Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite
XIV.
Das Meer erglänzte weit hinaus,
Im letzten Abendscheine;
Wir saßen am einsamen Fischerhaus,
Wir saßen stumm und alleine.
Der Nebel stieg, das Wasser schwoll,
Die Möve flog hin und wieder;
Aus deinen Augen, liebevoll,
Fielen die Thränen nieder.
Ich sah sie fallen auf deine Hand,
Und bin auf's Knie gesunken;
Ich hab' von deiner weißen Hand
Die Thränen fortgetrunken.
Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib,
Die Seele stirbt vor Sehnen; --
Mich hat das unglückseel'ge Weib
Vergiftet mit ihren Thränen.

13
XIV.
Das Meer erglänzte weit hinaus,
Im letzten Abendſcheine;
Wir ſaßen am einſamen Fiſcherhaus,
Wir ſaßen ſtumm und alleine.
Der Nebel ſtieg, das Waſſer ſchwoll,
Die Möve flog hin und wieder;
Aus deinen Augen, liebevoll,
Fielen die Thränen nieder.
Ich ſah ſie fallen auf deine Hand,
Und bin auf's Knie geſunken;
Ich hab' von deiner weißen Hand
Die Thränen fortgetrunken.
Seit jener Stunde verzehrt ſich mein Leib,
Die Seele ſtirbt vor Sehnen; —
Mich hat das unglückſeel'ge Weib
Vergiftet mit ihren Thränen.

13
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0201" n="193"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XIV.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Das Meer erglänzte weit hinaus,</l><lb/>
              <l>Im letzten Abend&#x017F;cheine;</l><lb/>
              <l>Wir &#x017F;aßen am ein&#x017F;amen Fi&#x017F;cherhaus,</l><lb/>
              <l>Wir &#x017F;aßen &#x017F;tumm und alleine.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Der Nebel &#x017F;tieg, das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chwoll,</l><lb/>
              <l>Die Möve flog hin und wieder;</l><lb/>
              <l>Aus deinen Augen, liebevoll,</l><lb/>
              <l>Fielen die Thränen nieder.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Ich &#x017F;ah &#x017F;ie fallen auf deine Hand,</l><lb/>
              <l>Und bin auf's Knie ge&#x017F;unken;</l><lb/>
              <l>Ich hab' von deiner weißen Hand</l><lb/>
              <l>Die Thränen fortgetrunken.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Seit jener Stunde verzehrt &#x017F;ich mein Leib,</l><lb/>
              <l>Die Seele &#x017F;tirbt vor Sehnen; &#x2014;</l><lb/>
              <l>Mich hat das unglück&#x017F;eel'ge Weib</l><lb/>
              <l>Vergiftet mit ihren Thränen.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <fw place="bottom" type="sig">13<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0201] XIV. Das Meer erglänzte weit hinaus, Im letzten Abendſcheine; Wir ſaßen am einſamen Fiſcherhaus, Wir ſaßen ſtumm und alleine. Der Nebel ſtieg, das Waſſer ſchwoll, Die Möve flog hin und wieder; Aus deinen Augen, liebevoll, Fielen die Thränen nieder. Ich ſah ſie fallen auf deine Hand, Und bin auf's Knie geſunken; Ich hab' von deiner weißen Hand Die Thränen fortgetrunken. Seit jener Stunde verzehrt ſich mein Leib, Die Seele ſtirbt vor Sehnen; — Mich hat das unglückſeel'ge Weib Vergiftet mit ihren Thränen. 13

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/201
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/201>, abgerufen am 28.03.2024.