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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

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Periode 2. System.
Rechtsgelehrten sehr erleichtert wurden.
Aber da man einmahl wußte, der Prätor
würde einen judex in einer Sache geben,
so gehörte eben nicht viel Mäßigung von
beyden Seiten dazu, daß sich die Partheyen
lieber selbst ihren Richter wählten, als es
auf den Zufall ankommen ließen, wer ihr
Richter werden sollte. Sehr viele Processe
wurden also abgethan, ohne daß der Prätor
damit sich beschäftigte, und da er keine
Sporteln dabey verlor oder gewann, so be-
günstigte er die Compromisse, die Unterwer-
fung unter einen Schiedsrichter mit einer
conventionellen Strafe (compromissa pecu-
nia)
auch dadurch, indem er den, der das
arbitrium übernommen hatte, zwang einen
Ausspruch zu thun (de receptis).


Studium des Rechts.

§. 76.

Um die Geschichte der Rechtsgelehrsamkeit
bey den Römern vernünftiger zu finden,
als wenn man von nichts als Tyranney der
Aristocraten spricht, muß man den Character
der Nation nicht vergessen, bey welchem eine
gewisse Pedanterey unumgänglich nöthig war,

um

Periode 2. Syſtem.
Rechtsgelehrten ſehr erleichtert wurden.
Aber da man einmahl wußte, der Praͤtor
wuͤrde einen judex in einer Sache geben,
ſo gehoͤrte eben nicht viel Maͤßigung von
beyden Seiten dazu, daß ſich die Partheyen
lieber ſelbſt ihren Richter waͤhlten, als es
auf den Zufall ankommen ließen, wer ihr
Richter werden ſollte. Sehr viele Proceſſe
wurden alſo abgethan, ohne daß der Praͤtor
damit ſich beſchaͤftigte, und da er keine
Sporteln dabey verlor oder gewann, ſo be-
guͤnſtigte er die Compromiſſe, die Unterwer-
fung unter einen Schiedsrichter mit einer
conventionellen Strafe (compromiſſa pecu-
nia)
auch dadurch, indem er den, der das
arbitrium uͤbernommen hatte, zwang einen
Ausſpruch zu thun (de receptis).


Studium des Rechts.

§. 76.

Um die Geſchichte der Rechtsgelehrſamkeit
bey den Roͤmern vernuͤnftiger zu finden,
als wenn man von nichts als Tyranney der
Ariſtocraten ſpricht, muß man den Character
der Nation nicht vergeſſen, bey welchem eine
gewiſſe Pedanterey unumgaͤnglich noͤthig war,

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[77/0089] Periode 2. Syſtem. Rechtsgelehrten ſehr erleichtert wurden. Aber da man einmahl wußte, der Praͤtor wuͤrde einen judex in einer Sache geben, ſo gehoͤrte eben nicht viel Maͤßigung von beyden Seiten dazu, daß ſich die Partheyen lieber ſelbſt ihren Richter waͤhlten, als es auf den Zufall ankommen ließen, wer ihr Richter werden ſollte. Sehr viele Proceſſe wurden alſo abgethan, ohne daß der Praͤtor damit ſich beſchaͤftigte, und da er keine Sporteln dabey verlor oder gewann, ſo be- guͤnſtigte er die Compromiſſe, die Unterwer- fung unter einen Schiedsrichter mit einer conventionellen Strafe (compromiſſa pecu- nia) auch dadurch, indem er den, der das arbitrium uͤbernommen hatte, zwang einen Ausſpruch zu thun (de receptis). Studium des Rechts. §. 76. Um die Geſchichte der Rechtsgelehrſamkeit bey den Roͤmern vernuͤnftiger zu finden, als wenn man von nichts als Tyranney der Ariſtocraten ſpricht, muß man den Character der Nation nicht vergeſſen, bey welchem eine gewiſſe Pedanterey unumgaͤnglich noͤthig war, um

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Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/89>, abgerufen am 28.03.2024.