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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.

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boren? Ein tobend Schlachtross oder eine Mähre, die das Ohr hängt, was ist edler?

Lieber! es war eine Zeit, da auch meine Brust an grossen Hoffnungen sich sonnte, da auch mir die Freude der Unsterblichkeit in allen Pulsen schlug, da ich wandelt' unter herrlichen Entwürfen, wie in weiter Wäldernacht, da ich glüklich, wie die Fische des Oceans, in meiner uferlosen Zukunft weiter, ewig weiter drang.

Wie muthig, selige Natur! entsprang der Jüngling deiner Wiege! wie freut er sich in seiner unversuchten Rüstung! Sein Bogen war gespannt und seine Pfeile rauschten im Köcher, und die Unsterblichen, die hohen Geister des Alterthums führten ihn an, und sein Adamas war mitten unter ihnen.

Wo ich gieng und stand, geleiteten mich die herrlichen Gestalten; wie Flammen, verloren sich in meinem Sinne die Thaten aller Zeiten in einander, und wie in Ein frolokend Gewitter die Riesenbilder, die Wolken des Himmels sich vereinen, so vereinten sich, so wurden Ein unendlicher Sieg in mir die hundertfältigen Siege der Olympiaden.

Wer hält das aus, wen reisst die schrökende Herrlichkeit des Altertums nicht um,

boren? Ein tobend Schlachtross oder eine Mähre, die das Ohr hängt, was ist edler?

Lieber! es war eine Zeit, da auch meine Brust an grossen Hoffnungen sich sonnte, da auch mir die Freude der Unsterblichkeit in allen Pulsen schlug, da ich wandelt’ unter herrlichen Entwürfen, wie in weiter Wäldernacht, da ich glüklich, wie die Fische des Oceans, in meiner uferlosen Zukunft weiter, ewig weiter drang.

Wie muthig, selige Natur! entsprang der Jüngling deiner Wiege! wie freut er sich in seiner unversuchten Rüstung! Sein Bogen war gespannt und seine Pfeile rauschten im Köcher, und die Unsterblichen, die hohen Geister des Alterthums führten ihn an, und sein Adamas war mitten unter ihnen.

Wo ich gieng und stand, geleiteten mich die herrlichen Gestalten; wie Flammen, verloren sich in meinem Sinne die Thaten aller Zeiten in einander, und wie in Ein frolokend Gewitter die Riesenbilder, die Wolken des Himmels sich vereinen, so vereinten sich, so wurden Ein unendlicher Sieg in mir die hundertfältigen Siege der Olympiaden.

Wer hält das aus, wen reisst die schrökende Herrlichkeit des Altertums nicht um,

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[0034] boren? Ein tobend Schlachtross oder eine Mähre, die das Ohr hängt, was ist edler? Lieber! es war eine Zeit, da auch meine Brust an grossen Hoffnungen sich sonnte, da auch mir die Freude der Unsterblichkeit in allen Pulsen schlug, da ich wandelt’ unter herrlichen Entwürfen, wie in weiter Wäldernacht, da ich glüklich, wie die Fische des Oceans, in meiner uferlosen Zukunft weiter, ewig weiter drang. Wie muthig, selige Natur! entsprang der Jüngling deiner Wiege! wie freut er sich in seiner unversuchten Rüstung! Sein Bogen war gespannt und seine Pfeile rauschten im Köcher, und die Unsterblichen, die hohen Geister des Alterthums führten ihn an, und sein Adamas war mitten unter ihnen. Wo ich gieng und stand, geleiteten mich die herrlichen Gestalten; wie Flammen, verloren sich in meinem Sinne die Thaten aller Zeiten in einander, und wie in Ein frolokend Gewitter die Riesenbilder, die Wolken des Himmels sich vereinen, so vereinten sich, so wurden Ein unendlicher Sieg in mir die hundertfältigen Siege der Olympiaden. Wer hält das aus, wen reisst die schrökende Herrlichkeit des Altertums nicht um,

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/34>, abgerufen am 28.03.2024.