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Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132.

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nur 9/10 Grad Unterschied. Eben so ist es mit dem Drucke der Luft; wenn man in einem ganzen Jahre den Stand des Barometers in den Wechselstunden seines regelmäßigen Uhrganges beobachtet: um 9 Uhr Morgens, wo das Quecksilber am höchsten, und um 4 Uhr Nachmittags, wo es am niedrigsten steht; so findet man in keinem Monat mittlere Differenzen, die um mehr als eine Linie verschieden wären. In 10 Monaten sind sie bisweilen nur 17/100 einer Linie.

Der häufige Nebel, welcher in der Hochebene von Bogota, besonders an ihren Rändern, herrscht, tränkt die Pflanzen und gibt ewige Frische der Vegetation. Herborisationen an den steilen Felsmassen, auf welchen die beiden zierlichen, den heiligen Jungfrauen von Monserrate und Guadalupe gewidmeten Capellen in 9900 und 10122 Fuß Höhe erbaut sind, gehören zu den Genüssen, deren Andenken schwer verlischt. Hier beginnt die myrtenblättrige Vegetation der Paramos. Unter dem Schatten von Vallea stipularis, von Weinmannien und schirmförmig ausgebreiteten Escallonien fanden wir die prachtvollen Blüthen von Alströmerien, Passifloren, neuen Arten von Fuchsia und Rhexien. Jede dieser Capellen, die durch eine tiefe Felskluft (el Boqueron) getrennt sind, hat ihre eigene Art von Passifloren: die eine Capelle hat die Curubita, mit der man an großen Festen die Altäre schmückt (Tacsonia speciosa); die andere hat die schöne Tacsonia mollissima, welche ihrer eßbaren Früchte wegen in Popayan cultivirt wird. Den Felsen dicht bedeckend, wuchern hier gruppenweise Myrica pubescens, Gaultherien, purpurblüthige Thibaudien, Hypericum brathys von Smith, und unser schönes Genus Aragoa mit tannen- und cypressenartigen schmalen Blättern. Von

nur 9/10 Grad Unterschied. Eben so ist es mit dem Drucke der Luft; wenn man in einem ganzen Jahre den Stand des Barometers in den Wechselstunden seines regelmäßigen Uhrganges beobachtet: um 9 Uhr Morgens, wo das Quecksilber am höchsten, und um 4 Uhr Nachmittags, wo es am niedrigsten steht; so findet man in keinem Monat mittlere Differenzen, die um mehr als eine Linie verschieden wären. In 10 Monaten sind sie bisweilen nur 17/100 einer Linie.

Der häufige Nebel, welcher in der Hochebene von Bogota, besonders an ihren Rändern, herrscht, tränkt die Pflanzen und gibt ewige Frische der Vegetation. Herborisationen an den steilen Felsmassen, auf welchen die beiden zierlichen, den heiligen Jungfrauen von Monserrate und Guadalupe gewidmeten Capellen in 9900 und 10122 Fuß Höhe erbaut sind, gehören zu den Genüssen, deren Andenken schwer verlischt. Hier beginnt die myrtenblättrige Vegetation der Paramos. Unter dem Schatten von Vallea stipularis, von Weinmannien und schirmförmig ausgebreiteten Escallonien fanden wir die prachtvollen Blüthen von Alströmerien, Passifloren, neuen Arten von Fuchsia und Rhexien. Jede dieser Capellen, die durch eine tiefe Felskluft (el Boqueron) getrennt sind, hat ihre eigene Art von Passifloren: die eine Capelle hat die Curubita, mit der man an großen Festen die Altäre schmückt (Tacsonia speciosa); die andere hat die schöne Tacsonia mollissima, welche ihrer eßbaren Früchte wegen in Popayan cultivirt wird. Den Felsen dicht bedeckend, wuchern hier gruppenweise Myrica pubescens, Gaultherien, purpurblüthige Thibaudien, Hypericum brathys von Smith, und unser schönes Genus Aragoa mit tannen- und cypressenartigen schmalen Blättern. Von

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[112/0014] nur 9/10 Grad Unterschied. Eben so ist es mit dem Drucke der Luft; wenn man in einem ganzen Jahre den Stand des Barometers in den Wechselstunden seines regelmäßigen Uhrganges beobachtet: um 9 Uhr Morgens, wo das Quecksilber am höchsten, und um 4 Uhr Nachmittags, wo es am niedrigsten steht; so findet man in keinem Monat mittlere Differenzen, die um mehr als eine Linie verschieden wären. In 10 Monaten sind sie bisweilen nur 17/100 einer Linie. Der häufige Nebel, welcher in der Hochebene von Bogota, besonders an ihren Rändern, herrscht, tränkt die Pflanzen und gibt ewige Frische der Vegetation. Herborisationen an den steilen Felsmassen, auf welchen die beiden zierlichen, den heiligen Jungfrauen von Monserrate und Guadalupe gewidmeten Capellen in 9900 und 10122 Fuß Höhe erbaut sind, gehören zu den Genüssen, deren Andenken schwer verlischt. Hier beginnt die myrtenblättrige Vegetation der Paramos. Unter dem Schatten von Vallea stipularis, von Weinmannien und schirmförmig ausgebreiteten Escallonien fanden wir die prachtvollen Blüthen von Alströmerien, Passifloren, neuen Arten von Fuchsia und Rhexien. Jede dieser Capellen, die durch eine tiefe Felskluft (el Boqueron) getrennt sind, hat ihre eigene Art von Passifloren: die eine Capelle hat die Curubita, mit der man an großen Festen die Altäre schmückt (Tacsonia speciosa); die andere hat die schöne Tacsonia mollissima, welche ihrer eßbaren Früchte wegen in Popayan cultivirt wird. Den Felsen dicht bedeckend, wuchern hier gruppenweise Myrica pubescens, Gaultherien, purpurblüthige Thibaudien, Hypericum brathys von Smith, und unser schönes Genus Aragoa mit tannen- und cypressenartigen schmalen Blättern. Von

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132, hier S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bogota_1853/14>, abgerufen am 28.03.2024.