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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die vierdte Stund.
Anmerkung.

Jn den folgenden Tafeln ist I. zu merken die
Anzahl der Syllben in ieder Reimzeil/ und
werden alle ungemischte Abmessungen hierauß
zu erlernen seyn: massen II. beygefüget ist einer
ieden Syllben Lang- oder -Kurtzlaut/ nach-
dem sie allhier gesetzet/ und also zu theilen/ daß zu
Anfang ieder Zeile die Abmessung der - langen
und - @ kurtzen Syllben wiederholet werden muß.
III. Jst die Höhe und Tieffe/ oder steigende und
fallende Endung durch die Noten bedeutet/
welche in den Liedern grossen Nutzen hat; Gestalt
der Text/ wann er kunstrichtig unter eine Melo-
bey geleget werden sol/ ohne diese Beobachtung
nicht vernemlich und wolklingend kommen kan:
ja es sollen die Lieder in allen Gesetzen/ oder Sa-
tzen gleiche Bindung haben/ daß/ wo ich in dem
ersten Satz einsyllbige Wörter gebraucht/ in den
folgenden gleichsfals einsyllbige Wörter halten
soll, wo ich zweysyllbige geordnet/ durch alle Sä-
tze zweysyllbige bringe. Dieses wird von denen/ so
der Music kundig sind/ leichtlich verstanden wer-
den/ dann die Syllben werden anderst nach der
Reimkunst/ und anderst nach der Music ümge-
wechselt; jenes haben die Griechen eksasin und
susolen, dieses arsin und thesin genennet.

3. Ta-
D iij
Die vierdte Stund.
Anmerkung.

Jn den folgenden Tafeln iſt I. zu merken die
Anzahl der Syllben in ieder Reimzeil/ und
werden alle ungemiſchte Abmeſſungen hierauß
zu erlernen ſeyn: maſſen II. beygefuͤget iſt einer
ieden Syllben Lang- oder -Kurtzlaut/ nach-
dem ſie allhier geſetzet/ und alſo zu theilen/ daß zu
Anfang ieder Zeile die Abmeſſung der - langen
und -  kurtzen Syllben wiederholet werden muß.
III. Jſt die Hoͤhe und Tieffe/ oder ſteigende und
fallende Endung durch die Noten bedeutet/
welche in den Liedern groſſen Nutzen hat; Geſtalt
der Text/ wann er kunſtrichtig unter eine Melo-
bey geleget werden ſol/ ohne dieſe Beobachtung
nicht vernemlich und wolklingend kommen kan:
ja es ſollen die Lieder in allen Geſetzen/ oder Sa-
tzen gleiche Bindung haben/ daß/ wo ich in dem
erſten Satz einſyllbige Woͤrter gebraucht/ in den
folgenden gleichsfals einſyllbige Woͤrter halten
ſoll, wo ich zweyſyllbige geordnet/ durch alle Saͤ-
tze zweyſyllbige bringe. Dieſes wird von denen/ ſo
der Muſic kundig ſind/ leichtlich verſtanden wer-
den/ dann die Syllben werden anderſt nach der
Reimkunſt/ und anderſt nach der Muſic uͤmge-
wechſelt; jenes haben die Griechen ἔϰςασιν und
συςολὴν, dieſes ἄϱσιν und θέσιν genennet.

3. Ta-
D iij
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[53/0071] Die vierdte Stund. Anmerkung. Jn den folgenden Tafeln iſt I. zu merken die Anzahl der Syllben in ieder Reimzeil/ und werden alle ungemiſchte Abmeſſungen hierauß zu erlernen ſeyn: maſſen II. beygefuͤget iſt einer ieden Syllben Lang- oder -Kurtzlaut/ nach- dem ſie allhier geſetzet/ und alſo zu theilen/ daß zu Anfang ieder Zeile die Abmeſſung der - langen und -  kurtzen Syllben wiederholet werden muß. III. Jſt die Hoͤhe und Tieffe/ oder ſteigende und fallende Endung durch die Noten bedeutet/ welche in den Liedern groſſen Nutzen hat; Geſtalt der Text/ wann er kunſtrichtig unter eine Melo- bey geleget werden ſol/ ohne dieſe Beobachtung nicht vernemlich und wolklingend kommen kan: ja es ſollen die Lieder in allen Geſetzen/ oder Sa- tzen gleiche Bindung haben/ daß/ wo ich in dem erſten Satz einſyllbige Woͤrter gebraucht/ in den folgenden gleichsfals einſyllbige Woͤrter halten ſoll, wo ich zweyſyllbige geordnet/ durch alle Saͤ- tze zweyſyllbige bringe. Dieſes wird von denen/ ſo der Muſic kundig ſind/ leichtlich verſtanden wer- den/ dann die Syllben werden anderſt nach der Reimkunſt/ und anderſt nach der Muſic uͤmge- wechſelt; jenes haben die Griechen ἔϰςασιν und συςολὴν, dieſes ἄϱσιν und θέσιν genennet. 3. Ta- D iij

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/71>, abgerufen am 19.04.2024.