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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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weichenden Ties machten bald die Mehrzahl dieser verwüstenden Horden
aus, von denen die Chanate in der Krimm abstammen. Es ist dieß aber
eine schöne, türkische Race, die sich selbst Turks oder Tierucks nennen, und den
Namen Tartar für gleichbedeutend mit Räuber halten.

Auch der Aethioper-Race werden sehr verschiedenartige Stämme zuge-
zählt. Die Fulahs sind die schwärzesten unter den Negern mit dem als
characteristisch angenommenen Kennzeichen dieser Bildung; die Jolops, bei
gleicher Farbe haben dagegen dünne Lippen und fast europäische Nasen.
In Amerika fand ich mannigfaltige Gelegenheit, die Bildung der schwarzen
Sclaven zu vergleichen und habe ich mich überzeugt, daß die Simultanei-
tät des Wollhaares, der Farbe, der Lippenbildung u. s. w. keineswegs
immer Statt findet. - Auf den Andaman-Inseln, nach neuern Berichten
sogar auf dem festen Lande von Malacca finden sich schwarze Men-
schenstämme; ebenso auf van Diemensland und im Innern vieler Süd-
seeinseln, wo es wahrscheinlich ist, daß die Neger den Urstamm des Landes
ausmachen und die Malayen sich nur wie Küstenpflanzen am Littorale
angesiedelt haben. -

Noch muß ich hierbei der Frage erwähnen, die man aufgeworfen, ob
sich denn unter den ursprünglichen Bewohnern von Amerika gar keine
schwarzen Menschen gefunden? Columbus berichtet und noch ausführlicher
sein Sohn Fernando, daß auf St. Domingo, dem jetzt von importirten
Negern bewohnten und beherschten Hayti, von Südwesten her ein
schwarzer Menschenstamm eingewandert sei, der eine Art Goldmetall,
(Guanin nennt es Columbus, eine Mischung von Gold, Silber und Kupfer,
also ein schlechtes Gold) mit sich geführt habe. Balboa, der Entdecker
der Landenge von Darien, führt einen Stamm schwarzer Menschen,
dieser Gegend benachbart an, die er als Negros de Guinea beschreibt.
Man hat die wunderliche Hypothese aufgestellt, daß diese Neger, deren
Dasein in Amerika aufgeführt wird, aus Sudan gekommen, und durch
Seeräubereien dahin verschlagen worden wären, obgleich die

weichenden Ties machten bald die Mehrzahl dieser verwüstenden Horden
aus, von denen die Chanate in der Krim̃ abstammen. Es ist dieß aber
eine schöne, türkische Race, die sich selbst Turks oder Tierucks neñen, und den
Namen Tartar für gleichbedeutend mit Räuber halten.

Auch der Aethioper-Race werden sehr verschiedenartige Stäm̃e zuge-
zählt. Die Fulahs sind die schwärzesten unter den Negern mit dem als
characteristisch angenommenen Keñzeichen dieser Bildung; die Jolops, bei
gleicher Farbe haben dagegen dünne Lippen und fast europäische Nasen.
In Amerika fand ich mañigfaltige Gelegenheit, die Bildung der schwarzen
Sclaven zu vergleichen und habe ich mich überzeugt, daß die Simultanei-
tät des Wollhaares, der Farbe, der Lippenbildung u. s. w. keineswegs
im̃er Statt findet. – Auf den Andaman-Inseln, nach neuern Berichten
sogar auf dem festen Lande von Malacca finden sich schwarze Men-
schenstämme; ebenso auf van Diemensland und im Iñern vieler Süd-
seeinseln, wo es wahrscheinlich ist, daß die Neger den Urstam̃ des Landes
ausmachen und die Malayen sich nur wie Küstenpflanzen am Littorale
angesiedelt haben. –

Noch muß ich hierbei der Frage erwähnen, die man aufgeworfen, ob
sich deñ unter den ursprünglichen Bewohnern von Amerika gar keine
schwarzen Menschen gefunden? Columbus berichtet und noch ausführlicher
sein Sohn Fernando, daß auf St. Domingo, dem jetzt von importirten
Negern bewohnten und beherschten Hayti, von Südwesten her ein
schwarzer Menschenstam̃ eingewandert sei, der eine Art Goldmetall,
(Guanin neñt es Columbus, eine Mischung von Gold, Silber und Kupfer,
also ein schlechtes Gold) mit sich geführt habe. Balboa, der Entdecker
der Landenge von Darien, führt einen Stam̃ schwarzer Menschen,
dieser Gegend benachbart an, die er als Negros de Guinea beschreibt.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • I/J: Lautwert transkribiert



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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/91>, abgerufen am 29.03.2024.