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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

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Anhang II.

Ueber Pfänderspiele.

Es sind oben viel Spiele vorgekommen, bey
denen Pfänder als Anreizungsmittel gebraucht
werden. Jedermann weiss, was diess zu bedeu-
ten habe; es macht eine Person beym Spiel ei-
nen Fehler und ist gehalten, dafür irgend etwas
dem Einsammler als Pfand zu geben. Am Ende
des Spiels ist sie verbunden, diese oder jene Auf-
gabe aufzulösen, diess oder jenes zur Strafe zu
thun, um ihre Pfänder dadurch wieder einzu-
lösen. Bey den gewöhnlichen Spielen zielen
diese Sachen fast durchaus alle auf einen Punkt.
Besteht die Gesellschaft aus Erwachsenen, so ha-
be ich, wenn Sittsamkeit die gehörigen Schran-
ken zieht, nichts dagegen einzuwenden- Im
Kreise der Jugend ist es anders; sie soll weder die
Spanische Liebe vorstellen, noch hangen und
verlangen, weder die Liebe mit Ellen messen,
noch stumm betteln; denn darin sind wir alle
einverstanden, dass es nicht nöthig sey, Gefüh-
le, die bey dergleichen Aufgaben zum Grunde
liegen, zu üben. Sie bedürfen keiner Uebung.
Aber was soll sie denn thun? -- Sie soll ihre kör-

Anhang II.

Ueber Pfänderſpiele.

Es ſind oben viel Spiele vorgekommen, bey
denen Pfänder als Anreizungsmittel gebraucht
werden. Jedermann weiſs, was dieſs zu bedeu-
ten habe; es macht eine Perſon beym Spiel ei-
nen Fehler und iſt gehalten, dafür irgend etwas
dem Einſammler als Pfand zu geben. Am Ende
des Spiels iſt ſie verbunden, dieſe oder jene Auf-
gabe aufzulöſen, dieſs oder jenes zur Strafe zu
thun, um ihre Pfänder dadurch wieder einzu-
löſen. Bey den gewöhnlichen Spielen zielen
dieſe Sachen faſt durchaus alle auf einen Punkt.
Beſteht die Geſellſchaft aus Erwachſenen, ſo ha-
be ich, wenn Sittſamkeit die gehörigen Schran-
ken zieht, nichts dagegen einzuwenden- Im
Kreiſe der Jugend iſt es anders; ſie ſoll weder die
Spaniſche Liebe vorſtellen, noch hangen und
verlangen, weder die Liebe mit Ellen meſſen,
noch ſtumm betteln; denn darin ſind wir alle
einverſtanden, daſs es nicht nöthig ſey, Gefüh-
le, die bey dergleichen Aufgaben zum Grunde
liegen, zu üben. Sie bedürfen keiner Uebung.
Aber was ſoll ſie denn thun? — Sie ſoll ihre kör-

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[488/0520] Anhang II. Ueber Pfänderſpiele. Es ſind oben viel Spiele vorgekommen, bey denen Pfänder als Anreizungsmittel gebraucht werden. Jedermann weiſs, was dieſs zu bedeu- ten habe; es macht eine Perſon beym Spiel ei- nen Fehler und iſt gehalten, dafür irgend etwas dem Einſammler als Pfand zu geben. Am Ende des Spiels iſt ſie verbunden, dieſe oder jene Auf- gabe aufzulöſen, dieſs oder jenes zur Strafe zu thun, um ihre Pfänder dadurch wieder einzu- löſen. Bey den gewöhnlichen Spielen zielen dieſe Sachen faſt durchaus alle auf einen Punkt. Beſteht die Geſellſchaft aus Erwachſenen, ſo ha- be ich, wenn Sittſamkeit die gehörigen Schran- ken zieht, nichts dagegen einzuwenden- Im Kreiſe der Jugend iſt es anders; ſie ſoll weder die Spaniſche Liebe vorſtellen, noch hangen und verlangen, weder die Liebe mit Ellen meſſen, noch ſtumm betteln; denn darin ſind wir alle einverſtanden, daſs es nicht nöthig ſey, Gefüh- le, die bey dergleichen Aufgaben zum Grunde liegen, zu üben. Sie bedürfen keiner Uebung. Aber was ſoll ſie denn thun? — Sie ſoll ihre kör-

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Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/520>, abgerufen am 23.04.2024.