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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Viertes Buch. Das Herz.
andre berühmte Männer behaupten, die noch geneigter
sind, dergleichen Aufbrausen zuzugeben (q).

Es hat schon ehemals Boerhaave (r) deutlich ge-
zeigt, daß der Unterschied zwischen dem Blute, welches
durch diese kleine Mündungen durchsikkert, und der ge-
meinen Beschaffenheit des Blutes in den Blutadern, sehr
geringe sey. Denn dasjenige Blut, welches sich anjezzo
und in dem Augenblik in den Kranzschlagadern befindet,
ist nur vor sechs Minuten, wenn man auch die längste
Zeit annehmen will, da es sich in der Lunge möchte ver-
weilet haben, durch die Holader in das Herz gebracht
worden. Denn es gehen in der Zeit, da 450 Pulsschlä-
ge geschehen, neunhundert Unzen aus dem linken Herzen
heraus, welche Masse grösser ist, als die Menge aller
Flüßigkeiten, die durch die rothen Adern dem Herzen
wieder zugeführet werden. Damit also das Herz etwas
habe, das in die Aorte könne herausgetrieben werden,
so muß innerhalb diesen sechs Minuten das in der Hol-
ader enthaltne Blut in die Lunge hineingetreten, und an
die Stelle der neunhundert Unzen gekommen seyn, welche
unterdessen die Aorte empfangen hat.

§. 38.
Ob es im Herzen Drüsen giebt?

Eben so wenig nehmen wir die Drüsen an, welche
einige berühmte Männer in dem Herzen angegeben haben.
Riolanus (s) meldet, er habe eine einzige in der Schei-
dewand des Herzens wahrgenommen. An einem Kanini-
chen hat Harder (t) solche Drüsen beschrieben, die denen
im Gedärme befindlichen ähnlich sind, und es finden sich

im
(q) [Spaltenumbruch] Lancisius am angef. Ort,
S. 71.
(r) Instit. rei med. n. 177. u. s. f.
(s) [Spaltenumbruch] Anthropogr. S. 239.
(t) Exercit. Paeonis & Pythag.
S. 114.

Viertes Buch. Das Herz.
andre beruͤhmte Maͤnner behaupten, die noch geneigter
ſind, dergleichen Aufbrauſen zuzugeben (q).

Es hat ſchon ehemals Boerhaave (r) deutlich ge-
zeigt, daß der Unterſchied zwiſchen dem Blute, welches
durch dieſe kleine Muͤndungen durchſikkert, und der ge-
meinen Beſchaffenheit des Blutes in den Blutadern, ſehr
geringe ſey. Denn dasjenige Blut, welches ſich anjezzo
und in dem Augenblik in den Kranzſchlagadern befindet,
iſt nur vor ſechs Minuten, wenn man auch die laͤngſte
Zeit annehmen will, da es ſich in der Lunge moͤchte ver-
weilet haben, durch die Holader in das Herz gebracht
worden. Denn es gehen in der Zeit, da 450 Pulsſchlaͤ-
ge geſchehen, neunhundert Unzen aus dem linken Herzen
heraus, welche Maſſe groͤſſer iſt, als die Menge aller
Fluͤßigkeiten, die durch die rothen Adern dem Herzen
wieder zugefuͤhret werden. Damit alſo das Herz etwas
habe, das in die Aorte koͤnne herausgetrieben werden,
ſo muß innerhalb dieſen ſechs Minuten das in der Hol-
ader enthaltne Blut in die Lunge hineingetreten, und an
die Stelle der neunhundert Unzen gekommen ſeyn, welche
unterdeſſen die Aorte empfangen hat.

§. 38.
Ob es im Herzen Druͤſen giebt?

Eben ſo wenig nehmen wir die Druͤſen an, welche
einige beruͤhmte Maͤnner in dem Herzen angegeben haben.
Riolanus (s) meldet, er habe eine einzige in der Schei-
dewand des Herzens wahrgenommen. An einem Kanini-
chen hat Harder (t) ſolche Druͤſen beſchrieben, die denen
im Gedaͤrme befindlichen aͤhnlich ſind, und es finden ſich

im
(q) [Spaltenumbruch] Lanciſius am angef. Ort,
S. 71.
(r) Inſtit. rei med. n. 177. u. ſ. f.
(s) [Spaltenumbruch] Anthropogr. S. 239.
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[730/0786] Viertes Buch. Das Herz. andre beruͤhmte Maͤnner behaupten, die noch geneigter ſind, dergleichen Aufbrauſen zuzugeben (q). Es hat ſchon ehemals Boerhaave (r) deutlich ge- zeigt, daß der Unterſchied zwiſchen dem Blute, welches durch dieſe kleine Muͤndungen durchſikkert, und der ge- meinen Beſchaffenheit des Blutes in den Blutadern, ſehr geringe ſey. Denn dasjenige Blut, welches ſich anjezzo und in dem Augenblik in den Kranzſchlagadern befindet, iſt nur vor ſechs Minuten, wenn man auch die laͤngſte Zeit annehmen will, da es ſich in der Lunge moͤchte ver- weilet haben, durch die Holader in das Herz gebracht worden. Denn es gehen in der Zeit, da 450 Pulsſchlaͤ- ge geſchehen, neunhundert Unzen aus dem linken Herzen heraus, welche Maſſe groͤſſer iſt, als die Menge aller Fluͤßigkeiten, die durch die rothen Adern dem Herzen wieder zugefuͤhret werden. Damit alſo das Herz etwas habe, das in die Aorte koͤnne herausgetrieben werden, ſo muß innerhalb dieſen ſechs Minuten das in der Hol- ader enthaltne Blut in die Lunge hineingetreten, und an die Stelle der neunhundert Unzen gekommen ſeyn, welche unterdeſſen die Aorte empfangen hat. §. 38. Ob es im Herzen Druͤſen giebt? Eben ſo wenig nehmen wir die Druͤſen an, welche einige beruͤhmte Maͤnner in dem Herzen angegeben haben. Riolanus (s) meldet, er habe eine einzige in der Schei- dewand des Herzens wahrgenommen. An einem Kanini- chen hat Harder (t) ſolche Druͤſen beſchrieben, die denen im Gedaͤrme befindlichen aͤhnlich ſind, und es finden ſich im (q) Lanciſius am angef. Ort, S. 71. (r) Inſtit. rei med. n. 177. u. ſ. f. (s) Anthropogr. S. 239. (t) Exercit. Paeonis & Pythag. S. 114.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/786>, abgerufen am 25.04.2024.