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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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mitgebracht, die merkwürdiger Weise sich nicht da finden, wo das Clima dem ähn-
lich ist, in welchem jetzt noch Elephanten leben, sondern in einer Höhe von 6 bis
7000 Fuß, oder, wenn weit entfernt von den Tropen in einer Ebene, wie am
Ohio, am Missisippi, am Missouri, wo die Ueberreste jener riesenhaften Ma-
stodonten angetroffen werden. Das colossale fossile Armadill, welches man
in dem Cabinet zu Madrid aufbewahrt, ist am Rio de la Plata gefunden
worden. Doch ermangelt Amerika auch jetzt nicht aller größern Thierformen.
Im äussersten Norden gibt es Auerochsen (Bisons), verschieden von den eu-
ropäischen und unter ihnen Thiere von bedeutender Größe. Am Ohio und
Missouri we[i]den Heerden von 9 bis 10000 dieser Bisons, deren Höhe
bis zum Rücken 10 Fuß beträgt und deren Gewicht oft 2000 Lb erreicht. Ich
mache hier auf die Thatsache aufmerksam, daß die voluminösesten uns
bekannten Thiere, so wie auch die untergegangenen als grasfressend
sich characterisiren. So hat man neuerdings in England die fossilen Reste
sogar eines grasfressenden Krokodills gefunden, von einer Länge von
60 bis 70 Fuß, da die heutigen nicht über 20 Fuß lang sind. Pempland,
der mit der Untersuchung dieses Thieres sich beschäftigte, hat gefunden,
daß dieses wunderbare Geschöpf ein 5 bis 6 Zoll langes Horn auf der
Stirne trug. Man hat später im südlichen England, so wie auch im
Innern von Frankreich, die Spuren ähnlicher Thiere gefunden, die man
mit dem Namen der Igualodonten bezeichnet.

Bemerkenswerth ist die große Verbreitung tropischer Thierformen, welche
Amerika durch die Continuität seiner Erstreckung gestattet. So finden
wir die schöne Form der Colibri im nördlichen Amerika unter einer
Breite, wie zum Beispiel Danzig und Makenzie hat diese zierlichen Vögel am U-
fer des Friedensflusses unter einer Breite von 54° gefunden. Wilson
in seinem Werke über die Vögelarten bemerkt mit Recht, wie auf-
fallend es sei, daß ein so zarter, schwacher Vogel im Stande ist,
eine so weite Reise, in einem kurzen Sommer zurückzulegen, da

mitgebracht, die merkwürdiger Weise sich nicht da finden, wo das Clima dem ähn-
lich ist, in welchem jetzt noch Elephanten leben, sondern in einer Höhe von 6 bis
7000 Fuß, oder, weñ weit entfernt von den Tropen in einer Ebene, wie am
Ohio, am Missisippi, am Missouri, wo die Ueberreste jener riesenhaften Ma-
stodonten angetroffen werden. Das colossale fossile Armadill, welches man
in dem Cabinet zu Madrid aufbewahrt, ist am Rio de la Plata gefunden
worden. Doch ermangelt Amerika auch jetzt nicht aller größern Thierformen.
Im äussersten Norden gibt es Auerochsen (Bisons), verschieden von den eu-
ropäischen und unter ihnen Thiere von bedeutender Größe. Am Ohio und
Missouri we[i]den Heerden von 9 bis 10000 dieser Bisons, deren Höhe
bis zum Rücken 10 Fuß beträgt und deren Gewicht oft 2000 ℔ erreicht. Ich
mache hier auf die Thatsache aufmerksam, daß die voluminösesten uns
bekannten Thiere, so wie auch die untergegangenen als grasfressend
sich characterisiren. So hat man neuerdings in England die fossilen Reste
sogar eines grasfressenden Krokodills gefunden, von einer Länge von
60 bis 70 Fuß, da die heutigen nicht über 20 Fuß lang sind. Pempland,
der mit der Untersuchung dieses Thieres sich beschäftigte, hat gefunden,
daß dieses wunderbare Geschöpf ein 5 bis 6 Zoll langes Horn auf der
Stirne trug. Man hat später im südlichen England, so wie auch im
Iñern von Frankreich, die Spuren ähnlicher Thiere gefunden, die man
mit dem Namen der Igualodonten bezeichnet.

Bemerkenswerth ist die große Verbreitung tropischer Thierformen, welche
Amerika durch die Continuität seiner Erstreckung gestattet. So finden
wir die schöne Form der Colibri im nördlichen Amerika unter einer
Breite, wie zum Beispiel Danzig und Makenzie hat diese zierlichen Vögel am U-
fer des Friedensflusses unter einer Breite von 54° gefunden. Wilson
in seinem Werke über die Vögelarten bemerkt mit Recht, wie auf-
fallend es sei, daß ein so zarter, schwacher Vogel im Stande ist,
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[75/0079] mitgebracht, die merkwürdiger Weise sich nicht da finden, wo das Clima dem ähn- lich ist, in welchem jetzt noch Elephanten leben, sondern in einer Höhe von 6 bis 7000 Fuß, oder, weñ weit entfernt von den Tropen in einer Ebene, wie am Ohio, am Missisippi, am Missouri, wo die Ueberreste jener riesenhaften Ma- stodonten angetroffen werden. Das colossale fossile Armadill, welches man in dem Cabinet zu Madrid aufbewahrt, ist am Rio de la Plata gefunden worden. Doch ermangelt Amerika auch jetzt nicht aller größern Thierformen. Im äussersten Norden gibt es Auerochsen /Bisons/, verschieden von den eu- ropäischen u unter ihnen Thiere von bedeutender Größe. Am Ohio und Missouri weiden Heerden von 9 bis 10000 dieser Bisons, deren Höhe bis zum Rücken 10 Fuß beträgt u deren Gewicht oft 2000 ℔ erreicht. Ich mache hier auf die Thatsache aufmerksam, daß die voluminösesten uns bekannten Thiere, so wie auch die untergegangenen als grasfressend sich characterisiren. So hat man neuerdings in England die fossilen Reste sogar eines grasfressenden Krokodills gefunden, von einer Länge von 60 bis 70 Fuß, da die heutigen nicht über 20 Fuß lang sind. Pempland, der mit der Untersuchung dieses Thieres sich beschäftigte, hat gefunden, daß dieses wunderbare Geschöpf ein 5 bis 6 Zoll langes Horn auf der Stirne trug. Man hat später im südlichen England, so wie auch im Iñern von Frankreich, die Spuren ähnlicher Thiere gefunden, die man mit dem Namen der Igualodonten bezeichnet. Bemerkenswerth ist die große Verbreitung tropischer Thierformen, welche Amerika durch die Continuität seiner Erstreckung gestattet. So finden wir die schöne Form der Colibri im nördlichen Amerika unter einer Breite, wie zB Danzig u Makenzie hat diese zierlichen Vögel am U- fer des Friedensflusses unter einer Breite von 54° gefunden. Wilson in seinem Werke über die VögelArten bemerkt mit Recht, wie auf- fallend es sei, daß ein so zarter, schwacher Vogel im Stande ist, eine so weite Reise, in einem kurzen Som̃er zurückzulegen, da

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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  • I/J: Lautwert transkribiert



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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/79>, abgerufen am 16.04.2024.