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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Fünfter Abschnitt. Von Statüen,


Fünfter Abschnitt.
Von Statüen, Monumenten und Inschriften.
I.
Statüen.
1.

Auch die Bildhauerkunst hat nicht unterlassen, an der Verzierung der Gärten, wie
die Architectur, Antheil zu nehmen. Statüen und Monumente sind ihre
Werke, jene in den alten, diese in den neuern Gärten häufiger.

Statüen mußten bald zu den Verzierungen der Gärten gerechnet werden, da
man anfieng, diese als Schauplätze der Pracht, oder als Scenen der Kunst zu behan-
deln, worinn die Bildhauerey nicht weniger, wie die Architectur, ihren Glanz aus-
breiten dürfte. Der Römer führte Statüen in die Gärten ein, mehr aus unüberle-
gender Prachtsucht; der Franzose mehr aus Wahn, daß, was Gebäude ziert, auch
Gartenplätzen zukomme.

Ohne Zweifel hatten die Römer zuerst Statüen in den Gärten der Griechen
gesehen, unter welchen schon Alkamenes eine von ihm verfertigte Venus in seinem
Garten zu Athen aufstellte, die nachher der Kaiser Hadrian in seine berühmte Ville
versetzte. In den letzten Zeiten der Republik und unter den Kaisern, als die Liebe
der Kunstwerke ein Theil des herrschenden Luxus ward, brachten die Römer von der
Menge der Statüen, die aus Griechenland nach Italien kamen, auch viel in ihre
Gärten. Sie gaben hier ihre Gastmale und Feste; sie stellten daher alles auf, was
sie nur Prächtiges finden konnten. Man sah hier fast alle Arten von Gebäuden und
Kunstwerken, und zwar in einem solchen Ueberfluß, daß Juvenal die Gärten seiner
Zeit mit einem Beywort belegte, das ihnen die übermäßige Pracht vorwarf, worun-
ter alle Einfalt der Natur verschwinden mußte.

Contentus fama jaceat Lucanus in hortis
Marmoreis.

Doch in den ältesten Zeiten herrschte mehr Mäßigkeit. Man begnügte sich mit einer
Statüe des Priap in der Mitte der Gärten.

Pomosisque ruber custos ponatur in hortis,
Terreat ut saeva falce Priapus aves.
Tibullus.

Colu-
Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen,


Fuͤnfter Abſchnitt.
Von Statuͤen, Monumenten und Inſchriften.
I.
Statuͤen.
1.

Auch die Bildhauerkunſt hat nicht unterlaſſen, an der Verzierung der Gaͤrten, wie
die Architectur, Antheil zu nehmen. Statuͤen und Monumente ſind ihre
Werke, jene in den alten, dieſe in den neuern Gaͤrten haͤufiger.

Statuͤen mußten bald zu den Verzierungen der Gaͤrten gerechnet werden, da
man anfieng, dieſe als Schauplaͤtze der Pracht, oder als Scenen der Kunſt zu behan-
deln, worinn die Bildhauerey nicht weniger, wie die Architectur, ihren Glanz aus-
breiten duͤrfte. Der Roͤmer fuͤhrte Statuͤen in die Gaͤrten ein, mehr aus unuͤberle-
gender Prachtſucht; der Franzoſe mehr aus Wahn, daß, was Gebaͤude ziert, auch
Gartenplaͤtzen zukomme.

Ohne Zweifel hatten die Roͤmer zuerſt Statuͤen in den Gaͤrten der Griechen
geſehen, unter welchen ſchon Alkamenes eine von ihm verfertigte Venus in ſeinem
Garten zu Athen aufſtellte, die nachher der Kaiſer Hadrian in ſeine beruͤhmte Ville
verſetzte. In den letzten Zeiten der Republik und unter den Kaiſern, als die Liebe
der Kunſtwerke ein Theil des herrſchenden Luxus ward, brachten die Roͤmer von der
Menge der Statuͤen, die aus Griechenland nach Italien kamen, auch viel in ihre
Gaͤrten. Sie gaben hier ihre Gaſtmale und Feſte; ſie ſtellten daher alles auf, was
ſie nur Praͤchtiges finden konnten. Man ſah hier faſt alle Arten von Gebaͤuden und
Kunſtwerken, und zwar in einem ſolchen Ueberfluß, daß Juvenal die Gaͤrten ſeiner
Zeit mit einem Beywort belegte, das ihnen die uͤbermaͤßige Pracht vorwarf, worun-
ter alle Einfalt der Natur verſchwinden mußte.

Contentus fama jaceat Lucanus in hortis
Marmoreis.

Doch in den aͤlteſten Zeiten herrſchte mehr Maͤßigkeit. Man begnuͤgte ſich mit einer
Statuͤe des Priap in der Mitte der Gaͤrten.

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[126/0130] Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen, Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen, Monumenten und Inſchriften. I. Statuͤen. 1. Auch die Bildhauerkunſt hat nicht unterlaſſen, an der Verzierung der Gaͤrten, wie die Architectur, Antheil zu nehmen. Statuͤen und Monumente ſind ihre Werke, jene in den alten, dieſe in den neuern Gaͤrten haͤufiger. Statuͤen mußten bald zu den Verzierungen der Gaͤrten gerechnet werden, da man anfieng, dieſe als Schauplaͤtze der Pracht, oder als Scenen der Kunſt zu behan- deln, worinn die Bildhauerey nicht weniger, wie die Architectur, ihren Glanz aus- breiten duͤrfte. Der Roͤmer fuͤhrte Statuͤen in die Gaͤrten ein, mehr aus unuͤberle- gender Prachtſucht; der Franzoſe mehr aus Wahn, daß, was Gebaͤude ziert, auch Gartenplaͤtzen zukomme. Ohne Zweifel hatten die Roͤmer zuerſt Statuͤen in den Gaͤrten der Griechen geſehen, unter welchen ſchon Alkamenes eine von ihm verfertigte Venus in ſeinem Garten zu Athen aufſtellte, die nachher der Kaiſer Hadrian in ſeine beruͤhmte Ville verſetzte. In den letzten Zeiten der Republik und unter den Kaiſern, als die Liebe der Kunſtwerke ein Theil des herrſchenden Luxus ward, brachten die Roͤmer von der Menge der Statuͤen, die aus Griechenland nach Italien kamen, auch viel in ihre Gaͤrten. Sie gaben hier ihre Gaſtmale und Feſte; ſie ſtellten daher alles auf, was ſie nur Praͤchtiges finden konnten. Man ſah hier faſt alle Arten von Gebaͤuden und Kunſtwerken, und zwar in einem ſolchen Ueberfluß, daß Juvenal die Gaͤrten ſeiner Zeit mit einem Beywort belegte, das ihnen die uͤbermaͤßige Pracht vorwarf, worun- ter alle Einfalt der Natur verſchwinden mußte. Contentus fama jaceat Lucanus in hortis Marmoreis. Doch in den aͤlteſten Zeiten herrſchte mehr Maͤßigkeit. Man begnuͤgte ſich mit einer Statuͤe des Priap in der Mitte der Gaͤrten. Pomoſisque ruber cuſtos ponatur in hortis, Terreat ut ſaeva falce Priapus aves. Tibullus. Colu-

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/130>, abgerufen am 28.03.2024.