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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] Säcklein hinein hängen/ darzu absonderlich an einem
Band ohngefähr 4 Pfund ungesaltzenen Speck/ das
Säcklein aber/ wann sich der Wein um Ostern oder
Pfingsten zur Arbeit ereignen solte/ muß man etlichemal
wol austrucken/ so benimmt es ihm das Sausen/ und
bleibt süsse/ hat man aber einen verarbeiteten sauren
[Spaltenumbruch] Wein/ er sey jung oder alt/ soll man unter 10 Eimer
anderthalb oder gar zween Eimer von diesem süssen
Wein mischen/ so wird er lieblich zu trincken. Diß Stuck
ist mir von einem guten Freunde für bewährt communi-
ci
rt worden.

Cap. XLII.
Vom rothen Wein.
[Spaltenumbruch]

UNter denen Oesterreichischen rothen Weinen/ ist
der berühmteste und bekanteste der Freyndörffer/
(welches Gebürge zwischen Tulbing und St.
Pölten ligt) der weit verführt/ und allenthalben vor an-
dern den Preiß hat; Sonst sind die andern meistentheils
spöhre und ringe Wein/ die allein im Sommer zu trin-
cken/ und nicht so hoch als die weissen geachtet werden;
Man presst sie allein/ geben sonst dem weissen Most eine
unangenehme schilchete Farbe/ deren man wenig achtet;
Er lässet sich auch nicht so gerne abziehen/ und verdirbt
leichtlich/ wann er lang ohne Läger ligen solle.

Etliche sind der Meynung/ wann der Maisch (das
ist Most und Bälge) beysammen bleibt/ ehe er ausge-
presst wird/ so soll der Wein desto röther werden.

Jnsgemein glaubt der Pövel/ der rohte Wein küh-
le/ aber sie sollen wissen/ daß es ein sehr geringer Unter-
scheid/ wann er hell und Rubin-roth ist/ nehret er wol/
gebieret ein gutes Geblüt; ist er aber dick/ so belästigt er
den Magen/ schadet dem Miltz und der Leber/ die greif-
fen zwar das Haubt mit ihren trunckenmachenden Däm-
pfen weniger an/ als die weissen/ aber wann sie es ein-
nehmen/ so verdünsten sie auch langsamer. Galenus be-
zeugt/ er habe selbst gesehen/ daß die Fechter und Ringer
zu Vermehr- und Stärckung ihrer Kräfften sich des ro-
then Weins/ mit guter Wirckung bedienet haben; Für
junge Leute ist er tauglicher/ als für die Alten/ bey wel-
chen er aus Verminderung der natürlichen Wärme/ den
Stein/ und Verstopffung der Nieren ursachet.

Hippocrates aber lobt den schwartzen rothen Wein/
als den besten; AEgineta will/ der rothe Wein nähre
besser als der weisse; es sey aber/ wie ihm wolle/ so ist
[Spaltenumbruch] doch der rothe Wein gelobt zu trincken/ im Schwindeln/
Zittern der Glieder/ im Blutspeyen/ zu allen Ruhren/
in der Hectica, für Schlangen-Gifft und andere Zu-
fälle/ so künstlen auch etliche/ denen diese Farbe gefäl-
lig/ den Wein also roth/ oder noch röther zu machen/
wann sie zeitige gedörrte Weinschärling/ oder baccas
berberis
in einem saubern Säcklein/ oder gedörrte Klap-
perrosen-Blumen hinein hängen.

Andere nehmen Weichsel/ pressen sie/ thun sie in ein
Most-Fäßlein/ lassens vergieren/ so soll der rothe Wein
noch röther werden.

Theils machens also: Sie nehmen ein kleines Fäß-
lein/ wie man sonst zum Senf braucht/ füllens mit gu-
ten frischen Weichseln ohne Kern/ und mit Malvasier/
und mit einem Quintel geläuterten Hönig/ 1 Loth Zu-
cker/ 1 Loth Zuckerkandi/ item Nägelein/ Muscatnüß
und Zimmetrinden jedes ein Loth/ alles gepulvert/ und
ins Fäßlein gethan/ eine Stundlang auf den Heerd/ auf
einen warmen Stein gesetzt/ und wanns vergoren hat/
setzt mans in einen Keller/ daß es kalt werde/ hernach
wirds in einem Durchschlag durchgetrieben/ in einer
Stuben getrocknet/ und Kügelein wie die Erbsen daraus
gemacht; wann man eins in ein Kandel Wein wirfft/ so
wird er schön roth und gut.

Man findet sonst auch von dieser Sachen seltzame
Künste/ als von gedörrten Hechten-Blut/ Tornesol
und andern/ die theils unsauber/ theilsaber unangenehm/
die billich zu unterlassen; und wann ja der Fürwitz was
zu versuchen verlangt/ kans mit guten und gesunden Mit-
teln geschehen.

Cap. XLIII.
Vom weissen Wein.
[Spaltenumbruch]

DEr bequemeste/ gemeineste und gesundeste Tranck
in Oesterreich/ wann er mässiglich und mit Be-
scheidenhein gebraucht wird/ ist der weisse Wein/
der hell/ Citronfarb/ licht/ doch auf Cristall sich lenckend/
durchsichtig/ vom natürlichen guten Wein-Geschmack/
und von mittelmässiger Stärcke ist; der gesündeste wird
dieser gehalten/ der in solchen Weingebürgen wächset/
die nicht gedunget sind; aber diß wird an wenig Orten
zu finden seyn/ wann er nur sonst klar/ und am Ge-
schmack und Geruch unverwerfflich ist/ mag man ihn
schon passiren lassen.

Die Araber (laut Herrn Carrichters Erzehlung)
geben ihm folgende Tugenden/ er bessere die Däuung/
treibe den Harn/ gebähre schöne Farb/ bring einen gu-
ten Geruch/ stärcke die Natur/ erquicke das Gemüth
[Spaltenumbruch] und Geblüt/ erwecke die Hoffnung/ mache den Men-
schen kühn und starck/ mache daß man der Traurigkeit
zum theil vergesse.

Die Medici hin und wieder bezeugen/ daß er den
Magen erwärme und stärcke/ das Hirn mit reinen Le-
bens-Geistern erfülle/ das abnehmende Gesichte be-
kräfftige/ den Schlaf befördere/ das Hertz mit natür-
lichen lauen Dünsten erfreue/ in Ohnmachten das leb-
haffte Geblüt wiederbringe/ zum erharteten Miltz und
Melancholie diene/ dem Gifft wiederstehe/ etliche trin-
cken zwar den alten Wein/ und halten ihn der Gesund-
heit am fürträglichsten. Der gelehrte Bolognesische Me-
dicus
aber/ Balthasar Pisanelli will/ aetate annum,
vinum album non excedat,
er soll nicht älter/ als eines

Jahrs

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] Saͤcklein hinein haͤngen/ darzu abſonderlich an einem
Band ohngefaͤhr 4 Pfund ungeſaltzenen Speck/ das
Saͤcklein aber/ wann ſich der Wein um Oſtern oder
Pfingſten zur Arbeit ereignen ſolte/ muß man etlichemal
wol austrucken/ ſo benimmt es ihm das Sauſen/ und
bleibt ſuͤſſe/ hat man aber einen verarbeiteten ſauren
[Spaltenumbruch] Wein/ er ſey jung oder alt/ ſoll man unter 10 Eimer
anderthalb oder gar zween Eimer von dieſem ſuͤſſen
Wein miſchen/ ſo wird er lieblich zu trincken. Diß Stuck
iſt mir von einem guten Freunde fuͤr bewaͤhrt communi-
ci
rt worden.

Cap. XLII.
Vom rothen Wein.
[Spaltenumbruch]

UNter denen Oeſterreichiſchen rothen Weinen/ iſt
der beruͤhmteſte und bekanteſte der Freyndoͤrffer/
(welches Gebuͤrge zwiſchen Tulbing und St.
Poͤlten ligt) der weit verfuͤhrt/ und allenthalben vor an-
dern den Preiß hat; Sonſt ſind die andern meiſtentheils
ſpoͤhre und ringe Wein/ die allein im Sommer zu trin-
cken/ und nicht ſo hoch als die weiſſen geachtet werden;
Man preſſt ſie allein/ geben ſonſt dem weiſſen Moſt eine
unangenehme ſchilchete Farbe/ deren man wenig achtet;
Er laͤſſet ſich auch nicht ſo gerne abziehen/ und verdirbt
leichtlich/ wann er lang ohne Laͤger ligen ſolle.

Etliche ſind der Meynung/ wann der Maiſch (das
iſt Moſt und Baͤlge) beyſammen bleibt/ ehe er ausge-
preſſt wird/ ſo ſoll der Wein deſto roͤther werden.

Jnsgemein glaubt der Poͤvel/ der rohte Wein kuͤh-
le/ aber ſie ſollen wiſſen/ daß es ein ſehr geringer Unter-
ſcheid/ wann er hell und Rubin-roth iſt/ nehret er wol/
gebieret ein gutes Gebluͤt; iſt er aber dick/ ſo belaͤſtigt er
den Magen/ ſchadet dem Miltz und der Leber/ die greif-
fen zwar das Haubt mit ihren trunckenmachenden Daͤm-
pfen weniger an/ als die weiſſen/ aber wann ſie es ein-
nehmen/ ſo verduͤnſten ſie auch langſamer. Galenus be-
zeugt/ er habe ſelbſt geſehen/ daß die Fechter und Ringer
zu Vermehr- und Staͤrckung ihrer Kraͤfften ſich des ro-
then Weins/ mit guter Wirckung bedienet haben; Fuͤr
junge Leute iſt er tauglicher/ als fuͤr die Alten/ bey wel-
chen er aus Verminderung der natuͤrlichen Waͤrme/ den
Stein/ und Verſtopffung der Nieren urſachet.

Hippocrates aber lobt den ſchwartzen rothen Wein/
als den beſten; Ægineta will/ der rothe Wein naͤhre
beſſer als der weiſſe; es ſey aber/ wie ihm wolle/ ſo iſt
[Spaltenumbruch] doch der rothe Wein gelobt zu trincken/ im Schwindeln/
Zittern der Glieder/ im Blutſpeyen/ zu allen Ruhren/
in der Hectica, fuͤr Schlangen-Gifft und andere Zu-
faͤlle/ ſo kuͤnſtlen auch etliche/ denen dieſe Farbe gefaͤl-
lig/ den Wein alſo roth/ oder noch roͤther zu machen/
wann ſie zeitige gedoͤrrte Weinſchaͤrling/ oder baccas
berberis
in einem ſaubern Saͤcklein/ oder gedoͤrrte Klap-
perroſen-Blumen hinein haͤngen.

Andere nehmen Weichſel/ preſſen ſie/ thun ſie in ein
Moſt-Faͤßlein/ laſſens vergieren/ ſo ſoll der rothe Wein
noch roͤther werden.

Theils machens alſo: Sie nehmen ein kleines Faͤß-
lein/ wie man ſonſt zum Senf braucht/ fuͤllens mit gu-
ten friſchen Weichſeln ohne Kern/ und mit Malvaſier/
und mit einem Quintel gelaͤuterten Hoͤnig/ 1 Loth Zu-
cker/ 1 Loth Zuckerkandi/ item Naͤgelein/ Muſcatnuͤß
und Zimmetrinden jedes ein Loth/ alles gepulvert/ und
ins Faͤßlein gethan/ eine Stundlang auf den Heerd/ auf
einen warmen Stein geſetzt/ und wanns vergoren hat/
ſetzt mans in einen Keller/ daß es kalt werde/ hernach
wirds in einem Durchſchlag durchgetrieben/ in einer
Stuben getrocknet/ und Kuͤgelein wie die Erbſen daraus
gemacht; wann man eins in ein Kandel Wein wirfft/ ſo
wird er ſchoͤn roth und gut.

Man findet ſonſt auch von dieſer Sachen ſeltzame
Kuͤnſte/ als von gedoͤrrten Hechten-Blut/ Torneſol
und andern/ die theils unſauber/ theilsaber unangenehm/
die billich zu unterlaſſen; und wann ja der Fuͤrwitz was
zu verſuchen verlangt/ kans mit guten und geſunden Mit-
teln geſchehen.

Cap. XLIII.
Vom weiſſen Wein.
[Spaltenumbruch]

DEr bequemeſte/ gemeineſte und geſundeſte Tranck
in Oeſterreich/ wann er maͤſſiglich und mit Be-
ſcheidenhein gebraucht wird/ iſt der weiſſe Wein/
der hell/ Citronfarb/ licht/ doch auf Criſtall ſich lenckend/
durchſichtig/ vom natuͤrlichen guten Wein-Geſchmack/
und von mittelmaͤſſiger Staͤrcke iſt; der geſuͤndeſte wird
dieſer gehalten/ der in ſolchen Weingebuͤrgen waͤchſet/
die nicht gedunget ſind; aber diß wird an wenig Orten
zu finden ſeyn/ wann er nur ſonſt klar/ und am Ge-
ſchmack und Geruch unverwerfflich iſt/ mag man ihn
ſchon paſſiren laſſen.

Die Araber (laut Herrn Carrichters Erzehlung)
geben ihm folgende Tugenden/ er beſſere die Daͤuung/
treibe den Harn/ gebaͤhre ſchoͤne Farb/ bring einen gu-
ten Geruch/ ſtaͤrcke die Natur/ erquicke das Gemuͤth
[Spaltenumbruch] und Gebluͤt/ erwecke die Hoffnung/ mache den Men-
ſchen kuͤhn und ſtarck/ mache daß man der Traurigkeit
zum theil vergeſſe.

Die Medici hin und wieder bezeugen/ daß er den
Magen erwaͤrme und ſtaͤrcke/ das Hirn mit reinen Le-
bens-Geiſtern erfuͤlle/ das abnehmende Geſichte be-
kraͤfftige/ den Schlaf befoͤrdere/ das Hertz mit natuͤr-
lichen lauen Duͤnſten erfreue/ in Ohnmachten das leb-
haffte Gebluͤt wiederbringe/ zum erharteten Miltz und
Melancholie diene/ dem Gifft wiederſtehe/ etliche trin-
cken zwar den alten Wein/ und halten ihn der Geſund-
heit am fuͤrtraͤglichſten. Der gelehrte Bologneſiſche Me-
dicus
aber/ Balthaſar Piſanelli will/ ætate annum,
vinum album non excedat,
er ſoll nicht aͤlter/ als eines

Jahrs
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[366/0384] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens Saͤcklein hinein haͤngen/ darzu abſonderlich an einem Band ohngefaͤhr 4 Pfund ungeſaltzenen Speck/ das Saͤcklein aber/ wann ſich der Wein um Oſtern oder Pfingſten zur Arbeit ereignen ſolte/ muß man etlichemal wol austrucken/ ſo benimmt es ihm das Sauſen/ und bleibt ſuͤſſe/ hat man aber einen verarbeiteten ſauren Wein/ er ſey jung oder alt/ ſoll man unter 10 Eimer anderthalb oder gar zween Eimer von dieſem ſuͤſſen Wein miſchen/ ſo wird er lieblich zu trincken. Diß Stuck iſt mir von einem guten Freunde fuͤr bewaͤhrt communi- cirt worden. Cap. XLII. Vom rothen Wein. UNter denen Oeſterreichiſchen rothen Weinen/ iſt der beruͤhmteſte und bekanteſte der Freyndoͤrffer/ (welches Gebuͤrge zwiſchen Tulbing und St. Poͤlten ligt) der weit verfuͤhrt/ und allenthalben vor an- dern den Preiß hat; Sonſt ſind die andern meiſtentheils ſpoͤhre und ringe Wein/ die allein im Sommer zu trin- cken/ und nicht ſo hoch als die weiſſen geachtet werden; Man preſſt ſie allein/ geben ſonſt dem weiſſen Moſt eine unangenehme ſchilchete Farbe/ deren man wenig achtet; Er laͤſſet ſich auch nicht ſo gerne abziehen/ und verdirbt leichtlich/ wann er lang ohne Laͤger ligen ſolle. Etliche ſind der Meynung/ wann der Maiſch (das iſt Moſt und Baͤlge) beyſammen bleibt/ ehe er ausge- preſſt wird/ ſo ſoll der Wein deſto roͤther werden. Jnsgemein glaubt der Poͤvel/ der rohte Wein kuͤh- le/ aber ſie ſollen wiſſen/ daß es ein ſehr geringer Unter- ſcheid/ wann er hell und Rubin-roth iſt/ nehret er wol/ gebieret ein gutes Gebluͤt; iſt er aber dick/ ſo belaͤſtigt er den Magen/ ſchadet dem Miltz und der Leber/ die greif- fen zwar das Haubt mit ihren trunckenmachenden Daͤm- pfen weniger an/ als die weiſſen/ aber wann ſie es ein- nehmen/ ſo verduͤnſten ſie auch langſamer. Galenus be- zeugt/ er habe ſelbſt geſehen/ daß die Fechter und Ringer zu Vermehr- und Staͤrckung ihrer Kraͤfften ſich des ro- then Weins/ mit guter Wirckung bedienet haben; Fuͤr junge Leute iſt er tauglicher/ als fuͤr die Alten/ bey wel- chen er aus Verminderung der natuͤrlichen Waͤrme/ den Stein/ und Verſtopffung der Nieren urſachet. Hippocrates aber lobt den ſchwartzen rothen Wein/ als den beſten; Ægineta will/ der rothe Wein naͤhre beſſer als der weiſſe; es ſey aber/ wie ihm wolle/ ſo iſt doch der rothe Wein gelobt zu trincken/ im Schwindeln/ Zittern der Glieder/ im Blutſpeyen/ zu allen Ruhren/ in der Hectica, fuͤr Schlangen-Gifft und andere Zu- faͤlle/ ſo kuͤnſtlen auch etliche/ denen dieſe Farbe gefaͤl- lig/ den Wein alſo roth/ oder noch roͤther zu machen/ wann ſie zeitige gedoͤrrte Weinſchaͤrling/ oder baccas berberis in einem ſaubern Saͤcklein/ oder gedoͤrrte Klap- perroſen-Blumen hinein haͤngen. Andere nehmen Weichſel/ preſſen ſie/ thun ſie in ein Moſt-Faͤßlein/ laſſens vergieren/ ſo ſoll der rothe Wein noch roͤther werden. Theils machens alſo: Sie nehmen ein kleines Faͤß- lein/ wie man ſonſt zum Senf braucht/ fuͤllens mit gu- ten friſchen Weichſeln ohne Kern/ und mit Malvaſier/ und mit einem Quintel gelaͤuterten Hoͤnig/ 1 Loth Zu- cker/ 1 Loth Zuckerkandi/ item Naͤgelein/ Muſcatnuͤß und Zimmetrinden jedes ein Loth/ alles gepulvert/ und ins Faͤßlein gethan/ eine Stundlang auf den Heerd/ auf einen warmen Stein geſetzt/ und wanns vergoren hat/ ſetzt mans in einen Keller/ daß es kalt werde/ hernach wirds in einem Durchſchlag durchgetrieben/ in einer Stuben getrocknet/ und Kuͤgelein wie die Erbſen daraus gemacht; wann man eins in ein Kandel Wein wirfft/ ſo wird er ſchoͤn roth und gut. Man findet ſonſt auch von dieſer Sachen ſeltzame Kuͤnſte/ als von gedoͤrrten Hechten-Blut/ Torneſol und andern/ die theils unſauber/ theilsaber unangenehm/ die billich zu unterlaſſen; und wann ja der Fuͤrwitz was zu verſuchen verlangt/ kans mit guten und geſunden Mit- teln geſchehen. Cap. XLIII. Vom weiſſen Wein. DEr bequemeſte/ gemeineſte und geſundeſte Tranck in Oeſterreich/ wann er maͤſſiglich und mit Be- ſcheidenhein gebraucht wird/ iſt der weiſſe Wein/ der hell/ Citronfarb/ licht/ doch auf Criſtall ſich lenckend/ durchſichtig/ vom natuͤrlichen guten Wein-Geſchmack/ und von mittelmaͤſſiger Staͤrcke iſt; der geſuͤndeſte wird dieſer gehalten/ der in ſolchen Weingebuͤrgen waͤchſet/ die nicht gedunget ſind; aber diß wird an wenig Orten zu finden ſeyn/ wann er nur ſonſt klar/ und am Ge- ſchmack und Geruch unverwerfflich iſt/ mag man ihn ſchon paſſiren laſſen. Die Araber (laut Herrn Carrichters Erzehlung) geben ihm folgende Tugenden/ er beſſere die Daͤuung/ treibe den Harn/ gebaͤhre ſchoͤne Farb/ bring einen gu- ten Geruch/ ſtaͤrcke die Natur/ erquicke das Gemuͤth und Gebluͤt/ erwecke die Hoffnung/ mache den Men- ſchen kuͤhn und ſtarck/ mache daß man der Traurigkeit zum theil vergeſſe. Die Medici hin und wieder bezeugen/ daß er den Magen erwaͤrme und ſtaͤrcke/ das Hirn mit reinen Le- bens-Geiſtern erfuͤlle/ das abnehmende Geſichte be- kraͤfftige/ den Schlaf befoͤrdere/ das Hertz mit natuͤr- lichen lauen Duͤnſten erfreue/ in Ohnmachten das leb- haffte Gebluͤt wiederbringe/ zum erharteten Miltz und Melancholie diene/ dem Gifft wiederſtehe/ etliche trin- cken zwar den alten Wein/ und halten ihn der Geſund- heit am fuͤrtraͤglichſten. Der gelehrte Bologneſiſche Me- dicus aber/ Balthaſar Piſanelli will/ ætate annum, vinum album non excedat, er ſoll nicht aͤlter/ als eines Jahrs

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/384>, abgerufen am 19.04.2024.