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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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bel etwas nachgelassen, da wären wir ja, wir junges munteres Volk von 1700, und alle wohlbehalten wie sonst. Nun, auf gutes Wohlsein, Jungfer Rose! Auch Sie hat gar nicht gealtert und ist noch so stattlich und hübsch wie vor fünfzig Jahren. Gutes Wohlsein, Sie soll leben und Ihr liebster Herr Bacchus daneben!

Soll leben, die alte Rose soll leben! riefen sie und stießen an und tranken; Herr Bacchus aber, der aus einem großen silbernen Humpen trank, schluckte zwei Maß rheinisch ohne viele Beschwerden hinunter, und er ward zusehends dicker davon und größer, wie eine Schweinsblase, die man mit Luft füllt.

Mich gehorsamst zu bedanken, werthgeschätzte Herren Apostel und Vettern, antwortete Frau Rosalia, indem sie sich freundlich verneigte; seid Ihr noch immer solch ein loser Schäker, Herr Petrus? Ich weiß von keinem Schatz nicht, und Ihr müßt ein sittsam Mägdlein nicht so in Verlegenheit setzen. -- Sie schlug die Augen nieder als sie dies sagte, und trank ein mächtiges Paßglas aus.

Schatz, erwiderte ihr Bacchus, indem er sie aus seinen Aeuglein zärtlich anblickte und ihre Hand faßte, Schatz, ziere dich doch nicht so! Du weißt jawohl, daß dir mein Herz zugethan schon seit zweihundert Herbsten; und daß ich dich noch heute vor allen andern liebe, soll ein feuriger Kuß auf deine rosigen Lippen beweisen.

Er neigte sich zärtlich gegen die Rose; wenn nur das junge Volk hier nicht dabei wäre, flüsterte sie beschämt, indem sie sich halb zu ihm neigte; -- aber

bel etwas nachgelassen, da wären wir ja, wir junges munteres Volk von 1700, und alle wohlbehalten wie sonst. Nun, auf gutes Wohlsein, Jungfer Rose! Auch Sie hat gar nicht gealtert und ist noch so stattlich und hübsch wie vor fünfzig Jahren. Gutes Wohlsein, Sie soll leben und Ihr liebster Herr Bacchus daneben!

Soll leben, die alte Rose soll leben! riefen sie und stießen an und tranken; Herr Bacchus aber, der aus einem großen silbernen Humpen trank, schluckte zwei Maß rheinisch ohne viele Beschwerden hinunter, und er ward zusehends dicker davon und größer, wie eine Schweinsblase, die man mit Luft füllt.

Mich gehorsamst zu bedanken, werthgeschätzte Herren Apostel und Vettern, antwortete Frau Rosalia, indem sie sich freundlich verneigte; seid Ihr noch immer solch ein loser Schäker, Herr Petrus? Ich weiß von keinem Schatz nicht, und Ihr müßt ein sittsam Mägdlein nicht so in Verlegenheit setzen. — Sie schlug die Augen nieder als sie dies sagte, und trank ein mächtiges Paßglas aus.

Schatz, erwiderte ihr Bacchus, indem er sie aus seinen Aeuglein zärtlich anblickte und ihre Hand faßte, Schatz, ziere dich doch nicht so! Du weißt jawohl, daß dir mein Herz zugethan schon seit zweihundert Herbsten; und daß ich dich noch heute vor allen andern liebe, soll ein feuriger Kuß auf deine rosigen Lippen beweisen.

Er neigte sich zärtlich gegen die Rose; wenn nur das junge Volk hier nicht dabei wäre, flüsterte sie beschämt, indem sie sich halb zu ihm neigte; — aber

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[0039] bel etwas nachgelassen, da wären wir ja, wir junges munteres Volk von 1700, und alle wohlbehalten wie sonst. Nun, auf gutes Wohlsein, Jungfer Rose! Auch Sie hat gar nicht gealtert und ist noch so stattlich und hübsch wie vor fünfzig Jahren. Gutes Wohlsein, Sie soll leben und Ihr liebster Herr Bacchus daneben! Soll leben, die alte Rose soll leben! riefen sie und stießen an und tranken; Herr Bacchus aber, der aus einem großen silbernen Humpen trank, schluckte zwei Maß rheinisch ohne viele Beschwerden hinunter, und er ward zusehends dicker davon und größer, wie eine Schweinsblase, die man mit Luft füllt. Mich gehorsamst zu bedanken, werthgeschätzte Herren Apostel und Vettern, antwortete Frau Rosalia, indem sie sich freundlich verneigte; seid Ihr noch immer solch ein loser Schäker, Herr Petrus? Ich weiß von keinem Schatz nicht, und Ihr müßt ein sittsam Mägdlein nicht so in Verlegenheit setzen. — Sie schlug die Augen nieder als sie dies sagte, und trank ein mächtiges Paßglas aus. Schatz, erwiderte ihr Bacchus, indem er sie aus seinen Aeuglein zärtlich anblickte und ihre Hand faßte, Schatz, ziere dich doch nicht so! Du weißt jawohl, daß dir mein Herz zugethan schon seit zweihundert Herbsten; und daß ich dich noch heute vor allen andern liebe, soll ein feuriger Kuß auf deine rosigen Lippen beweisen. Er neigte sich zärtlich gegen die Rose; wenn nur das junge Volk hier nicht dabei wäre, flüsterte sie beschämt, indem sie sich halb zu ihm neigte; — aber

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:05:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:05:53Z)

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/39>, abgerufen am 18.04.2024.