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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Siebendes Buch/ Ackerbau.
[Spaltenumbruch] eigentlich abwiget/ nicht allein eines nachlässigen Haus-
vatters/ sondern auch der Landsfürstl. Obrigkeit/ des
Grundherrns/ des Eigenthumers selbst und seiner Er-
ben und Creditoren Nachtheil und Schaden. Dem
allen vorzukommen/ mit gebührlicher Anthung und Bes-
serungs-Mitteln/ so wol Christlich als löblich ist. Da-
her nicht unbillig der dapffere König Masinissa bey
Valerio Maximo ein sonderliches Lob erworben/ und
ihm Zeugnis gegeben wird/ weil er das Königreich
Numidien schlecht und arm empfangen/ und solches
trächtig/ fruchtbar und an allerhand Früchten gesegnet
verlassen hat. Und der weise Gesetzgeber Lycurgus
hat seinen Burgern alle Gründe gleich ausgetheilt/ da-
mit diese Gleichheit der Güter/ auch zu einer fleissigen
Gleichheit des Ackerbaues sie bewegen solte. Und da-
fern einer aus Halsstarrigkeit und Faulheit seinen Grün-
den nicht wol fürstehen/ und solche im Abbau kommen
lassen würde/ solten nicht allein diese Gründe einem
andern/ sondern auch der vorige faule Besitzer vor allen
Dingen dem Fremden/ der sie kauffen würde/ zum Scla-
ven und leibeignen Knecht mit samt den Gütern über-
antwortet werden. Welche Schärffe manchen gezwun-
gen hat zu arbeiten/ der es ohne diß sonst wol hätte
bleiben lassen.

Die Ursachen aber dieser Kranckheit sind nunmehr
so tieff eingewurtzelt/ daß es fast unmöglich duncket/
solche auszureuten; will jetzo nichts melden/ daß der
alte Varro diesem die Schuld gegeben/ daß die Haus-
vätter sich in die Städte begeben/ Pflug und Sicheln
daraussen lassen/ mehr bey den Weinschencken und auf
dem Dantzboden/ als in Korn-Feldern und Weinber-
gen arbeiten/ durch allerley Fürwitz/ Bäder/ köstliche
theure Speisen/ spielen oder schlaffen den Tag und die
Nacht mit Geilheit/ Trunckenheit und Unordnung
zubringen/ sondern allein dieses andeuten/ daß ich
glaube/ die Verachtung des Bauren-Lebens/ und die
daraus entspriessende Nachlässigkeit und Unverstand/
seyen ein grosser Vorschub zur Verringerung und Abneh-
men des Feldbaues; Denn wer ist/ der sich um ein
Ding hoch bemühen mag/ welches er von den meisten
verächtlich sihet angesehen werden: und worinn man
sich nicht viel bemühet/ und durch Fleiß/ Sorg/ Ersah-
rung höher zu kommen nicht suchet noch verlanget/ daraus
entstehet die verderbliche Nachlässigkeit und Faulheit;
und aus dieser wird der Menschliche Verstand/ gleich wie
ein ungebautes Feld/ mit Dorn und Disteln der Thorheit
und Unwissenheit also verwachsen/ daß man alles ge-
hen lässet/ wie es gehet/ der Alten weisen Meynung
Regel und Ordnungen ausser acht lässet; Zeit/ Gewit-
ter/ Gelegenheit versaumet; und also von seinen Fel-
dern den rechten billichen Wucher/ wie man wol könnte/
nicht aufhebet/ sondern alle Jahr zubüssen/ entlehnen/
und nicht wieder abrichten kan/ daher man auch end-
lich Haus und Hof mit dem Rucken ansehen/ und den
Bettelstab mit Spott und Schaden in die Hand neh-
men muß.

Wie hoch und werth aber der Feldbau bey den
Alten geachtet worden/ geben sowol die H. Schrifft/
als auch andere weltliche Geschichten genugsamen
Unterricht; daß von dem Pflug/ Burgermeister und
Obriste Feldhaubtleute sind abgefordert; Daß Käi-
ser/ Könige und Fürsten sich des Feldbaues befliessen/
dardurch billich diese Handthierung in Hoch- und Wehrt-
[Spaltenumbruch] haltung gebracht/ den gemeinen Mann zur Nachah-
mung angereitzt/ und damit des gemeinen Wesens be-
stes auf das Höchste gebracht haben; viel Exempla an-
zuführen/ habe ich/ Weitläufftigkeit zu vermeiden/ gerne
unterlassen/ und allein dieses sagen wollen/ daß zu
wünschen wäre/ wann die hohe Fürstliche Lands-Obrig-
keiten/ so wol ihren eigenen als den gemeinen Nutzen be-
dencken/ die fleissige und getreue Bauren- und Ackerleu-
te/ (quos Veteres sanctos & inviolabiles dixerunt,
plurimaque Privilegia Impp. iisdem, Teste Cic. con-
cesserunt
) und sonst alle die jenigen/ die wegen guter
Wirthschafft berühmt seynd/ desto wehrter hielten/ mit
Freyheiten und Privilegien begnadeten/ die Nachläs-
sigen aber und Verthulichen desto schärffer ansahen/
und dardurch Jederman zum Fleiß und Arbeit aufmun-
terten und ansporneten. Allermassen die Römer ihre
eigne Censores gehabt/ die dergleichen unwirthliche
Hausvätter vor Gericht citirt/ und da man den Unfleiß auf
sie darthun/ sie aber solchen mit Warheit nicht ableinen
oder entschuldigen können/ mit strenger Obsicht und
Straffe belegt/ und dardurch viel zur Besserung ange-
bracht haben. Romae censorium probrum judica-
batur, agrum male colere aut arare,
sagt Plinius lib.
18. cap.
3.

Und im Land zu Würtenberg werden eigne Leute
von der Obrigkeit bestellt/ die sie Feldstützler nennen/
die werden mit Pflicht und Eyd beladen/ zu allen Or-
ten und Arbeiten/ des Acker- und Weingart-Baues/ zu
gehen/ ob sie zu rechter Zeit recht gebauet/ oder übel
versorgt worden/ dieselben bey sonderlich-gesetzter
Straffe anzuzeigen/ und hierinnen niemanden zu ver-
schonen.

Ehe wir aber zu dem Feld- und Ackerbau schreiten/
wollen wir mit wenigen der Dörffer und derselben ge-
dencken/ die fast allein damit bemühet/ und darzu ge-
braucht werden/ als nemlich der Bauren/ die ihren
Namen vom Anbau der Gründe schöpffen/ und mei-
stens in Dörffern oder einschichtigen Feldgebäuen woh-
nen. Unsere alten Teutschen haben/ nach Taciti Zeug-
niß/ nicht solche Dörffer/ wie jetzund/ da viel Häuser
benachbart stehen/ gehabt/ sondern ist eines jeden
Wohnung und Grunde von dem andern abgesondert
gewesen/ wie es noch an etlichen Orten/ sonder-
lich im Viertel ob Wienerwald in Unter-Oesterreich/
und im Land ob der Ennß die Gewonheit ist. Germa-
ni
(sagt Tacitus) colunt discreti ac diversi, ut sons,
ut Campus, ut Nemus placuit. Vicos locant, non
in nostrum Morem, connexis & cohaerentibus aedi-
ficiis, suam quisque domum spacio circumdat.
Weil
auch unsere Vorfahren meistens den Jagten/ der Vieh-
zucht/ und den Feldern obgelegen/ haben sie wenig
Städte/ und nur Feldwohnungen gehabt/ biß hernach
die Römer ihre Colonias und Vestungen am Rhein/
an der Donau und andern Flüssen aufgerichtet/ denen
hernach die andern Fränckischen Könige/ sonderlich
Carl der Grosse/ und die andern Teutschen Käiser nach-
gefolget/ und wegen der Hunnen und anderer rauberi-
schen Völcker Uberfall/ mehr gelegensame Ort/ Dörf-
fer und Flecken mit Mauren eingefangen/ darinnen die
Unterthanen vom Lande eine Zuflucht und Schutz-
wehr hätten/ sich und ihre Güter zu erretten/ und da-
mals sind die Bürger und Bauren unterschieden/
wiewol der Dörffer Ursprung älter/ und die Städte/

Märckte
B

Siebendes Buch/ Ackerbau.
[Spaltenumbruch] eigentlich abwiget/ nicht allein eines nachlaͤſſigen Haus-
vatters/ ſondern auch der Landsfuͤrſtl. Obrigkeit/ des
Grundherrns/ des Eigenthumers ſelbſt und ſeiner Er-
ben und Creditoren Nachtheil und Schaden. Dem
allen vorzukommen/ mit gebuͤhrlicher Anthung und Beſ-
ſerungs-Mitteln/ ſo wol Chriſtlich als loͤblich iſt. Da-
her nicht unbillig der dapffere Koͤnig Maſiniſſa bey
Valerio Maximo ein ſonderliches Lob erworben/ und
ihm Zeugnis gegeben wird/ weil er das Koͤnigreich
Numidien ſchlecht und arm empfangen/ und ſolches
traͤchtig/ fruchtbar und an allerhand Fruͤchten geſegnet
verlaſſen hat. Und der weiſe Geſetzgeber Lycurgus
hat ſeinen Burgern alle Gruͤnde gleich ausgetheilt/ da-
mit dieſe Gleichheit der Guͤter/ auch zu einer fleiſſigen
Gleichheit des Ackerbaues ſie bewegen ſolte. Und da-
fern einer aus Halsſtarrigkeit und Faulheit ſeinen Gruͤn-
den nicht wol fuͤrſtehen/ und ſolche im Abbau kommen
laſſen wuͤrde/ ſolten nicht allein dieſe Gruͤnde einem
andern/ ſondern auch der vorige faule Beſitzer vor allen
Dingen dem Fremden/ der ſie kauffen wuͤrde/ zum Scla-
ven und leibeignen Knecht mit ſamt den Guͤtern uͤber-
antwortet werden. Welche Schaͤrffe manchen gezwun-
gen hat zu arbeiten/ der es ohne diß ſonſt wol haͤtte
bleiben laſſen.

Die Urſachen aber dieſer Kranckheit ſind nunmehr
ſo tieff eingewurtzelt/ daß es faſt unmoͤglich duncket/
ſolche auszureuten; will jetzo nichts melden/ daß der
alte Varro dieſem die Schuld gegeben/ daß die Haus-
vaͤtter ſich in die Staͤdte begeben/ Pflug und Sicheln
darauſſen laſſen/ mehr bey den Weinſchencken und auf
dem Dantzboden/ als in Korn-Feldern und Weinber-
gen arbeiten/ durch allerley Fuͤrwitz/ Baͤder/ koͤſtliche
theure Speiſen/ ſpielen oder ſchlaffen den Tag und die
Nacht mit Geilheit/ Trunckenheit und Unordnung
zubringen/ ſondern allein dieſes andeuten/ daß ich
glaube/ die Verachtung des Bauren-Lebens/ und die
daraus entſprieſſende Nachlaͤſſigkeit und Unverſtand/
ſeyen ein groſſer Vorſchub zur Verringerung und Abneh-
men des Feldbaues; Denn wer iſt/ der ſich um ein
Ding hoch bemuͤhen mag/ welches er von den meiſten
veraͤchtlich ſihet angeſehen werden: und worinn man
ſich nicht viel bemuͤhet/ und durch Fleiß/ Sorg/ Erſah-
rung hoͤher zu kommen nicht ſuchet noch verlanget/ daraus
entſtehet die verderbliche Nachlaͤſſigkeit und Faulheit;
und aus dieſer wird der Menſchliche Verſtand/ gleich wie
ein ungebautes Feld/ mit Dorn und Diſteln der Thorheit
und Unwiſſenheit alſo verwachſen/ daß man alles ge-
hen laͤſſet/ wie es gehet/ der Alten weiſen Meynung
Regel und Ordnungen auſſer acht laͤſſet; Zeit/ Gewit-
ter/ Gelegenheit verſaumet; und alſo von ſeinen Fel-
dern den rechten billichen Wucher/ wie man wol koͤnnte/
nicht aufhebet/ ſondern alle Jahr zubuͤſſen/ entlehnen/
und nicht wieder abrichten kan/ daher man auch end-
lich Haus und Hof mit dem Rucken anſehen/ und den
Bettelſtab mit Spott und Schaden in die Hand neh-
men muß.

Wie hoch und werth aber der Feldbau bey den
Alten geachtet worden/ geben ſowol die H. Schrifft/
als auch andere weltliche Geſchichten genugſamen
Unterricht; daß von dem Pflug/ Burgermeiſter und
Obriſte Feldhaubtleute ſind abgefordert; Daß Kaͤi-
ſer/ Koͤnige und Fuͤrſten ſich des Feldbaues beflieſſen/
dardurch billich dieſe Handthierung in Hoch- und Wehrt-
[Spaltenumbruch] haltung gebracht/ den gemeinen Mann zur Nachah-
mung angereitzt/ und damit des gemeinen Weſens be-
ſtes auf das Hoͤchſte gebracht haben; viel Exempla an-
zufuͤhren/ habe ich/ Weitlaͤufftigkeit zu vermeiden/ gerne
unterlaſſen/ und allein dieſes ſagen wollen/ daß zu
wuͤnſchen waͤre/ wann die hohe Fuͤrſtliche Lands-Obrig-
keiten/ ſo wol ihren eigenen als den gemeinen Nutzen be-
dencken/ die fleiſſige und getreue Bauren- und Ackerleu-
te/ (quos Veteres ſanctos & inviolabiles dixerunt,
plurimaquè Privilegia Impp. iisdem, Teſte Cic. con-
ceſſerunt
) und ſonſt alle die jenigen/ die wegen guter
Wirthſchafft beruͤhmt ſeynd/ deſto wehrter hielten/ mit
Freyheiten und Privilegien begnadeten/ die Nachlaͤſ-
ſigen aber und Verthulichen deſto ſchaͤrffer anſahen/
und dardurch Jederman zum Fleiß und Arbeit aufmun-
terten und anſporneten. Allermaſſen die Roͤmer ihre
eigne Cenſores gehabt/ die dergleichen unwirthliche
Hausvaͤtter vor Gericht citirt/ uñ da man den Unfleiß auf
ſie darthun/ ſie aber ſolchen mit Warheit nicht ableinen
oder entſchuldigen koͤnnen/ mit ſtrenger Obſicht und
Straffe belegt/ und dardurch viel zur Beſſerung ange-
bracht haben. Romæ cenſorium probrum judica-
batur, agrum malè colere aut arare,
ſagt Plinius lib.
18. cap.
3.

Und im Land zu Wuͤrtenberg werden eigne Leute
von der Obrigkeit beſtellt/ die ſie Feldſtuͤtzler nennen/
die werden mit Pflicht und Eyd beladen/ zu allen Or-
ten und Arbeiten/ des Acker- und Weingart-Baues/ zu
gehen/ ob ſie zu rechter Zeit recht gebauet/ oder uͤbel
verſorgt worden/ dieſelben bey ſonderlich-geſetzter
Straffe anzuzeigen/ und hierinnen niemanden zu ver-
ſchonen.

Ehe wir aber zu dem Feld- und Ackerbau ſchreiten/
wollen wir mit wenigen der Doͤrffer und derſelben ge-
dencken/ die faſt allein damit bemuͤhet/ und darzu ge-
braucht werden/ als nemlich der Bauren/ die ihren
Namen vom Anbau der Gruͤnde ſchoͤpffen/ und mei-
ſtens in Doͤrffern oder einſchichtigen Feldgebaͤuen woh-
nen. Unſere alten Teutſchen haben/ nach Taciti Zeug-
niß/ nicht ſolche Doͤrffer/ wie jetzund/ da viel Haͤuſer
benachbart ſtehen/ gehabt/ ſondern iſt eines jeden
Wohnung und Grunde von dem andern abgeſondert
geweſen/ wie es noch an etlichen Orten/ ſonder-
lich im Viertel ob Wienerwald in Unter-Oeſterreich/
und im Land ob der Ennß die Gewonheit iſt. Germa-
ni
(ſagt Tacitus) colunt diſcreti ac diverſi, ut ſons,
ut Campus, ut Nemus placuit. Vicos locant, non
in noſtrum Morem, connexis & cohærentibus ædi-
ficiis, ſuam quisquè domum ſpacio circumdat.
Weil
auch unſere Vorfahren meiſtens den Jagten/ der Vieh-
zucht/ und den Feldern obgelegen/ haben ſie wenig
Staͤdte/ und nur Feldwohnungen gehabt/ biß hernach
die Roͤmer ihre Colonias und Veſtungen am Rhein/
an der Donau und andern Fluͤſſen aufgerichtet/ denen
hernach die andern Fraͤnckiſchen Koͤnige/ ſonderlich
Carl der Groſſe/ und die andern Teutſchen Kaͤiſer nach-
gefolget/ und wegen der Hunnen und anderer rauberi-
ſchen Voͤlcker Uberfall/ mehr gelegenſame Ort/ Doͤrf-
fer und Flecken mit Mauren eingefangen/ darinnen die
Unterthanen vom Lande eine Zuflucht und Schutz-
wehr haͤtten/ ſich und ihre Guͤter zu erretten/ und da-
mals ſind die Buͤrger und Bauren unterſchieden/
wiewol der Doͤrffer Urſprung aͤlter/ und die Staͤdte/

Maͤrckte
❁ B
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[9/0027] Siebendes Buch/ Ackerbau. eigentlich abwiget/ nicht allein eines nachlaͤſſigen Haus- vatters/ ſondern auch der Landsfuͤrſtl. Obrigkeit/ des Grundherrns/ des Eigenthumers ſelbſt und ſeiner Er- ben und Creditoren Nachtheil und Schaden. Dem allen vorzukommen/ mit gebuͤhrlicher Anthung und Beſ- ſerungs-Mitteln/ ſo wol Chriſtlich als loͤblich iſt. Da- her nicht unbillig der dapffere Koͤnig Maſiniſſa bey Valerio Maximo ein ſonderliches Lob erworben/ und ihm Zeugnis gegeben wird/ weil er das Koͤnigreich Numidien ſchlecht und arm empfangen/ und ſolches traͤchtig/ fruchtbar und an allerhand Fruͤchten geſegnet verlaſſen hat. Und der weiſe Geſetzgeber Lycurgus hat ſeinen Burgern alle Gruͤnde gleich ausgetheilt/ da- mit dieſe Gleichheit der Guͤter/ auch zu einer fleiſſigen Gleichheit des Ackerbaues ſie bewegen ſolte. Und da- fern einer aus Halsſtarrigkeit und Faulheit ſeinen Gruͤn- den nicht wol fuͤrſtehen/ und ſolche im Abbau kommen laſſen wuͤrde/ ſolten nicht allein dieſe Gruͤnde einem andern/ ſondern auch der vorige faule Beſitzer vor allen Dingen dem Fremden/ der ſie kauffen wuͤrde/ zum Scla- ven und leibeignen Knecht mit ſamt den Guͤtern uͤber- antwortet werden. Welche Schaͤrffe manchen gezwun- gen hat zu arbeiten/ der es ohne diß ſonſt wol haͤtte bleiben laſſen. Die Urſachen aber dieſer Kranckheit ſind nunmehr ſo tieff eingewurtzelt/ daß es faſt unmoͤglich duncket/ ſolche auszureuten; will jetzo nichts melden/ daß der alte Varro dieſem die Schuld gegeben/ daß die Haus- vaͤtter ſich in die Staͤdte begeben/ Pflug und Sicheln darauſſen laſſen/ mehr bey den Weinſchencken und auf dem Dantzboden/ als in Korn-Feldern und Weinber- gen arbeiten/ durch allerley Fuͤrwitz/ Baͤder/ koͤſtliche theure Speiſen/ ſpielen oder ſchlaffen den Tag und die Nacht mit Geilheit/ Trunckenheit und Unordnung zubringen/ ſondern allein dieſes andeuten/ daß ich glaube/ die Verachtung des Bauren-Lebens/ und die daraus entſprieſſende Nachlaͤſſigkeit und Unverſtand/ ſeyen ein groſſer Vorſchub zur Verringerung und Abneh- men des Feldbaues; Denn wer iſt/ der ſich um ein Ding hoch bemuͤhen mag/ welches er von den meiſten veraͤchtlich ſihet angeſehen werden: und worinn man ſich nicht viel bemuͤhet/ und durch Fleiß/ Sorg/ Erſah- rung hoͤher zu kommen nicht ſuchet noch verlanget/ daraus entſtehet die verderbliche Nachlaͤſſigkeit und Faulheit; und aus dieſer wird der Menſchliche Verſtand/ gleich wie ein ungebautes Feld/ mit Dorn und Diſteln der Thorheit und Unwiſſenheit alſo verwachſen/ daß man alles ge- hen laͤſſet/ wie es gehet/ der Alten weiſen Meynung Regel und Ordnungen auſſer acht laͤſſet; Zeit/ Gewit- ter/ Gelegenheit verſaumet; und alſo von ſeinen Fel- dern den rechten billichen Wucher/ wie man wol koͤnnte/ nicht aufhebet/ ſondern alle Jahr zubuͤſſen/ entlehnen/ und nicht wieder abrichten kan/ daher man auch end- lich Haus und Hof mit dem Rucken anſehen/ und den Bettelſtab mit Spott und Schaden in die Hand neh- men muß. Wie hoch und werth aber der Feldbau bey den Alten geachtet worden/ geben ſowol die H. Schrifft/ als auch andere weltliche Geſchichten genugſamen Unterricht; daß von dem Pflug/ Burgermeiſter und Obriſte Feldhaubtleute ſind abgefordert; Daß Kaͤi- ſer/ Koͤnige und Fuͤrſten ſich des Feldbaues beflieſſen/ dardurch billich dieſe Handthierung in Hoch- und Wehrt- haltung gebracht/ den gemeinen Mann zur Nachah- mung angereitzt/ und damit des gemeinen Weſens be- ſtes auf das Hoͤchſte gebracht haben; viel Exempla an- zufuͤhren/ habe ich/ Weitlaͤufftigkeit zu vermeiden/ gerne unterlaſſen/ und allein dieſes ſagen wollen/ daß zu wuͤnſchen waͤre/ wann die hohe Fuͤrſtliche Lands-Obrig- keiten/ ſo wol ihren eigenen als den gemeinen Nutzen be- dencken/ die fleiſſige und getreue Bauren- und Ackerleu- te/ (quos Veteres ſanctos & inviolabiles dixerunt, plurimaquè Privilegia Impp. iisdem, Teſte Cic. con- ceſſerunt) und ſonſt alle die jenigen/ die wegen guter Wirthſchafft beruͤhmt ſeynd/ deſto wehrter hielten/ mit Freyheiten und Privilegien begnadeten/ die Nachlaͤſ- ſigen aber und Verthulichen deſto ſchaͤrffer anſahen/ und dardurch Jederman zum Fleiß und Arbeit aufmun- terten und anſporneten. Allermaſſen die Roͤmer ihre eigne Cenſores gehabt/ die dergleichen unwirthliche Hausvaͤtter vor Gericht citirt/ uñ da man den Unfleiß auf ſie darthun/ ſie aber ſolchen mit Warheit nicht ableinen oder entſchuldigen koͤnnen/ mit ſtrenger Obſicht und Straffe belegt/ und dardurch viel zur Beſſerung ange- bracht haben. Romæ cenſorium probrum judica- batur, agrum malè colere aut arare, ſagt Plinius lib. 18. cap. 3. Und im Land zu Wuͤrtenberg werden eigne Leute von der Obrigkeit beſtellt/ die ſie Feldſtuͤtzler nennen/ die werden mit Pflicht und Eyd beladen/ zu allen Or- ten und Arbeiten/ des Acker- und Weingart-Baues/ zu gehen/ ob ſie zu rechter Zeit recht gebauet/ oder uͤbel verſorgt worden/ dieſelben bey ſonderlich-geſetzter Straffe anzuzeigen/ und hierinnen niemanden zu ver- ſchonen. Ehe wir aber zu dem Feld- und Ackerbau ſchreiten/ wollen wir mit wenigen der Doͤrffer und derſelben ge- dencken/ die faſt allein damit bemuͤhet/ und darzu ge- braucht werden/ als nemlich der Bauren/ die ihren Namen vom Anbau der Gruͤnde ſchoͤpffen/ und mei- ſtens in Doͤrffern oder einſchichtigen Feldgebaͤuen woh- nen. Unſere alten Teutſchen haben/ nach Taciti Zeug- niß/ nicht ſolche Doͤrffer/ wie jetzund/ da viel Haͤuſer benachbart ſtehen/ gehabt/ ſondern iſt eines jeden Wohnung und Grunde von dem andern abgeſondert geweſen/ wie es noch an etlichen Orten/ ſonder- lich im Viertel ob Wienerwald in Unter-Oeſterreich/ und im Land ob der Ennß die Gewonheit iſt. Germa- ni (ſagt Tacitus) colunt diſcreti ac diverſi, ut ſons, ut Campus, ut Nemus placuit. Vicos locant, non in noſtrum Morem, connexis & cohærentibus ædi- ficiis, ſuam quisquè domum ſpacio circumdat. Weil auch unſere Vorfahren meiſtens den Jagten/ der Vieh- zucht/ und den Feldern obgelegen/ haben ſie wenig Staͤdte/ und nur Feldwohnungen gehabt/ biß hernach die Roͤmer ihre Colonias und Veſtungen am Rhein/ an der Donau und andern Fluͤſſen aufgerichtet/ denen hernach die andern Fraͤnckiſchen Koͤnige/ ſonderlich Carl der Groſſe/ und die andern Teutſchen Kaͤiſer nach- gefolget/ und wegen der Hunnen und anderer rauberi- ſchen Voͤlcker Uberfall/ mehr gelegenſame Ort/ Doͤrf- fer und Flecken mit Mauren eingefangen/ darinnen die Unterthanen vom Lande eine Zuflucht und Schutz- wehr haͤtten/ ſich und ihre Guͤter zu erretten/ und da- mals ſind die Buͤrger und Bauren unterſchieden/ wiewol der Doͤrffer Urſprung aͤlter/ und die Staͤdte/ Maͤrckte ❁ B

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/27>, abgerufen am 16.04.2024.