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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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der Kleine den Mond und Trinchen kriegts
in die unrechte Kehle!

Selten ist eine Hochzeit, wo nicht was
trauriges sich zuträgt, ihr wisset es wohl, wie
es des Hiobs Kindern gieng, da sie recht fröh-
lich und guter Dinge waren! Wenn man lu-
stig ist, hat der Teufel immer sein Spiel.
Er streicht die Violin beym Tanz. Wo ge-
trunken wird, werden Gläser zerbrochen, und
man kann ordentlich zu viel auf einmal leben,
wie man zu viel auf einmal essen und trinken
kann. Wie viele überleben sich dahero selbst? --
Und dies alles zusammen genommen, was
meynt ihr? Das Leben ist zwar eine Mahlzeit;
allein es ist darauf nicht eben einzuladen --
So fürs Hauß, so aus der Hand in den
Mund! --

Wenn es nicht schmeckt, steht man gern
ein Viertelstündchen früher auf, und sieht
sich im Freyen um, wenn es Mittag, und in
den lieben Mond, wenns Abend ist. Man
hat alsdenn dem lieben Gott eben so viel Ur-
sach zu danken, daß man aufgestanden ist,
als daß man sich niedergesetzt hat. Das heißt
mit andern Worten: im Fall wir uns nicht
das Leben gar zu süß gemacht, sterben wir
gern und danken dem lieben Gott für den Tod,

so

der Kleine den Mond und Trinchen kriegts
in die unrechte Kehle!

Selten iſt eine Hochzeit, wo nicht was
trauriges ſich zutraͤgt, ihr wiſſet es wohl, wie
es des Hiobs Kindern gieng, da ſie recht froͤh-
lich und guter Dinge waren! Wenn man lu-
ſtig iſt, hat der Teufel immer ſein Spiel.
Er ſtreicht die Violin beym Tanz. Wo ge-
trunken wird, werden Glaͤſer zerbrochen, und
man kann ordentlich zu viel auf einmal leben,
wie man zu viel auf einmal eſſen und trinken
kann. Wie viele uͤberleben ſich dahero ſelbſt? —
Und dies alles zuſammen genommen, was
meynt ihr? Das Leben iſt zwar eine Mahlzeit;
allein es iſt darauf nicht eben einzuladen —
So fuͤrs Hauß, ſo aus der Hand in den
Mund! —

Wenn es nicht ſchmeckt, ſteht man gern
ein Viertelſtuͤndchen fruͤher auf, und ſieht
ſich im Freyen um, wenn es Mittag, und in
den lieben Mond, wenns Abend iſt. Man
hat alsdenn dem lieben Gott eben ſo viel Ur-
ſach zu danken, daß man aufgeſtanden iſt,
als daß man ſich niedergeſetzt hat. Das heißt
mit andern Worten: im Fall wir uns nicht
das Leben gar zu ſuͤß gemacht, ſterben wir
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[655/0669] der Kleine den Mond und Trinchen kriegts in die unrechte Kehle! Selten iſt eine Hochzeit, wo nicht was trauriges ſich zutraͤgt, ihr wiſſet es wohl, wie es des Hiobs Kindern gieng, da ſie recht froͤh- lich und guter Dinge waren! Wenn man lu- ſtig iſt, hat der Teufel immer ſein Spiel. Er ſtreicht die Violin beym Tanz. Wo ge- trunken wird, werden Glaͤſer zerbrochen, und man kann ordentlich zu viel auf einmal leben, wie man zu viel auf einmal eſſen und trinken kann. Wie viele uͤberleben ſich dahero ſelbſt? — Und dies alles zuſammen genommen, was meynt ihr? Das Leben iſt zwar eine Mahlzeit; allein es iſt darauf nicht eben einzuladen — So fuͤrs Hauß, ſo aus der Hand in den Mund! — Wenn es nicht ſchmeckt, ſteht man gern ein Viertelſtuͤndchen fruͤher auf, und ſieht ſich im Freyen um, wenn es Mittag, und in den lieben Mond, wenns Abend iſt. Man hat alsdenn dem lieben Gott eben ſo viel Ur- ſach zu danken, daß man aufgeſtanden iſt, als daß man ſich niedergeſetzt hat. Das heißt mit andern Worten: im Fall wir uns nicht das Leben gar zu ſuͤß gemacht, ſterben wir gern und danken dem lieben Gott fuͤr den Tod, ſo

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/669>, abgerufen am 25.04.2024.