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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Rab.
be/ gefrässige/ hungerige/ raubgierige Unglücksvo-
gel/ krakracket in dem Flug/ nehrt sich von der Gal-
genspeis/ steurt seinen schwartzen Kiel zur lieblichen
Music/ in der Rähtsel redet der Rab also:

Daß meine rauhe Stimm bedeute die Gefahre/
und jeden Leichnam riech' auch vor der Todten-
Baare/
sagt man gewieß von mir. Jch bin weiß wie
der Ruß/
und der gestohlen hat/ befürchtet meinen Gruß.

Der Rab hat die Deutung der Rache und
deß Raubs/ die jungen Raben sollen von dem
Tau ernehret werden/ wann sie die alten verlas-
sen/ und deßwegen haben sie eine Deutung Gött-
licher Fürsehung.

361. Rache.

Die blutgierige/ blinde/ wütende/ rasende/
grimmige/ Bluttriefende/ angeflammte/ grausa-
me/ hönigsüsse/ nie vergessne/ stetsbeliebte/ gerech-
te/ meuchellistige/ getraumte/ frevle/ bereute/ Ra-
che. Sich rächen ist deß Teuffelsart/ verzeihen ist
der Christenfahrt. Die mit Drachengall durch-
bitterte Rachbegier. Der Rach folgt weh und
Ach/ dem Verzeihen folgt erfreuen.

Die Rache wird gebildet in Gestalt eines ge-
waffneten und rotbekleidten Weibes/ in der Rech-
ten einen Dolchen führend/ und in der Linken
Hand beisst sie einen Finger/ auf der Seiten hat

sie

Rab.
be/ gefꝛaͤſſige/ hungeꝛige/ raubgieꝛige Ungluͤcksvo-
gel/ krakracket in dem Flug/ nehrt ſich von deꝛ Gal-
genſpeis/ ſteuꝛt ſeinen ſchwartzen Kiel zuꝛ lieblichẽ
Muſic/ in der Raͤhtſel redet der Rab alſo:

Daß meine rauhe Stimm bedeute die Gefahre/
und jeden Leichnam riech’ auch vor der Todten-
Baare/
ſagt man gewieß von mir. Jch bin weiß wie
der Ruß/
und der geſtohlen hat/ befuͤrchtet meinẽ Gruß.

Der Rab hat die Deutung der Rache und
deß Raubs/ die jungen Raben ſollen von dem
Tau ernehret werden/ wann ſie die alten verlaſ-
ſen/ und deßwegen haben ſie eine Deutung Goͤtt-
licher Fuͤrſehung.

361. Rache.

Die blutgierige/ blinde/ wuͤtende/ raſende/
grimmige/ Bluttriefende/ angeflammte/ grauſa-
me/ hoͤnigſuͤſſe/ nie vergeſſne/ ſtetsbeliebte/ gerech-
te/ meuchelliſtige/ getraumte/ frevle/ bereute/ Ra-
che. Sich raͤchen iſt deß Teuffelsart/ verzeihen iſt
der Chriſtenfahrt. Die mit Drachengall durch-
bitterte Rachbegier. Der Rach folgt weh und
Ach/ dem Verzeihen folgt erfreuen.

Die Rache wird gebildet in Geſtalt eines ge-
waffneten und rotbekleidtẽ Weibes/ in der Rech-
ten einen Dolchen fuͤhrend/ und in der Linken
Hand beiſſt ſie einen Finger/ auf der Seiten hat

ſie
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[383[381]/0413] Rab. be/ gefꝛaͤſſige/ hungeꝛige/ raubgieꝛige Ungluͤcksvo- gel/ krakracket in dem Flug/ nehrt ſich von deꝛ Gal- genſpeis/ ſteuꝛt ſeinen ſchwartzen Kiel zuꝛ lieblichẽ Muſic/ in der Raͤhtſel redet der Rab alſo: Daß meine rauhe Stimm bedeute die Gefahre/ und jeden Leichnam riech’ auch vor der Todten- Baare/ ſagt man gewieß von mir. Jch bin weiß wie der Ruß/ und der geſtohlen hat/ befuͤrchtet meinẽ Gruß. Der Rab hat die Deutung der Rache und deß Raubs/ die jungen Raben ſollen von dem Tau ernehret werden/ wann ſie die alten verlaſ- ſen/ und deßwegen haben ſie eine Deutung Goͤtt- licher Fuͤrſehung. 361. Rache. Die blutgierige/ blinde/ wuͤtende/ raſende/ grimmige/ Bluttriefende/ angeflammte/ grauſa- me/ hoͤnigſuͤſſe/ nie vergeſſne/ ſtetsbeliebte/ gerech- te/ meuchelliſtige/ getraumte/ frevle/ bereute/ Ra- che. Sich raͤchen iſt deß Teuffelsart/ verzeihen iſt der Chriſtenfahrt. Die mit Drachengall durch- bitterte Rachbegier. Der Rach folgt weh und Ach/ dem Verzeihen folgt erfreuen. Die Rache wird gebildet in Geſtalt eines ge- waffneten und rotbekleidtẽ Weibes/ in der Rech- ten einen Dolchen fuͤhrend/ und in der Linken Hand beiſſt ſie einen Finger/ auf der Seiten hat ſie

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 383[381]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/413>, abgerufen am 24.04.2024.