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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Wißt Ihr denn nicht, fuhr er fort, daß diese Sennora eigentlich eine Rheinländerin ist? Der ehrsame Don Ximenes hat sie heimgeführt als blutjunges Rebstöcklein aus dem Rheingau nach seiner Heimath in Spanien, und dort hat sie sich angesiedelt und seinen Familiennamen angenommen. Noch jetzt, obgleich sie den süßen spanischen Charakter angenommen, noch jetzt hat sie große Aehnlichkeit mit Euch, wie die Grundzüge des Gesichtes sich in der Familie nicht ganz verlieren. Dieselbe Farbe und jener süße Duft, jenes feine Aroma ist ihr eigen und macht sie zu Eurer würdigen Base, werthgeschätzte Jungfer Rose.

Sie soll leben, soll leben! riefen die Apostel und stießen an, Base Ximenes in Hispanien soll leben!

Jungfer Rose mochte ihrem Galan nicht ganz trauen und stieß mit bittersüßer Miene an; doch schien sie nicht ferner mit ihm hadern zu wollen, sondern sprach weiter:

Und auch ihr, meine lieben Vettern vom Rhein, seid ihr alle hier? Ja, das ist ja mein zarter, feiner Andreas, mein wüthiger Judas, mein feuriger Petrus. Guten Abend, Johannes, wische dir den Schlaf fein aus den Aeuglein, du siehst noch ganz trübselig aus. Bartholomäus, du bist unmäßig dick geworden und scheinst träge zu sein. Ha, mein munterer Paulus,, und wie fröhlich Jacobus um sich schaut, noch immer der Alte. Aber wie, ihr seid ja zu Dreizehn am

Wißt Ihr denn nicht, fuhr er fort, daß diese Señora eigentlich eine Rheinländerin ist? Der ehrsame Don Ximenes hat sie heimgeführt als blutjunges Rebstöcklein aus dem Rheingau nach seiner Heimath in Spanien, und dort hat sie sich angesiedelt und seinen Familiennamen angenommen. Noch jetzt, obgleich sie den süßen spanischen Charakter angenommen, noch jetzt hat sie große Aehnlichkeit mit Euch, wie die Grundzüge des Gesichtes sich in der Familie nicht ganz verlieren. Dieselbe Farbe und jener süße Duft, jenes feine Aroma ist ihr eigen und macht sie zu Eurer würdigen Base, werthgeschätzte Jungfer Rose.

Sie soll leben, soll leben! riefen die Apostel und stießen an, Base Ximenes in Hispanien soll leben!

Jungfer Rose mochte ihrem Galan nicht ganz trauen und stieß mit bittersüßer Miene an; doch schien sie nicht ferner mit ihm hadern zu wollen, sondern sprach weiter:

Und auch ihr, meine lieben Vettern vom Rhein, seid ihr alle hier? Ja, das ist ja mein zarter, feiner Andreas, mein wüthiger Judas, mein feuriger Petrus. Guten Abend, Johannes, wische dir den Schlaf fein aus den Aeuglein, du siehst noch ganz trübselig aus. Bartholomäus, du bist unmäßig dick geworden und scheinst träge zu sein. Ha, mein munterer Paulus,, und wie fröhlich Jacobus um sich schaut, noch immer der Alte. Aber wie, ihr seid ja zu Dreizehn am

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[0043] Wißt Ihr denn nicht, fuhr er fort, daß diese Señora eigentlich eine Rheinländerin ist? Der ehrsame Don Ximenes hat sie heimgeführt als blutjunges Rebstöcklein aus dem Rheingau nach seiner Heimath in Spanien, und dort hat sie sich angesiedelt und seinen Familiennamen angenommen. Noch jetzt, obgleich sie den süßen spanischen Charakter angenommen, noch jetzt hat sie große Aehnlichkeit mit Euch, wie die Grundzüge des Gesichtes sich in der Familie nicht ganz verlieren. Dieselbe Farbe und jener süße Duft, jenes feine Aroma ist ihr eigen und macht sie zu Eurer würdigen Base, werthgeschätzte Jungfer Rose. Sie soll leben, soll leben! riefen die Apostel und stießen an, Base Ximenes in Hispanien soll leben! Jungfer Rose mochte ihrem Galan nicht ganz trauen und stieß mit bittersüßer Miene an; doch schien sie nicht ferner mit ihm hadern zu wollen, sondern sprach weiter: Und auch ihr, meine lieben Vettern vom Rhein, seid ihr alle hier? Ja, das ist ja mein zarter, feiner Andreas, mein wüthiger Judas, mein feuriger Petrus. Guten Abend, Johannes, wische dir den Schlaf fein aus den Aeuglein, du siehst noch ganz trübselig aus. Bartholomäus, du bist unmäßig dick geworden und scheinst träge zu sein. Ha, mein munterer Paulus,, und wie fröhlich Jacobus um sich schaut, noch immer der Alte. Aber wie, ihr seid ja zu Dreizehn am

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:05:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/43>, abgerufen am 19.04.2024.