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Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1840.

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Breslauer Schillerfest 10. Nov. 1839.
Ich habe einst die Philister leben lassen,
Aber ich müsste jetzt das Leben hassen
Und die Sonn und den Regen, die die Reben nähren
Und uns das Schönre zum Leben gewähren --
Sollt' ich mich zu solchen Dingen zwingen
Und ein Lob den Philisterlingen bringen.
Ich will nicht beehren mit einem Tropfen die Tröpfe
Und werf' ihnen lieber den Pfropfen an die Köpfe.
Doch will ich heute herauf beschwören
Was unter Schillers Denkmal liegt wie im Grabe,
Ich will es zu meiner eigenen Schande hören,
Wie ich damals die Philister bedichtet habe:
"Es leben die Philister,
Ihre Gevattern und ihre Geschwister!
Die Poetenverachter,
Monetenbetrachter,
Die Luchser, die Muckser,
Die Pfennigfuchser,
Die Mucker und Achselzucker,
Die Agio- und Taxenkucker,
Die Linsenleser
Und Zinsenzähler,
Breslauer Schillerfeſt 10. Nov. 1839.
Ich habe einſt die Philiſter leben laſſen,
Aber ich müſſte jetzt das Leben haſſen
Und die Sonn und den Regen, die die Reben nähren
Und uns das Schönre zum Leben gewähren —
Sollt' ich mich zu ſolchen Dingen zwingen
Und ein Lob den Philiſterlingen bringen.
Ich will nicht beehren mit einem Tropfen die Tröpfe
Und werf' ihnen lieber den Pfropfen an die Köpfe.
Doch will ich heute herauf beſchwören
Was unter Schillers Denkmal liegt wie im Grabe,
Ich will es zu meiner eigenen Schande hören,
Wie ich damals die Philiſter bedichtet habe:
„Es leben die Philiſter,
Ihre Gevattern und ihre Geſchwiſter!
Die Poetenverachter,
Monetenbetrachter,
Die Luchſer, die Muckſer,
Die Pfennigfuchſer,
Die Mucker und Achſelzucker,
Die Agio- und Taxenkucker,
Die Linſenleſer
Und Zinſenzähler,
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[201/0219] Breslauer Schillerfeſt 10. Nov. 1839. Ich habe einſt die Philiſter leben laſſen, Aber ich müſſte jetzt das Leben haſſen Und die Sonn und den Regen, die die Reben nähren Und uns das Schönre zum Leben gewähren — Sollt' ich mich zu ſolchen Dingen zwingen Und ein Lob den Philiſterlingen bringen. Ich will nicht beehren mit einem Tropfen die Tröpfe Und werf' ihnen lieber den Pfropfen an die Köpfe. Doch will ich heute herauf beſchwören Was unter Schillers Denkmal liegt wie im Grabe, Ich will es zu meiner eigenen Schande hören, Wie ich damals die Philiſter bedichtet habe: „Es leben die Philiſter, Ihre Gevattern und ihre Geſchwiſter! Die Poetenverachter, Monetenbetrachter, Die Luchſer, die Muckſer, Die Pfennigfuchſer, Die Mucker und Achſelzucker, Die Agio- und Taxenkucker, Die Linſenleſer Und Zinſenzähler,

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Zitationshilfe: Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1840, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_unpolitische01_1840/219>, abgerufen am 25.04.2024.