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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Monumenten und Inschriften.
mehr Geschmack und Verfeinerung der Bearbeitung gewannen, als sie mit den Kün-
sten der Griechen vertrauter wurden. Nicht blos der Senat zu Rom widmete dem
Andenken seiner Helden und Patrioten Ehrenmäler an feyerlichen Plätzen, sondern auch
die andern Städte des Reichs erhielten die Freyheit, ihren Wohlthätern Statüen und
Brustbilder zu errichten; selbst Privatbürger konnten, mit Erlaubniß des Gerichts,
das dazu den Ort anwies, Personen aus ihrer Familie ein Denkmal weihen, oder es
in ihrem Testamente verordnen. Man erinnert sich, wie sehr sich die Römer von
den ehrwürdigen Monumenten ihrer Vorfahren nicht blos gerührt, sondern zur thäti-
gen Nacheiferung begeistert fühlten.[Spaltenumbruch] *)

Bey den neuern Nationen hat man von einem so kräftigen Mittel, zu Verdien-
sten aufzumuntern, indem man ihr Andenken erhält, nur selten Gebrauch gemacht.
Es sind nur einige Regenten, nur einige Helden oder Staatsmänner, denen hie und
da in Residenzstädten an öffentlichen Plätzen eine Statüe errichtet steht, nur hie und
da eine Büste auf einem Saal oder ein Grabmal in einer Kirche. Wie viele Sum-
men sind nicht für unendlich oft wiederholte Copien der Gottheiten des Alterthums,
womit wir unsere Städte und Gärten füllten, verschwendet worden, und wie wenig
hat man daran gedacht, einen Theil dieses Aufwandes den wahren Wohlthätern des
menschlichen Geschlechts und den verdienstvollen Männern aus unserer eigenen Nation
zu widmen!**) Nichts sollte den Fürsten heiliger seyn, als gemeinnützige Verdienste
durch öffentliche Monumente zu belohnen, und dadurch an Plätzen, wo oft große Ver-

samm-
*) Der jüngere Plinius erklärt sich bey
Erwähnung einer Bildsäule, die Trajan
dem Andenken des jungen Cottius aufzu-
richten befohlen, über die Kraft der Denk-
mäler auf eine Art, die mau nicht ohne
Theilnehmung lesen kann. Quo quidem ho-
nore, quantum ego interpretor, non mo-
do defuncti memoriae, et dolori patris,
verum etiam exemplo prospectum est;
acuent ad bonas artes juventutem ado-
lescentibus quoque (digni sint modo)
tanta praemia constituta; acuent princi-
pes viros ad liberos suscipiendos, et gau-
dia ex superstitibus, et ex amissis tam
[Spaltenumbruch] gloriosa solatia. Erit ergo pergratum
mihi, hanc effigiem ejus intueri, subinde
respicere, sub has consistere, praeter
hanc commeare. Etenim si defunctorum
imagines domi positae dolorem nostrum
levant, quanto magis eae, quibus in ce-
leberrimo loco, non modo species et
vultus illorum, sed honor etiam et gloria
refertur? Lib. 2. Ep.
7.
**) Dieses gilt allerdings von Deutsch-
land. In Norden ist eine herrliche An-
stalt dieser Art, die noch kein Land hat,
angefangen. Man sehe unten im Anhan-
ge die Beschreibung von Jägerspreis.
S 3

Monumenten und Inſchriften.
mehr Geſchmack und Verfeinerung der Bearbeitung gewannen, als ſie mit den Kuͤn-
ſten der Griechen vertrauter wurden. Nicht blos der Senat zu Rom widmete dem
Andenken ſeiner Helden und Patrioten Ehrenmaͤler an feyerlichen Plaͤtzen, ſondern auch
die andern Staͤdte des Reichs erhielten die Freyheit, ihren Wohlthaͤtern Statuͤen und
Bruſtbilder zu errichten; ſelbſt Privatbuͤrger konnten, mit Erlaubniß des Gerichts,
das dazu den Ort anwies, Perſonen aus ihrer Familie ein Denkmal weihen, oder es
in ihrem Teſtamente verordnen. Man erinnert ſich, wie ſehr ſich die Roͤmer von
den ehrwuͤrdigen Monumenten ihrer Vorfahren nicht blos geruͤhrt, ſondern zur thaͤti-
gen Nacheiferung begeiſtert fuͤhlten.[Spaltenumbruch] *)

Bey den neuern Nationen hat man von einem ſo kraͤftigen Mittel, zu Verdien-
ſten aufzumuntern, indem man ihr Andenken erhaͤlt, nur ſelten Gebrauch gemacht.
Es ſind nur einige Regenten, nur einige Helden oder Staatsmaͤnner, denen hie und
da in Reſidenzſtaͤdten an oͤffentlichen Plaͤtzen eine Statuͤe errichtet ſteht, nur hie und
da eine Buͤſte auf einem Saal oder ein Grabmal in einer Kirche. Wie viele Sum-
men ſind nicht fuͤr unendlich oft wiederholte Copien der Gottheiten des Alterthums,
womit wir unſere Staͤdte und Gaͤrten fuͤllten, verſchwendet worden, und wie wenig
hat man daran gedacht, einen Theil dieſes Aufwandes den wahren Wohlthaͤtern des
menſchlichen Geſchlechts und den verdienſtvollen Maͤnnern aus unſerer eigenen Nation
zu widmen!**) Nichts ſollte den Fuͤrſten heiliger ſeyn, als gemeinnuͤtzige Verdienſte
durch oͤffentliche Monumente zu belohnen, und dadurch an Plaͤtzen, wo oft große Ver-

ſamm-
*) Der juͤngere Plinius erklaͤrt ſich bey
Erwaͤhnung einer Bildſaͤule, die Trajan
dem Andenken des jungen Cottius aufzu-
richten befohlen, uͤber die Kraft der Denk-
maͤler auf eine Art, die mau nicht ohne
Theilnehmung leſen kann. Quo quidem ho-
nore, quantum ego interpretor, non mo-
do defuncti memoriae, et dolori patris,
verum etiam exemplo proſpectum eſt;
acuent ad bonas artes juventutem ado-
leſcentibus quoque (digni ſint modo)
tanta praemia conſtituta; acuent princi-
pes viros ad liberos ſuſcipiendos, et gau-
dia ex ſuperſtitibus, et ex amiſſis tam
[Spaltenumbruch] glorioſa ſolatia. Erit ergo pergratum
mihi, hanc effigiem ejus intueri, ſubinde
reſpicere, ſub has conſiſtere, praeter
hanc commeare. Etenim ſi defunctorum
imagines domi poſitae dolorem noſtrum
levant, quanto magis eae, quibus in ce-
leberrimo loco, non modo ſpecies et
vultus illorum, ſed honor etiam et gloria
refertur? Lib. 2. Ep.
7.
**) Dieſes gilt allerdings von Deutſch-
land. In Norden iſt eine herrliche An-
ſtalt dieſer Art, die noch kein Land hat,
angefangen. Man ſehe unten im Anhan-
ge die Beſchreibung von Jaͤgerspreis.
S 3
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[141/0145] Monumenten und Inſchriften. mehr Geſchmack und Verfeinerung der Bearbeitung gewannen, als ſie mit den Kuͤn- ſten der Griechen vertrauter wurden. Nicht blos der Senat zu Rom widmete dem Andenken ſeiner Helden und Patrioten Ehrenmaͤler an feyerlichen Plaͤtzen, ſondern auch die andern Staͤdte des Reichs erhielten die Freyheit, ihren Wohlthaͤtern Statuͤen und Bruſtbilder zu errichten; ſelbſt Privatbuͤrger konnten, mit Erlaubniß des Gerichts, das dazu den Ort anwies, Perſonen aus ihrer Familie ein Denkmal weihen, oder es in ihrem Teſtamente verordnen. Man erinnert ſich, wie ſehr ſich die Roͤmer von den ehrwuͤrdigen Monumenten ihrer Vorfahren nicht blos geruͤhrt, ſondern zur thaͤti- gen Nacheiferung begeiſtert fuͤhlten. *) Bey den neuern Nationen hat man von einem ſo kraͤftigen Mittel, zu Verdien- ſten aufzumuntern, indem man ihr Andenken erhaͤlt, nur ſelten Gebrauch gemacht. Es ſind nur einige Regenten, nur einige Helden oder Staatsmaͤnner, denen hie und da in Reſidenzſtaͤdten an oͤffentlichen Plaͤtzen eine Statuͤe errichtet ſteht, nur hie und da eine Buͤſte auf einem Saal oder ein Grabmal in einer Kirche. Wie viele Sum- men ſind nicht fuͤr unendlich oft wiederholte Copien der Gottheiten des Alterthums, womit wir unſere Staͤdte und Gaͤrten fuͤllten, verſchwendet worden, und wie wenig hat man daran gedacht, einen Theil dieſes Aufwandes den wahren Wohlthaͤtern des menſchlichen Geſchlechts und den verdienſtvollen Maͤnnern aus unſerer eigenen Nation zu widmen! **) Nichts ſollte den Fuͤrſten heiliger ſeyn, als gemeinnuͤtzige Verdienſte durch oͤffentliche Monumente zu belohnen, und dadurch an Plaͤtzen, wo oft große Ver- ſamm- *) Der juͤngere Plinius erklaͤrt ſich bey Erwaͤhnung einer Bildſaͤule, die Trajan dem Andenken des jungen Cottius aufzu- richten befohlen, uͤber die Kraft der Denk- maͤler auf eine Art, die mau nicht ohne Theilnehmung leſen kann. Quo quidem ho- nore, quantum ego interpretor, non mo- do defuncti memoriae, et dolori patris, verum etiam exemplo proſpectum eſt; acuent ad bonas artes juventutem ado- leſcentibus quoque (digni ſint modo) tanta praemia conſtituta; acuent princi- pes viros ad liberos ſuſcipiendos, et gau- dia ex ſuperſtitibus, et ex amiſſis tam glorioſa ſolatia. Erit ergo pergratum mihi, hanc effigiem ejus intueri, ſubinde reſpicere, ſub has conſiſtere, praeter hanc commeare. Etenim ſi defunctorum imagines domi poſitae dolorem noſtrum levant, quanto magis eae, quibus in ce- leberrimo loco, non modo ſpecies et vultus illorum, ſed honor etiam et gloria refertur? Lib. 2. Ep. 7. **) Dieſes gilt allerdings von Deutſch- land. In Norden iſt eine herrliche An- ſtalt dieſer Art, die noch kein Land hat, angefangen. Man ſehe unten im Anhan- ge die Beſchreibung von Jaͤgerspreis. S 3

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/145>, abgerufen am 19.04.2024.