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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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Das Gedärme. XXIV. Buch.
Brei der Speisen, und arbeitet ihn zu einem Schleim
um(e).

Sie treibt die Klappen in die holen Därme hinein (f),
damit auch diese, so viel als es das Geschäfte der Därme
verstattet, die Speise durcheinander mischen mögen;
vornehmlich aber leitet sie die resorbirende Mündun-
gen (g) zur Mitte der Nahrungsmasse hin.

Sie fängt den Chilus auf (h) und rükkt denselben(i)
endlich bis zum Gekröse fort.

Sie wikkelt die scharfe und rauhe Speisen mit
Schleim ein (k), oder mit einem zarten Wasser, wo-
durch der Schmerz besänftigt wird, und sie verhindert
solcher Gestalt das Entstehen der Steine, zwar nicht
allezeit, aber doch gemeiniglich, damit die Steine nicht
so oft erzeugt werden mögen (l).

Selbst die antiperistaltische Bewegung hat, ohn-
geachtet sie der Bestimmung der Natur im Wege zu ste-
hen scheinet, dennoch ihren sehr grossen Nuzzen; von
ihr rührt die Verzögerung her, daß die Speise langsa-
mer fortgewälzt wird; die Speise wird stärker und klei-
ner zermahlt; sie bekömmt daher mehr Nässe, sie wird
von der auflösenden Gewalt der Galle längere Zeit durch-
beizt, und längere Zeit der Resorbirung für die ernäh-
rende Theile ausgesezzt.

Ein langes Gedärme hat an allen seinen Stellen
eben diese Kraft. Folglich hat die Natur dergleichen
lange Anlagen allezeit gemacht, so oft ein Thier trokkne,
und schwer zu verdauende Speisen gebraucht, wie man
an den wiederkäuenden Thieren sehen kann. Unter den
Vögeln hat, wenn ich nicht irre, das Berghuhn das
allerlängste Gedärm (m); es lebt aber auch von Heide-
kraut.

So
(e) [Spaltenumbruch] p. 70. 71.
(f) p. 101.
(g) Ibid.
(h) p. 102.
(i) [Spaltenumbruch] Ibid.
(k) p. 101.
(l) Sect. IV.
(m) ALBIN tab. 1. 22.

Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
Brei der Speiſen, und arbeitet ihn zu einem Schleim
um(e).

Sie treibt die Klappen in die holen Daͤrme hinein (f),
damit auch dieſe, ſo viel als es das Geſchaͤfte der Daͤrme
verſtattet, die Speiſe durcheinander miſchen moͤgen;
vornehmlich aber leitet ſie die reſorbirende Muͤndun-
gen (g) zur Mitte der Nahrungsmaſſe hin.

Sie faͤngt den Chilus auf (h) und ruͤkkt denſelben(i)
endlich bis zum Gekroͤſe fort.

Sie wikkelt die ſcharfe und rauhe Speiſen mit
Schleim ein (k), oder mit einem zarten Waſſer, wo-
durch der Schmerz beſaͤnftigt wird, und ſie verhindert
ſolcher Geſtalt das Entſtehen der Steine, zwar nicht
allezeit, aber doch gemeiniglich, damit die Steine nicht
ſo oft erzeugt werden moͤgen (l).

Selbſt die antiperiſtaltiſche Bewegung hat, ohn-
geachtet ſie der Beſtimmung der Natur im Wege zu ſte-
hen ſcheinet, dennoch ihren ſehr groſſen Nuzzen; von
ihr ruͤhrt die Verzoͤgerung her, daß die Speiſe langſa-
mer fortgewaͤlzt wird; die Speiſe wird ſtaͤrker und klei-
ner zermahlt; ſie bekoͤmmt daher mehr Naͤſſe, ſie wird
von der aufloͤſenden Gewalt der Galle laͤngere Zeit durch-
beizt, und laͤngere Zeit der Reſorbirung fuͤr die ernaͤh-
rende Theile ausgeſezzt.

Ein langes Gedaͤrme hat an allen ſeinen Stellen
eben dieſe Kraft. Folglich hat die Natur dergleichen
lange Anlagen allezeit gemacht, ſo oft ein Thier trokkne,
und ſchwer zu verdauende Speiſen gebraucht, wie man
an den wiederkaͤuenden Thieren ſehen kann. Unter den
Voͤgeln hat, wenn ich nicht irre, das Berghuhn das
allerlaͤngſte Gedaͤrm (m); es lebt aber auch von Heide-
kraut.

So
(e) [Spaltenumbruch] p. 70. 71.
(f) p. 101.
(g) Ibid.
(h) p. 102.
(i) [Spaltenumbruch] Ibid.
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(l) Sect. IV.
(m) ALBIN tab. 1. 22.
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[164/0200] Das Gedaͤrme. XXIV. Buch. Brei der Speiſen, und arbeitet ihn zu einem Schleim um (e). Sie treibt die Klappen in die holen Daͤrme hinein (f), damit auch dieſe, ſo viel als es das Geſchaͤfte der Daͤrme verſtattet, die Speiſe durcheinander miſchen moͤgen; vornehmlich aber leitet ſie die reſorbirende Muͤndun- gen (g) zur Mitte der Nahrungsmaſſe hin. Sie faͤngt den Chilus auf (h) und ruͤkkt denſelben (i) endlich bis zum Gekroͤſe fort. Sie wikkelt die ſcharfe und rauhe Speiſen mit Schleim ein (k), oder mit einem zarten Waſſer, wo- durch der Schmerz beſaͤnftigt wird, und ſie verhindert ſolcher Geſtalt das Entſtehen der Steine, zwar nicht allezeit, aber doch gemeiniglich, damit die Steine nicht ſo oft erzeugt werden moͤgen (l). Selbſt die antiperiſtaltiſche Bewegung hat, ohn- geachtet ſie der Beſtimmung der Natur im Wege zu ſte- hen ſcheinet, dennoch ihren ſehr groſſen Nuzzen; von ihr ruͤhrt die Verzoͤgerung her, daß die Speiſe langſa- mer fortgewaͤlzt wird; die Speiſe wird ſtaͤrker und klei- ner zermahlt; ſie bekoͤmmt daher mehr Naͤſſe, ſie wird von der aufloͤſenden Gewalt der Galle laͤngere Zeit durch- beizt, und laͤngere Zeit der Reſorbirung fuͤr die ernaͤh- rende Theile ausgeſezzt. Ein langes Gedaͤrme hat an allen ſeinen Stellen eben dieſe Kraft. Folglich hat die Natur dergleichen lange Anlagen allezeit gemacht, ſo oft ein Thier trokkne, und ſchwer zu verdauende Speiſen gebraucht, wie man an den wiederkaͤuenden Thieren ſehen kann. Unter den Voͤgeln hat, wenn ich nicht irre, das Berghuhn das allerlaͤngſte Gedaͤrm (m); es lebt aber auch von Heide- kraut. So (e) p. 70. 71. (f) p. 101. (g) Ibid. (h) p. 102. (i) Ibid. (k) p. 101. (l) Sect. IV. (m) ALBIN tab. 1. 22.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/200>, abgerufen am 24.04.2024.