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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gärten,
Die Fontainen und Wasserkünste, die so zahlreich sind, verlieren sich auch hier in
das Unnatürliche und Geschmacklose. *)

Der Garten der Villa Aldobrandini hat nicht so viel dunkelgrüne Bäume,
als die übrigen Gärten dieses Landes, und daher ein mehr muntres und frisches An-
sehen. Die Alleen von Platanen verbreiten indessen ihren vortrefflichen Schatten,
und die Springbrunnen und Wasserfälle sind mit mehr Geschmack, als sonst gewöhn-
lich ist, angeordnet. Von den Terrassen genießt man eine reizende Aussicht über
die Ebenen bis an das mittelländische Meer, worauf man bey hellem Wetter die
Schiffe segeln sieht.

Diese letzten Villen liegen in den merkwürdigen Gegenden von Tivoli und
Frascati, die schon zu den Zeiten der alten Römer mit Landsitzen bereichert wa-
ren. **) Doch ziehen die heutigen Römer mehr den Aufenthalt von Frascati
vor, bey welcher Stadt viele Gärten in einer angenehmen Lage erscheinen. Uebri-
gens ist bekannt, daß die Villen in und um Rom als Magazine der Alterthümer
berühmt sind, und daß diese Schätze nicht selten ihr vornehmstes Verdienst aus-
machen. ***)

4.

Das königliche Lustschloß Portici bey Neapel ist von keiner merkwürdigen
Baukunst, sondern hat vielmehr beträchtliche Fehler; eben so wenig empfiehlt sich
die Anlage des Gartens. Dagegen übertrifft das neue Schloß Caserta, dessen
Plan der römische Architect, Vanvitelli angegeben, alle italiänischen an Regel-
mäßigkeit, Schönheit und Größe. Es hat die Form eines länglichen Vierecks,
dessen Vorder- und Hinterscite 731 Fuß, und die beyden andern 569 Fuß lang

sind;
*) Die besten Prospecte dieses Gartens
findet man auf 29 Blättern von Venturini
gestochen unter dem Titel: Fontane del
Giardino Estense in Tivoli co' loro pro-
spetti e colla Cascata del Fiume Aniene.
**) Hier verdient noch dieses Werk eine
Anzeige: Delle Ville e de' piu notabili
monumenti antichi della citta e del ter-
ritorio di Tivoli, nuove ricerche di Ste-
fano Cabral e fausto del Re etc. 8. 1779.
In Roma da Benedetto Settari.
Der
Artikel von den alten Villen zu Tivoli ist
in diesem Buch das Wichtigste und aus ei-
[Spaltenumbruch] nem höchst seltenen Werke genommen, näm-
lich aus einer Handschrift von einer voll-
ständigen Geschichte von Tivoli, die sich
in der Barberinischen Bibliothek befindet,
wohin sie der Kardinal Francesco Barbe-
rino, Gouverneur dieser Stadt, 1632 brin-
gen ließ.
***) Volkmanns Nachrichten von Italien
2ter B. Giardini di Roma da G. B. Falda,
21 Blätter; sie befinden sich auch in Volk-
manns neuer Ausgabe von Sandrats
sämmtlichen Werken.

Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Die Fontainen und Waſſerkuͤnſte, die ſo zahlreich ſind, verlieren ſich auch hier in
das Unnatuͤrliche und Geſchmackloſe. *)

Der Garten der Villa Aldobrandini hat nicht ſo viel dunkelgruͤne Baͤume,
als die uͤbrigen Gaͤrten dieſes Landes, und daher ein mehr muntres und friſches An-
ſehen. Die Alleen von Platanen verbreiten indeſſen ihren vortrefflichen Schatten,
und die Springbrunnen und Waſſerfaͤlle ſind mit mehr Geſchmack, als ſonſt gewoͤhn-
lich iſt, angeordnet. Von den Terraſſen genießt man eine reizende Ausſicht uͤber
die Ebenen bis an das mittellaͤndiſche Meer, worauf man bey hellem Wetter die
Schiffe ſegeln ſieht.

Dieſe letzten Villen liegen in den merkwuͤrdigen Gegenden von Tivoli und
Fraſcati, die ſchon zu den Zeiten der alten Roͤmer mit Landſitzen bereichert wa-
ren. **) Doch ziehen die heutigen Roͤmer mehr den Aufenthalt von Fraſcati
vor, bey welcher Stadt viele Gaͤrten in einer angenehmen Lage erſcheinen. Uebri-
gens iſt bekannt, daß die Villen in und um Rom als Magazine der Alterthuͤmer
beruͤhmt ſind, und daß dieſe Schaͤtze nicht ſelten ihr vornehmſtes Verdienſt aus-
machen. ***)

4.

Das koͤnigliche Luſtſchloß Portici bey Neapel iſt von keiner merkwuͤrdigen
Baukunſt, ſondern hat vielmehr betraͤchtliche Fehler; eben ſo wenig empfiehlt ſich
die Anlage des Gartens. Dagegen uͤbertrifft das neue Schloß Caſerta, deſſen
Plan der roͤmiſche Architect, Vanvitelli angegeben, alle italiaͤniſchen an Regel-
maͤßigkeit, Schoͤnheit und Groͤße. Es hat die Form eines laͤnglichen Vierecks,
deſſen Vorder- und Hinterſcite 731 Fuß, und die beyden andern 569 Fuß lang

ſind;
*) Die beſten Proſpecte dieſes Gartens
findet man auf 29 Blaͤttern von Venturini
geſtochen unter dem Titel: Fontane del
Giardino Eſtenſe in Tivoli co’ loro pro-
ſpetti e colla Cascata del Fiume Aniene.
**) Hier verdient noch dieſes Werk eine
Anzeige: Delle Ville e de’ piu notabili
monumenti antichi della città e del ter-
ritorio di Tivoli, nuove ricerche di Ste-
fano Cabral e fauſto del Rè etc. 8. 1779.
In Romá da Benedetto Settari.
Der
Artikel von den alten Villen zu Tivoli iſt
in dieſem Buch das Wichtigſte und aus ei-
[Spaltenumbruch] nem hoͤchſt ſeltenen Werke genommen, naͤm-
lich aus einer Handſchrift von einer voll-
ſtaͤndigen Geſchichte von Tivoli, die ſich
in der Barberiniſchen Bibliothek befindet,
wohin ſie der Kardinal Francesco Barbe-
rino, Gouverneur dieſer Stadt, 1632 brin-
gen ließ.
***) Volkmanns Nachrichten von Italien
2ter B. Giardini di Roma da G. B. Falda,
21 Blaͤtter; ſie befinden ſich auch in Volk-
manns neuer Ausgabe von Sandrats
ſaͤmmtlichen Werken.
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[248/0256] Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, Die Fontainen und Waſſerkuͤnſte, die ſo zahlreich ſind, verlieren ſich auch hier in das Unnatuͤrliche und Geſchmackloſe. *) Der Garten der Villa Aldobrandini hat nicht ſo viel dunkelgruͤne Baͤume, als die uͤbrigen Gaͤrten dieſes Landes, und daher ein mehr muntres und friſches An- ſehen. Die Alleen von Platanen verbreiten indeſſen ihren vortrefflichen Schatten, und die Springbrunnen und Waſſerfaͤlle ſind mit mehr Geſchmack, als ſonſt gewoͤhn- lich iſt, angeordnet. Von den Terraſſen genießt man eine reizende Ausſicht uͤber die Ebenen bis an das mittellaͤndiſche Meer, worauf man bey hellem Wetter die Schiffe ſegeln ſieht. Dieſe letzten Villen liegen in den merkwuͤrdigen Gegenden von Tivoli und Fraſcati, die ſchon zu den Zeiten der alten Roͤmer mit Landſitzen bereichert wa- ren. **) Doch ziehen die heutigen Roͤmer mehr den Aufenthalt von Fraſcati vor, bey welcher Stadt viele Gaͤrten in einer angenehmen Lage erſcheinen. Uebri- gens iſt bekannt, daß die Villen in und um Rom als Magazine der Alterthuͤmer beruͤhmt ſind, und daß dieſe Schaͤtze nicht ſelten ihr vornehmſtes Verdienſt aus- machen. ***) 4. Das koͤnigliche Luſtſchloß Portici bey Neapel iſt von keiner merkwuͤrdigen Baukunſt, ſondern hat vielmehr betraͤchtliche Fehler; eben ſo wenig empfiehlt ſich die Anlage des Gartens. Dagegen uͤbertrifft das neue Schloß Caſerta, deſſen Plan der roͤmiſche Architect, Vanvitelli angegeben, alle italiaͤniſchen an Regel- maͤßigkeit, Schoͤnheit und Groͤße. Es hat die Form eines laͤnglichen Vierecks, deſſen Vorder- und Hinterſcite 731 Fuß, und die beyden andern 569 Fuß lang ſind; *) Die beſten Proſpecte dieſes Gartens findet man auf 29 Blaͤttern von Venturini geſtochen unter dem Titel: Fontane del Giardino Eſtenſe in Tivoli co’ loro pro- ſpetti e colla Cascata del Fiume Aniene. **) Hier verdient noch dieſes Werk eine Anzeige: Delle Ville e de’ piu notabili monumenti antichi della città e del ter- ritorio di Tivoli, nuove ricerche di Ste- fano Cabral e fauſto del Rè etc. 8. 1779. In Romá da Benedetto Settari. Der Artikel von den alten Villen zu Tivoli iſt in dieſem Buch das Wichtigſte und aus ei- nem hoͤchſt ſeltenen Werke genommen, naͤm- lich aus einer Handſchrift von einer voll- ſtaͤndigen Geſchichte von Tivoli, die ſich in der Barberiniſchen Bibliothek befindet, wohin ſie der Kardinal Francesco Barbe- rino, Gouverneur dieſer Stadt, 1632 brin- gen ließ. ***) Volkmanns Nachrichten von Italien 2ter B. Giardini di Roma da G. B. Falda, 21 Blaͤtter; ſie befinden ſich auch in Volk- manns neuer Ausgabe von Sandrats ſaͤmmtlichen Werken.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/256>, abgerufen am 28.03.2024.