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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Felder und Städte das ganze Jahr hindurch in tiefem Schnee vergraben sein wür-
den.

Allgemein bekannt ist der Einfluß, welchen die Wasserhülle unsres Planeten auf
auf das Clima
der Continentalmassen ausübt. Wasser von den Sonnenstrahlen ge-
troffen erwärmt sich nach andern Gesetzen, wie die feste Erdrinde. Durch Strah-
lung erkältet und verdichtet sinken die Wassertheilchen zu Boden, erregen
Strömungen und ungleiche Vertheilung der Temperatur. - Durch thermoscopische
Apparate hat man die Schnelligkeit der Wärmeabnahme bestimmt, welche
von oben nach unten in dem Ocean und den Süßwassern zu verschiedenen Jah-
reszeiten Statt findet. Wie an den Abhängen der Andeskette der Anwoh-
ner sein Haus nur um eine Meile zu versetzen braucht, wenn er eines
andern Clima's geniessen will, so auch finden die Geschöpfe, denen das tropf-
bare Element zum Aufenthalte dient, die heterogensten Climate schichtenweise
untereinander gelagert. In der Tiefe des Oceans unter dem Aequator, wie
in den Alpenseeen der gemässigten Zone herrscht aber fortwährend ein be-
stimmter Kälte-Grad, der, bei welchem das Wasser seine größte Dichtigkeit
erlangt. - (Wenn das Wasser nehmlich durch Erkältung bis auf 31/2° R. gesun-
ken ist, so hat es das maximum seiner Verdichtung erreicht, 2°+ fängt es
an sich von neuem auszudehnen.)

Unter den Tropen, wo die Luft sich niemals unter 15 bis 16° R. erkältet,
können erklärlicher Weise nur Wassertheile der Art in die Tiefe des
Meeres herabsinken. Eine Temperatur von 3 bis 4° kann daher nicht in
der Zone selbst erzeugt weorden sein, und dient zum unumstößlichen
Beweise, daß die Kälte, welche dort nahe am Meeresboden herrscht, von
einer Strömung herrührt, die in den Tiefen des Meeres sich von den
Polen zu dem Aequator richtet und die untern Wasserschichten der süd-
lichen Meere erkältet, wie in der Athmosphäre der obere Luftstrom,
der sich vom Aequator gegen die Pole ergießt, die Winterkälte der
nördlichen Länder mildert. Sandbänke werden, wie Benjamin Franklin

Felder und Städte das ganze Jahr hindurch in tiefem Schnee vergraben sein wür-
den.

Allgemein bekañt ist der Einfluß, welchen die Wasserhülle unsres Planeten auf
auf das Clima
der Continentalmassen ausübt. Wasser von den Sonnenstrahlen ge-
troffen erwärmt sich nach andern Gesetzen, wie die feste Erdrinde. Durch Strah-
lung erkältet und verdichtet sinken die Wassertheilchen zu Boden, erregen
Strömungen und ungleiche Vertheilung der Temperatur. – Durch thermoscopische
Apparate hat man die Schnelligkeit der Wärmeabnahme bestimmt, welche
von oben nach unten in dem Ocean und den Süßwassern zu verschiedenen Jah-
reszeiten Statt findet. Wie an den Abhängen der Andeskette der Anwoh-
ner sein Haus nur um eine Meile zu versetzen braucht, wenn er eines
andern Clima’s geniessen will, so auch finden die Geschöpfe, denen das tropf-
bare Element zum Aufenthalte dient, die heterogensten Climate schichtenweise
untereinander gelagert. In der Tiefe des Oceans unter dem Aequator, wie
in den Alpenseeen der gemässigten Zone herrscht aber fortwährend ein be-
stim̃ter Kälte-Grad, der, bei welchem das Wasser seine größte Dichtigkeit
erlangt. – (Weñ das Wasser nehmlich durch Erkältung bis auf 3½° R. gesun-
ken ist, so hat es das maximum seiner Verdichtung erreicht, 2°+ fängt es
an sich von neuem auszudehnen.)

Unter den Tropen, wo die Luft sich niemals unter 15 bis 16° R. erkältet,
können erklärlicher Weise nur Wassertheile der Art in die Tiefe des
Meeres herabsinken. Eine Temperatur von 3 bis 4° kann daher nicht in
der Zone selbst erzeugt weorden sein, und dient zum unumstößlichen
Beweise, daß die Kälte, welche dort nahe am Meeresboden herrscht, von
einer Strömung herrührt, die in den Tiefen des Meeres sich von den
Polen zu dem Aequator richtet und die untern Wasserschichten der süd-
lichen Meere erkältet, wie in der Athmosphäre der obere Luftstrom,
der sich vom Aequator gegen die Pole ergießt, die Winterkälte der
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[56/0060] Felder und Städte das ganze Jahr hindurch in tiefem Schnee vergraben sein wür- den. Allgemein bekañt ist der Einfluß, welchen die Wasserhülle unsres Planeten auf auf das Clima der Continentalmassen ausübt. Wasser von den Sonnenstrahlen ge- troffen erwärmt sich nach andern Gesetzen, wie die feste Erdrinde. Durch Strah- lung erkältet und verdichtet sinken die Wassertheilchen zu Boden, erregen Strömungen und ungleiche Vertheilung der Temperatur. – Durch thermoscopische Apparate hat man die Schnelligkeit der Wärmeabnahme bestimmt, welche von oben nach unten in dem Ocean u den Süßwassern zu verschiedenen Jah- reszeiten Statt findet. Wie an den Abhängen der Andeskette der Anwoh- ner sein Haus nur um eine Meile zu versetzen braucht, wenn er eines andern Clima’s geniessen will, so auch finden die Geschöpfe, denen das tropf- bare Element zum Aufenthalte dient, die heterogensten Climate schichtenweise untereinander gelagert. In der Tiefe des Oceans unter dem Aequator, wie in den Alpenseeen der gemässigten Zone herrscht aber fortwährend ein be- stim̃ter KälteGrad, der, bei welchem das Wasser seine größte Dichtigkeit erlangt. – /Weñ das Wasser nehmlich durch Erkältung bis auf 3½° R. gesun- ken ist, so hat es das maximum seiner Verdichtung erreicht, 2°+ fängt es an sich von neuem auszudehnen./ Unter den Tropen, wo die Luft sich niemals unter 15 bis 16° R. erkältet, können erklärlicher Weise nur Wassertheile der Art in die Tiefe des Meeres herabsinken. Eine Temperatur von 3 bis 4° kann daher nicht in der Zone selbst erzeugt weorden sein, und dient zum unumstößlichen Beweise, daß die Kälte, welche dort nahe am Meeresboden herrscht, von einer Strömung herrührt, die in den Tiefen des Meeres sich von den Polen zu dem Aequator richtet und die untern Wasserschichten der süd- lichen Meere erkältet, wie in der Athmosphäre der obere Luftstrom, der sich vom Aequator gegen die Pole ergießt, die Winterkälte der nördlichen Länder mildert. Sandbänke werden, wie Benjamin Franklin

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/60>, abgerufen am 25.04.2024.