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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Von Caligula weiß man, daß er eine große Neigung zur Goldmacherei
hatte und aus[...] dem Schwefelarsenik dieß edle Metall herzustellen glaubte.

Beiläufig möge hier die Etymologie des Wortes Chemie eine Stelle fin-
den. Plutarch erwähnt zuerst khemeia, indem er damit Egypten bezeichnet,
als das Land des Cham. Auf dem berühmten Rosettaschen Stein, dessen
Inschrift den ersten Schlüssel zur Entzifferung der egyptischen Characteren
gegeben hat, findet sich das Wort stets, um damit Egypten auszudrücken.
Da nun auf Koptisch mit demselben Wort der Begriff "schwarz" bezeich-
net wird, so scheint Chemie, egyptische Kunst, schwarze Kunst vollkommen
gleichbedeutend.

[13. Vorlesung] [(6. März 1828)]

Wenn in den Zeiten unter den spätern Kaisern die aufkeimendere
würdigere Ansicht der Natur durch mannigfaltig mythische Ideen ver-
dunkelt wurde, wenn gehässige Streitigkeiten über religiöse Gegenstände
und allgemeine Unduldsamkeit viel zur Schwächung des römischen Reichs
beitrugen, so verbreiteten die nachfolgenden Einfälle der Barbaren
vollends eine tiefe Nacht über das Abendland, während Griechenland,
obgleich denselben Mängeln unterliegend, sich doch einen Schein des
Lichts bewahrte.

Die dritte Epoche wird durch den Einfall der Araber bezeichnet,3.)

durch welchen ohne Zweifel die in Schwachheit versunkene Welt
wieder aufgefrischt worden ist. Die Araber waren ein wandernder
semitischer Stamm und warfen sich, nachdem sie 50 Jahre in Arabien er-
obernd umhergezogen waren, zuerst auf Egypten. (Es muß bemerkt
werden, daß wohl schon viel früher eine ähnliche Invasion Statt gefun-
den hat. Rühl von Lilienstern hat es wahrscheinlich gemacht, daß die
uralten Hyksos nichts anderes waren, als ein erobernder semitischer
Stamm der Perser oder Meder.) Kaum aber haben sie ihre vaterländi-
schen Grenzen verlassen, so verbreiten sie sich mit solcher Schnelligkeit,
daß in unbegreiflich schneller Zeit von den Ufern des Ganges bis an
die Säulen des Hercules alle Völkerschaften ihnen unterworfen
sind. Sie selbst vergleichen sich in ihren Gedichten einem Wolkenzuge,

Von Caligula weiß man, daß er eine große Neigung zur Goldmacherei
hatte und aus[…] dem Schwefelarsenik dieß edle Metall herzustellen glaubte.

Beiläufig möge hier die Etymologie des Wortes Chemie eine Stelle fin-
den. Plutarch erwähnt zuerst χημεῖα, indem er damit Egypten bezeichnet,
als das Land des Cham. Auf dem berühmten Rosettaschen Stein, dessen
Inschrift den ersten Schlüssel zur Entzifferung der egyptischen Characteren
gegeben hat, findet sich das Wort stets, um damit Egypten auszudrücken.
Da nun auf Koptisch mit demselben Wort der Begriff „schwarz“ bezeich-
net wird, so scheint Chemie, egyptische Kunst, schwarze Kunst vollkom̃en
gleichbedeutend.

[13. Vorlesung] [(6. März 1828)]

Weñ in den Zeiten unter den spätern Kaisern die aufkeimendere
würdigere Ansicht der Natur durch mannigfaltig mythische Ideen ver-
dunkelt wurde, weñ gehässige Streitigkeiten über religiöse Gegenstände
und allgemeine Unduldsamkeit viel zur Schwächung des römischen Reichs
beitrugen, so verbreiteten die nachfolgenden Einfälle der Barbaren
vollends eine tiefe Nacht über das Abendland, während Griechenland,
obgleich denselben Mängeln unterliegend, sich doch einen Schein des
Lichts bewahrte.

Die dritte Epoche wird durch den Einfall der Araber bezeichnet,3.)

durch welchen ohne Zweifel die in Schwachheit versunkene Welt
wieder aufgefrischt worden ist. Die Araber waren ein wandernder
semitischer Stam̃ und warfen sich, nachdem sie 50 Jahre in Arabien er-
obernd umhergezogen waren, zuerst auf Egypten. (Es muß bemerkt
werden, daß wohl schon viel früher eine ähnliche Invasion Statt gefun-
den hat. Rühl von Lilienstern hat es wahrscheinlich gemacht, daß die
uralten Hyksos nichts anderes waren, als ein erobernder semitischer
Stam̃ der Perser oder Meder.) Kaum aber haben sie ihre vaterländi-
schen Grenzen verlassen, so verbreiten sie sich mit solcher Schnelligkeit,
daß in unbegreiflich schneller Zeit von den Ufern des Ganges bis an
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • I/J: Lautwert transkribiert



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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/107>, abgerufen am 19.04.2024.