Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Vom Wasser.
heiten der Natur für nichts zu achten. Die Betrachtung solcher erstaunlichen Auftritte
bemächtigt sich der ganzen Seele; und diese verliert sich in Bewunderung der Allmacht
eines Wesens, das seine Größe in der unendlichen Abwechselung so prächtiger Sce-
nen zeigt.

[Abbildung]
b.
Der Genfersee.

Dieser See ist unstreitig eines der herrlichsten Gewässer, die auf unsrer Erd-
fläche wallen. Seine Ufer und ihre Bekleidung sind nicht überall von dem majestäti-
schen Charakter, wie der Keswicker See; er zeigt, da seine Gränzen auch Ebenen
haben und voll Cultur sind, nicht lauter ernsthafte, einsame und wilde Gegenden, die
sich um diesen zusammendrängen. Allein er hat dagegen, neben verschiedenen über-
aus romantischen und feyerlichen Prospecten, eine unbeschreibliche Mannichfaltigkeit
und die höchsten Schönheiten der Verzierung, welche die malerische Natur nur jemals
zur Bildung der heitersten Landschaft vereinigt hat.

Die Länge des Genfersees ist etwa funfzehn, und seine größte Breite sechs
Schweizerstunden. Der Theil gegen Morgen führt den Namen des Lausanner-
sees
von der Stadt Lausanne, die an seiner nordlichen Seite liegt. Seine Gestalt
gleicht einem zunehmenden Monde, dessen zwey Enden abgestumpft sind, und
von denen eins inwendig einen großen runden Ausschnitt hat. An beyden Enden
nimmt die Breite des Sees sehr ab. Eine Menge von Segeln belebt seine stillen und
klaren Flächen. Rings umher reizen die fruchtbarsten und schönsten Landschaften, mit

Ebenen,

Vom Waſſer.
heiten der Natur fuͤr nichts zu achten. Die Betrachtung ſolcher erſtaunlichen Auftritte
bemaͤchtigt ſich der ganzen Seele; und dieſe verliert ſich in Bewunderung der Allmacht
eines Weſens, das ſeine Groͤße in der unendlichen Abwechſelung ſo praͤchtiger Sce-
nen zeigt.

[Abbildung]
b.
Der Genferſee.

Dieſer See iſt unſtreitig eines der herrlichſten Gewaͤſſer, die auf unſrer Erd-
flaͤche wallen. Seine Ufer und ihre Bekleidung ſind nicht uͤberall von dem majeſtaͤti-
ſchen Charakter, wie der Keswicker See; er zeigt, da ſeine Graͤnzen auch Ebenen
haben und voll Cultur ſind, nicht lauter ernſthafte, einſame und wilde Gegenden, die
ſich um dieſen zuſammendraͤngen. Allein er hat dagegen, neben verſchiedenen uͤber-
aus romantiſchen und feyerlichen Proſpecten, eine unbeſchreibliche Mannichfaltigkeit
und die hoͤchſten Schoͤnheiten der Verzierung, welche die maleriſche Natur nur jemals
zur Bildung der heiterſten Landſchaft vereinigt hat.

Die Laͤnge des Genferſees iſt etwa funfzehn, und ſeine groͤßte Breite ſechs
Schweizerſtunden. Der Theil gegen Morgen fuͤhrt den Namen des Lauſanner-
ſees
von der Stadt Lauſanne, die an ſeiner nordlichen Seite liegt. Seine Geſtalt
gleicht einem zunehmenden Monde, deſſen zwey Enden abgeſtumpft ſind, und
von denen eins inwendig einen großen runden Ausſchnitt hat. An beyden Enden
nimmt die Breite des Sees ſehr ab. Eine Menge von Segeln belebt ſeine ſtillen und
klaren Flaͤchen. Rings umher reizen die fruchtbarſten und ſchoͤnſten Landſchaften, mit

Ebenen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <div n="5">
              <p><pb facs="#f0099" n="95"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Wa&#x017F;&#x017F;er.</hi></fw><lb/>
heiten der Natur fu&#x0364;r nichts zu achten. Die Betrachtung &#x017F;olcher er&#x017F;taunlichen Auftritte<lb/>
bema&#x0364;chtigt &#x017F;ich der ganzen Seele; und die&#x017F;e verliert &#x017F;ich in Bewunderung der Allmacht<lb/>
eines We&#x017F;ens, das &#x017F;eine Gro&#x0364;ße in der unendlichen Abwech&#x017F;elung &#x017F;o pra&#x0364;chtiger Sce-<lb/>
nen zeigt.</p><lb/>
              <figure/>
            </div>
            <div n="5">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">b.</hi><lb/><hi rendition="#g">Der Genfer&#x017F;ee</hi>.</hi> </head><lb/>
              <p>Die&#x017F;er See i&#x017F;t un&#x017F;treitig eines der herrlich&#x017F;ten Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, die auf un&#x017F;rer Erd-<lb/>
fla&#x0364;che wallen. Seine Ufer und ihre Bekleidung &#x017F;ind nicht u&#x0364;berall von dem maje&#x017F;ta&#x0364;ti-<lb/>
&#x017F;chen Charakter, wie der Keswicker See; er zeigt, da &#x017F;eine Gra&#x0364;nzen auch Ebenen<lb/>
haben und voll Cultur &#x017F;ind, nicht lauter ern&#x017F;thafte, ein&#x017F;ame und wilde Gegenden, die<lb/>
&#x017F;ich um die&#x017F;en zu&#x017F;ammendra&#x0364;ngen. Allein er hat dagegen, neben ver&#x017F;chiedenen u&#x0364;ber-<lb/>
aus romanti&#x017F;chen und feyerlichen Pro&#x017F;pecten, eine unbe&#x017F;chreibliche Mannichfaltigkeit<lb/>
und die ho&#x0364;ch&#x017F;ten Scho&#x0364;nheiten der Verzierung, welche die maleri&#x017F;che Natur nur jemals<lb/>
zur Bildung der heiter&#x017F;ten Land&#x017F;chaft vereinigt hat.</p><lb/>
              <p>Die La&#x0364;nge des <hi rendition="#fr">Genfer&#x017F;ees</hi> i&#x017F;t etwa funfzehn, und &#x017F;eine gro&#x0364;ßte Breite &#x017F;echs<lb/>
Schweizer&#x017F;tunden. Der Theil gegen Morgen fu&#x0364;hrt den Namen des <hi rendition="#fr">Lau&#x017F;anner-<lb/>
&#x017F;ees</hi> von der Stadt <hi rendition="#fr">Lau&#x017F;anne,</hi> die an &#x017F;einer nordlichen Seite liegt. Seine Ge&#x017F;talt<lb/>
gleicht einem zunehmenden Monde, de&#x017F;&#x017F;en zwey Enden abge&#x017F;tumpft &#x017F;ind, und<lb/>
von denen eins inwendig einen großen runden Aus&#x017F;chnitt hat. An beyden Enden<lb/>
nimmt die Breite des Sees &#x017F;ehr ab. Eine Menge von Segeln belebt &#x017F;eine &#x017F;tillen und<lb/>
klaren Fla&#x0364;chen. Rings umher reizen die fruchtbar&#x017F;ten und &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Land&#x017F;chaften, mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ebenen,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0099] Vom Waſſer. heiten der Natur fuͤr nichts zu achten. Die Betrachtung ſolcher erſtaunlichen Auftritte bemaͤchtigt ſich der ganzen Seele; und dieſe verliert ſich in Bewunderung der Allmacht eines Weſens, das ſeine Groͤße in der unendlichen Abwechſelung ſo praͤchtiger Sce- nen zeigt. [Abbildung] b. Der Genferſee. Dieſer See iſt unſtreitig eines der herrlichſten Gewaͤſſer, die auf unſrer Erd- flaͤche wallen. Seine Ufer und ihre Bekleidung ſind nicht uͤberall von dem majeſtaͤti- ſchen Charakter, wie der Keswicker See; er zeigt, da ſeine Graͤnzen auch Ebenen haben und voll Cultur ſind, nicht lauter ernſthafte, einſame und wilde Gegenden, die ſich um dieſen zuſammendraͤngen. Allein er hat dagegen, neben verſchiedenen uͤber- aus romantiſchen und feyerlichen Proſpecten, eine unbeſchreibliche Mannichfaltigkeit und die hoͤchſten Schoͤnheiten der Verzierung, welche die maleriſche Natur nur jemals zur Bildung der heiterſten Landſchaft vereinigt hat. Die Laͤnge des Genferſees iſt etwa funfzehn, und ſeine groͤßte Breite ſechs Schweizerſtunden. Der Theil gegen Morgen fuͤhrt den Namen des Lauſanner- ſees von der Stadt Lauſanne, die an ſeiner nordlichen Seite liegt. Seine Geſtalt gleicht einem zunehmenden Monde, deſſen zwey Enden abgeſtumpft ſind, und von denen eins inwendig einen großen runden Ausſchnitt hat. An beyden Enden nimmt die Breite des Sees ſehr ab. Eine Menge von Segeln belebt ſeine ſtillen und klaren Flaͤchen. Rings umher reizen die fruchtbarſten und ſchoͤnſten Landſchaften, mit Ebenen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/99
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/99>, abgerufen am 28.03.2024.