfnisse anderer, so viel in seinem Vermögen
steht, befriedigt, darf in ähnlichen Fällen gleiche Unter-
stützung hoffen a]. Was ihr wolt, das euch ande-
re thun, das thut ihr ihnen auch
, muß ihm hier zur
Vorschrift dienen. Diese kann iedoch ohne wechselseitige
Liebe und Wohlwollen nicht füglich bestehen b]. Durch
sie werden die geselschaftlichen Bande erst fester geknüpft:
denn wer den andern liebt, wird gewis alles zu dessen
Erhaltung und Vervolkomnung beitragen c], und die
Gelegenheiten um so williger ergreifen, welche sich zu
Ausübung der geselschaftlichen Pflichten darbieten.

a] Schrodt P. I. c. 1. §. 1.
b] Wolf c. 2. §. 164.
c] Vattel L. 2. c. 1. §. 2.
§. 12.

Algemeine Grundſaͤtze des Voͤlkerrechts.
ung und wechſelſeitigen Beihuͤlfe anderer. Daraus iſt
eine naͤhere geſelſchaftliche Verbindung unter ihnen ent-
ſtanden, welche die gemeinſchaftliche Befoͤrderung der
Gluͤckſeligkeit zum Endzweck hat, die von der Natur un-
mittelbar zwar nicht befohlen, durch die in der Folge
entſtandenen zufaͤlligen Beduͤrfniſſe iedoch nothwendig
gemacht worden. [Kap. 2.]

§. 11.
Quellen derſelben.

Die Hauptquelle, woraus die geſelſchaftliche Ver-
bindung und gemeinſchaftliche Befoͤrderung der Gluͤckſe-
ligkeit anderer flieſſen, iſt daher ohnſtreitig in dem eig-
nen Vervolkomnungstriebe zu ſuchen. Ein Volk, das
die Beduͤrfniſſe anderer, ſo viel in ſeinem Vermoͤgen
ſteht, befriedigt, darf in aͤhnlichen Faͤllen gleiche Unter-
ſtuͤtzung hoffen a]. Was ihr wolt, das euch ande-
re thun, das thut ihr ihnen auch
, muß ihm hier zur
Vorſchrift dienen. Dieſe kann iedoch ohne wechſelſeitige
Liebe und Wohlwollen nicht fuͤglich beſtehen b]. Durch
ſie werden die geſelſchaftlichen Bande erſt feſter geknuͤpft:
denn wer den andern liebt, wird gewis alles zu deſſen
Erhaltung und Vervolkomnung beitragen c], und die
Gelegenheiten um ſo williger ergreifen, welche ſich zu
Ausuͤbung der geſelſchaftlichen Pflichten darbieten.

a] Schrodt P. I. c. 1. §. 1.
b] Wolf c. 2. §. 164.
c] Vattel L. 2. c. 1. §. 2.
§. 12.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0422" n="396"/><fw place="top" type="header">Algemeine Grund&#x017F;a&#x0364;tze des Vo&#x0364;lkerrechts.</fw><lb/>
ung und wech&#x017F;el&#x017F;eitigen Beihu&#x0364;lfe anderer. Daraus i&#x017F;t<lb/>
eine na&#x0364;here ge&#x017F;el&#x017F;chaftliche Verbindung unter ihnen ent-<lb/>
&#x017F;tanden, welche die gemein&#x017F;chaftliche Befo&#x0364;rderung der<lb/>
Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit zum Endzweck hat, die von der Natur un-<lb/>
mittelbar zwar nicht befohlen, durch die in der Folge<lb/>
ent&#x017F;tandenen zufa&#x0364;lligen Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e iedoch nothwendig<lb/>
gemacht worden. [Kap. 2.]</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 11.<lb/><hi rendition="#g">Quellen der&#x017F;elben</hi>.</head><lb/>
            <p>Die Hauptquelle, woraus die ge&#x017F;el&#x017F;chaftliche Ver-<lb/>
bindung und gemein&#x017F;chaftliche Befo&#x0364;rderung der Glu&#x0364;ck&#x017F;e-<lb/>
ligkeit anderer flie&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t daher ohn&#x017F;treitig in dem eig-<lb/>
nen Vervolkomnungstriebe zu &#x017F;uchen. Ein Volk, das<lb/>
die Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e anderer, &#x017F;o viel in &#x017F;einem Vermo&#x0364;gen<lb/>
&#x017F;teht, befriedigt, darf in a&#x0364;hnlichen Fa&#x0364;llen gleiche Unter-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;tzung hoffen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>]. <hi rendition="#fr">Was ihr wolt, das euch ande-<lb/>
re thun, das thut ihr ihnen auch</hi>, muß ihm hier zur<lb/>
Vor&#x017F;chrift dienen. Die&#x017F;e kann iedoch ohne wech&#x017F;el&#x017F;eitige<lb/>
Liebe und Wohlwollen nicht fu&#x0364;glich be&#x017F;tehen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">b</hi></hi>]. Durch<lb/>
&#x017F;ie werden die ge&#x017F;el&#x017F;chaftlichen Bande er&#x017F;t fe&#x017F;ter geknu&#x0364;pft:<lb/>
denn wer den andern liebt, wird gewis alles zu de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Erhaltung und Vervolkomnung beitragen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">c</hi></hi>], und die<lb/>
Gelegenheiten um &#x017F;o williger ergreifen, welche &#x017F;ich zu<lb/>
Ausu&#x0364;bung der ge&#x017F;el&#x017F;chaftlichen Pflichten darbieten.</p><lb/>
            <note place="end" n="a]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Schrodt</hi> P. I. c.</hi> 1. §. 1.</note><lb/>
            <note place="end" n="b]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Wolf</hi> c.</hi> 2. §. 164.</note><lb/>
            <note place="end" n="c]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Vattel</hi> L. 2. c.</hi> 1. §. 2.</note>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 12.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0422] Algemeine Grundſaͤtze des Voͤlkerrechts. ung und wechſelſeitigen Beihuͤlfe anderer. Daraus iſt eine naͤhere geſelſchaftliche Verbindung unter ihnen ent- ſtanden, welche die gemeinſchaftliche Befoͤrderung der Gluͤckſeligkeit zum Endzweck hat, die von der Natur un- mittelbar zwar nicht befohlen, durch die in der Folge entſtandenen zufaͤlligen Beduͤrfniſſe iedoch nothwendig gemacht worden. [Kap. 2.] §. 11. Quellen derſelben. Die Hauptquelle, woraus die geſelſchaftliche Ver- bindung und gemeinſchaftliche Befoͤrderung der Gluͤckſe- ligkeit anderer flieſſen, iſt daher ohnſtreitig in dem eig- nen Vervolkomnungstriebe zu ſuchen. Ein Volk, das die Beduͤrfniſſe anderer, ſo viel in ſeinem Vermoͤgen ſteht, befriedigt, darf in aͤhnlichen Faͤllen gleiche Unter- ſtuͤtzung hoffen a]. Was ihr wolt, das euch ande- re thun, das thut ihr ihnen auch, muß ihm hier zur Vorſchrift dienen. Dieſe kann iedoch ohne wechſelſeitige Liebe und Wohlwollen nicht fuͤglich beſtehen b]. Durch ſie werden die geſelſchaftlichen Bande erſt feſter geknuͤpft: denn wer den andern liebt, wird gewis alles zu deſſen Erhaltung und Vervolkomnung beitragen c], und die Gelegenheiten um ſo williger ergreifen, welche ſich zu Ausuͤbung der geſelſchaftlichen Pflichten darbieten. a] Schrodt P. I. c. 1. §. 1. b] Wolf c. 2. §. 164. c] Vattel L. 2. c. 1. §. 2. §. 12.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/422
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/422>, abgerufen am 28.03.2024.