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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
mit dem Saamen der Hoden verglichen o; dieser hat
aber nicht nur einen Geruch, sondern er ist auch viel
zu zähe dazu.

§. 17.
Ob die Nervenfasern röhrig sind.

Wir nennen hier Fasern dieienigen allerletzte Thei-
lungen, in welche man eine iede Nervenschnur, nicht
vermittelst der stumpfen Schärfe der Messer, oder der
Augen, die zu den kleinsten Dingen, welche von der
Natur geschaffen worden, viel zu schwach sind, sondern
vermittelst, der ins unendliche eindringende Kräfte des
Verstandes, zerlegt.

Es zeigt schon ein mäßiges Vergrösserungsglas, daß
eine iede Nervenschnur, welche dem blossen Auge, als
die allerletzte Faser vorkömmt, wieder aus kleinen
Schnüren bestehe, besieht man diese mit einem schär-
fern und rundern Glase, so sieht man, wie eine iede
Schnur wieder in andre Fäserchen zertheilt ist; eine
solche Faser aber, an der sich die Kunst eines Lieber-
kühns
ermüdet, halten wir doch noch vor eben so wenig
einfach, als die ersten Schnüre, welche wir durch ein
flächer geschliffnes Glas betrachteten, und da sie mit
demselben einerlei Ansehn, Membran, Gefäschen,
Zellgeflechte, und weisses Mark hat, so giebt die Regel
der Wahrscheinlichkeit zu vermuthen, daß auch diese Fa-
ser noch aus kleinen und sich ähnlichen Schnüren zusam-
men gesetzt sei. Jndessen muß doch endlich ein Ende da-
mit gemacht werden, wo die Natur unsre feste Membra-
nen nicht weiter theilen kann, denn sonst würden sie vor
Zartheit so schwach werden, daß sie einen solchen Druck
nicht auszustehen im Stande wären, dergleichen die
menschliche Natur öfters an den meisten Nerven, bald

von
o Müller Entwurf eines Lehrgebäudes n. 148.

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
mit dem Saamen der Hoden verglichen o; dieſer hat
aber nicht nur einen Geruch, ſondern er iſt auch viel
zu zaͤhe dazu.

§. 17.
Ob die Nervenfaſern roͤhrig ſind.

Wir nennen hier Faſern dieienigen allerletzte Thei-
lungen, in welche man eine iede Nervenſchnur, nicht
vermittelſt der ſtumpfen Schaͤrfe der Meſſer, oder der
Augen, die zu den kleinſten Dingen, welche von der
Natur geſchaffen worden, viel zu ſchwach ſind, ſondern
vermittelſt, der ins unendliche eindringende Kraͤfte des
Verſtandes, zerlegt.

Es zeigt ſchon ein maͤßiges Vergroͤſſerungsglas, daß
eine iede Nervenſchnur, welche dem bloſſen Auge, als
die allerletzte Faſer vorkoͤmmt, wieder aus kleinen
Schnuͤren beſtehe, beſieht man dieſe mit einem ſchaͤr-
fern und rundern Glaſe, ſo ſieht man, wie eine iede
Schnur wieder in andre Faͤſerchen zertheilt iſt; eine
ſolche Faſer aber, an der ſich die Kunſt eines Lieber-
kuͤhns
ermuͤdet, halten wir doch noch vor eben ſo wenig
einfach, als die erſten Schnuͤre, welche wir durch ein
flaͤcher geſchliffnes Glas betrachteten, und da ſie mit
demſelben einerlei Anſehn, Membran, Gefaͤschen,
Zellgeflechte, und weiſſes Mark hat, ſo giebt die Regel
der Wahrſcheinlichkeit zu vermuthen, daß auch dieſe Fa-
ſer noch aus kleinen und ſich aͤhnlichen Schnuͤren zuſam-
men geſetzt ſei. Jndeſſen muß doch endlich ein Ende da-
mit gemacht werden, wo die Natur unſre feſte Membra-
nen nicht weiter theilen kann, denn ſonſt wuͤrden ſie vor
Zartheit ſo ſchwach werden, daß ſie einen ſolchen Druck
nicht auszuſtehen im Stande waͤren, dergleichen die
menſchliche Natur oͤfters an den meiſten Nerven, bald

von
o Müller Entwurf eines Lehrgebaͤudes n. 148.
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[600/0636] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. mit dem Saamen der Hoden verglichen o; dieſer hat aber nicht nur einen Geruch, ſondern er iſt auch viel zu zaͤhe dazu. §. 17. Ob die Nervenfaſern roͤhrig ſind. Wir nennen hier Faſern dieienigen allerletzte Thei- lungen, in welche man eine iede Nervenſchnur, nicht vermittelſt der ſtumpfen Schaͤrfe der Meſſer, oder der Augen, die zu den kleinſten Dingen, welche von der Natur geſchaffen worden, viel zu ſchwach ſind, ſondern vermittelſt, der ins unendliche eindringende Kraͤfte des Verſtandes, zerlegt. Es zeigt ſchon ein maͤßiges Vergroͤſſerungsglas, daß eine iede Nervenſchnur, welche dem bloſſen Auge, als die allerletzte Faſer vorkoͤmmt, wieder aus kleinen Schnuͤren beſtehe, beſieht man dieſe mit einem ſchaͤr- fern und rundern Glaſe, ſo ſieht man, wie eine iede Schnur wieder in andre Faͤſerchen zertheilt iſt; eine ſolche Faſer aber, an der ſich die Kunſt eines Lieber- kuͤhns ermuͤdet, halten wir doch noch vor eben ſo wenig einfach, als die erſten Schnuͤre, welche wir durch ein flaͤcher geſchliffnes Glas betrachteten, und da ſie mit demſelben einerlei Anſehn, Membran, Gefaͤschen, Zellgeflechte, und weiſſes Mark hat, ſo giebt die Regel der Wahrſcheinlichkeit zu vermuthen, daß auch dieſe Fa- ſer noch aus kleinen und ſich aͤhnlichen Schnuͤren zuſam- men geſetzt ſei. Jndeſſen muß doch endlich ein Ende da- mit gemacht werden, wo die Natur unſre feſte Membra- nen nicht weiter theilen kann, denn ſonſt wuͤrden ſie vor Zartheit ſo ſchwach werden, daß ſie einen ſolchen Druck nicht auszuſtehen im Stande waͤren, dergleichen die menſchliche Natur oͤfters an den meiſten Nerven, bald von o Müller Entwurf eines Lehrgebaͤudes n. 148.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/636>, abgerufen am 23.04.2024.