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Hasak, Max: Die Predigtkirche im Mittelalter. Berlin, 1893.

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mittelalterlichen Kirche nebeneinander bestanden. Dies übersieht man zu allermeist. Es gab Kirchen, die als bischöfliche Kirchen zu dienen hatten, und die man Dome, Münster oder Kathedralen nannte. Als solche hatten sie die Bedürfnisse zu befriedigen, welche dem Bischof und seinen Domherren ihr Amt und ihre Würde auferlegten, in Bezug auf sie selbst sowohl wie in ihren Beziehungen zum Volke. Andere Kirchen hatten als Klosterkirchen zu dienen. Hierbei mußten sie denjenigen Anforderungen genügen, welche die Regel der Klostergeistlichen und Klosterinsassen an sie stellte. Dabei entstanden verschiedene Lösungen, je nachdem der Orden ein der Welt abgekehrtes Leben führte oder zur Belehrung und Einwirkung auf das Volk gegründet war. Die dritte und allerverbreitetste Art Kirchen hatte als Pfarrkirchen zu dienen, d. h. diese mußten einer bestimmten, nicht allzu großen Gemeinde sonn- und wochentäglich Unterkunft gewähren, um der heiligen Handlung beiwohnen, die Predigt anhören und die Sacramente empfangen zu können. Hierbei wurden verschiedene Ausbildungen des Chores erforderlich, je nachdem die Pfarrgeistlichen dem Weltclerus angehörten oder Ordensgeistliche waren, da den Ordensgeistlichen -- auch wenn sie als Pfarrherren hinausgesandt wurden -- klösterliche Uebungen auferlegt waren, die der Weltclerus nicht zu verrichten hatte und welche die Gemeinde und deren Gottesdienst nicht berührten. Wurden solche Pfarrkirchen durch große Stadtverwaltungen oder reiche Körperschaften errichtet, dann trat zu dem reinen Bedürfniß einer Pfarrkirche noch die Anforderung hinzu, bei besonderen Festen Raum für die Angehörigen der verschiedenen Pfarreien der Stadt und des umliegenden Landes zu bieten. Diese Kirchen sollten dann die Macht der Stadt und den Reichthum der Bürger zeigen. Sie wurden daher zu Schau- und Prunkstücken, die zum Gepränge und nicht allein dem bloßen Gebrauche dienten, die die Bauten der Nachbarstädte überbieten, womöglich der Bischofskirche selbst den Bang ablaufen sollten.

Das waren die hauptsächlichsten Arten mittelalterlicher Gotteshäuser und das sind sie auch heute noch in der katholischen Kirche. Jeder kann sich daher leicht von der Art

mittelalterlichen Kirche nebeneinander bestanden. Dies übersieht man zu allermeist. Es gab Kirchen, die als bischöfliche Kirchen zu dienen hatten, und die man Dome, Münster oder Kathedralen nannte. Als solche hatten sie die Bedürfnisse zu befriedigen, welche dem Bischof und seinen Domherren ihr Amt und ihre Würde auferlegten, in Bezug auf sie selbst sowohl wie in ihren Beziehungen zum Volke. Andere Kirchen hatten als Klosterkirchen zu dienen. Hierbei mußten sie denjenigen Anforderungen genügen, welche die Regel der Klostergeistlichen und Klosterinsassen an sie stellte. Dabei entstanden verschiedene Lösungen, je nachdem der Orden ein der Welt abgekehrtes Leben führte oder zur Belehrung und Einwirkung auf das Volk gegründet war. Die dritte und allerverbreitetste Art Kirchen hatte als Pfarrkirchen zu dienen, d. h. diese mußten einer bestimmten, nicht allzu großen Gemeinde sonn- und wochentäglich Unterkunft gewähren, um der heiligen Handlung beiwohnen, die Predigt anhören und die Sacramente empfangen zu können. Hierbei wurden verschiedene Ausbildungen des Chores erforderlich, je nachdem die Pfarrgeistlichen dem Weltclerus angehörten oder Ordensgeistliche waren, da den Ordensgeistlichen — auch wenn sie als Pfarrherren hinausgesandt wurden — klösterliche Uebungen auferlegt waren, die der Weltclerus nicht zu verrichten hatte und welche die Gemeinde und deren Gottesdienst nicht berührten. Wurden solche Pfarrkirchen durch große Stadtverwaltungen oder reiche Körperschaften errichtet, dann trat zu dem reinen Bedürfniß einer Pfarrkirche noch die Anforderung hinzu, bei besonderen Festen Raum für die Angehörigen der verschiedenen Pfarreien der Stadt und des umliegenden Landes zu bieten. Diese Kirchen sollten dann die Macht der Stadt und den Reichthum der Bürger zeigen. Sie wurden daher zu Schau- und Prunkstücken, die zum Gepränge und nicht allein dem bloßen Gebrauche dienten, die die Bauten der Nachbarstädte überbieten, womöglich der Bischofskirche selbst den Bang ablaufen sollten.

Das waren die hauptsächlichsten Arten mittelalterlicher Gotteshäuser und das sind sie auch heute noch in der katholischen Kirche. Jeder kann sich daher leicht von der Art

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mittelalterlichen Kirche nebeneinander bestanden. Dies übersieht man zu allermeist. Es gab Kirchen, die als bischöfliche Kirchen zu dienen hatten, und die man Dome, Münster oder Kathedralen nannte. Als solche hatten sie die Bedürfnisse zu befriedigen, welche dem Bischof und seinen Domherren ihr Amt und ihre Würde auferlegten, in Bezug auf sie selbst sowohl wie in ihren Beziehungen zum Volke. Andere Kirchen hatten als Klosterkirchen zu dienen. Hierbei mußten sie denjenigen Anforderungen genügen, welche die Regel der Klostergeistlichen und Klosterinsassen an sie stellte. Dabei entstanden verschiedene Lösungen, je nachdem der Orden ein der Welt abgekehrtes Leben führte oder zur Belehrung und Einwirkung auf das Volk gegründet war. Die dritte und allerverbreitetste Art Kirchen hatte als Pfarrkirchen zu dienen, d. h. diese mußten einer bestimmten, nicht allzu großen Gemeinde sonn- und wochentäglich Unterkunft gewähren, um der heiligen Handlung beiwohnen, die Predigt anhören und die Sacramente empfangen zu können. Hierbei wurden verschiedene Ausbildungen des Chores erforderlich, je nachdem die Pfarrgeistlichen dem Weltclerus angehörten oder Ordensgeistliche waren, da den Ordensgeistlichen &#x2014; auch wenn sie als Pfarrherren hinausgesandt wurden &#x2014; klösterliche Uebungen auferlegt waren, die der Weltclerus nicht zu verrichten hatte und welche die Gemeinde und deren Gottesdienst nicht berührten. Wurden solche Pfarrkirchen durch große Stadtverwaltungen oder reiche Körperschaften errichtet, dann trat zu dem reinen Bedürfniß einer Pfarrkirche noch die Anforderung hinzu, bei besonderen Festen Raum für die Angehörigen der verschiedenen Pfarreien der Stadt und des umliegenden Landes zu bieten. Diese Kirchen sollten dann die Macht der Stadt und den Reichthum der Bürger zeigen. Sie wurden daher zu Schau- und Prunkstücken, die zum Gepränge und nicht allein dem bloßen Gebrauche dienten, die die Bauten der Nachbarstädte überbieten, womöglich der Bischofskirche selbst den Bang ablaufen sollten.</p>
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[2/0008] mittelalterlichen Kirche nebeneinander bestanden. Dies übersieht man zu allermeist. Es gab Kirchen, die als bischöfliche Kirchen zu dienen hatten, und die man Dome, Münster oder Kathedralen nannte. Als solche hatten sie die Bedürfnisse zu befriedigen, welche dem Bischof und seinen Domherren ihr Amt und ihre Würde auferlegten, in Bezug auf sie selbst sowohl wie in ihren Beziehungen zum Volke. Andere Kirchen hatten als Klosterkirchen zu dienen. Hierbei mußten sie denjenigen Anforderungen genügen, welche die Regel der Klostergeistlichen und Klosterinsassen an sie stellte. Dabei entstanden verschiedene Lösungen, je nachdem der Orden ein der Welt abgekehrtes Leben führte oder zur Belehrung und Einwirkung auf das Volk gegründet war. Die dritte und allerverbreitetste Art Kirchen hatte als Pfarrkirchen zu dienen, d. h. diese mußten einer bestimmten, nicht allzu großen Gemeinde sonn- und wochentäglich Unterkunft gewähren, um der heiligen Handlung beiwohnen, die Predigt anhören und die Sacramente empfangen zu können. Hierbei wurden verschiedene Ausbildungen des Chores erforderlich, je nachdem die Pfarrgeistlichen dem Weltclerus angehörten oder Ordensgeistliche waren, da den Ordensgeistlichen — auch wenn sie als Pfarrherren hinausgesandt wurden — klösterliche Uebungen auferlegt waren, die der Weltclerus nicht zu verrichten hatte und welche die Gemeinde und deren Gottesdienst nicht berührten. Wurden solche Pfarrkirchen durch große Stadtverwaltungen oder reiche Körperschaften errichtet, dann trat zu dem reinen Bedürfniß einer Pfarrkirche noch die Anforderung hinzu, bei besonderen Festen Raum für die Angehörigen der verschiedenen Pfarreien der Stadt und des umliegenden Landes zu bieten. Diese Kirchen sollten dann die Macht der Stadt und den Reichthum der Bürger zeigen. Sie wurden daher zu Schau- und Prunkstücken, die zum Gepränge und nicht allein dem bloßen Gebrauche dienten, die die Bauten der Nachbarstädte überbieten, womöglich der Bischofskirche selbst den Bang ablaufen sollten. Das waren die hauptsächlichsten Arten mittelalterlicher Gotteshäuser und das sind sie auch heute noch in der katholischen Kirche. Jeder kann sich daher leicht von der Art

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Zitationshilfe: Hasak, Max: Die Predigtkirche im Mittelalter. Berlin, 1893, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hasak_predigtkirche_1893/8>, abgerufen am 25.04.2024.