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Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132.

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seit dreißig Jahren von Uebergangskalk, durch viele Mittelstufen durchgehend, größtentheils als umgewandelter Lias oder gar als Kreideschichten erkannt worden sind. Ist die untere Kreide auch in der Andeskette, aus dem Amazonenthale ansteigend, über große Höhen verbreitet? Ist die mehrere tausend Fuß mächtige Quarzformation von Peru, die ich beschrieben, da wo man von Caxamarca gegen die Südsee bei Truxillo herabsteigt1, Quadersandstein zwischen der oberen Kreide und dem Gault? Bei immer anwachsendem Material zur Untersuchung wird diese wichtigen Probleme bald der Geognost 2 zur Lösung bringen, welcher in dem

1 Humboldt, Essai geognostique sur le Gisement des Roches dans les deux Hemispheres 1823 p. 231 und Ansichten der Natur 3te Ausgabe Bd. II. S. 360.
2 Leopold von Buch. - Die hier ausgedrückte Hoffnung ist erfüllt worden durch drei wichtige Arbeiten dieses großen Geognosten: Petrifications recueillies Amerique par Mr. de Humboldt et par Ch. Degenhardt 1839 (in fol.) p. 11, 16 und 18; Betrachtungen über die Verbreitung und die Grenzen der Kreide-Bildungen 1849 S. 15, 22 und 25; über die Formationen der Andes von Venezuela (nach conchyliologischen Sendungen des verdienstvollen Reisenden Dr. Hermann Karsten im Jahre 1849). "Nach den bisher untersuchten Versteinerungen", sagt Leopold von Buch, "scheint es erwiesen, daß alle Flözformationen der Andeskette vom nördlichen Mexico an bis Cuzco und tief in die südliche Hemisphäre herab zur Kreidegruppe gehören. Zu dieser müssen gerechnet werden die Steinkohlen in der Umgegend von Zipaquira, von Tausa, dem Cerro de los Tunjos, und von Chipo bei Canoas in der Hochebene von Bogota; das Steinsalz und die Gypse der Mina de Rute von Zipaquara, die mächtigen Sandstein-Flöze von Cuenca, die Schiefer von Villeta, welche mit Kalksteinen abwechseln; die mit reichen Gängen von Silbererzen durchsetzten Kalkgebirge von Gualgayoc und Chota, von Montan und Guambos, wo 12000 Fuß über dem Meere Ammoniten von 14 Zoll Durchmesser, Isocardien und Exogyra polygona gefunden werden; endlich die peruanische räthselhafte Quarzformation (wahrscheinlich Quadersandstein) vom Paramo de Yanaguanga und dem ganzen westlichen Abfall der Andeskette zwischen Namas, Magdalena und Chala. Eine Leitmuschel, Trigonia aliformis, weit verbreitet von Zipaquira und Socorro bis Tocayma, beweist recht eigentlich, daß die Berge von Santa Fe de Bogota im ganzen zu den mittleren Kreideschichten gehören; aber da die Kreidegruppe dort die ungeheure Mächtigkeit von 5000 Fuß erreicht, so kann man wohl bezweifeln, daß Alles zu Einer Abtheilung gehöre. Exogyra Couloni zeigt bei Socorro schon auf tiefere Schichten (auf Neocomien), andere Petrefacte auf Gault. In den Anden von Truxillo und Tocuyo, welche die Cordilleren von Neu-Granada mit der Küstenkette von Venezuela verbinden, herrscht ein schwarzer Kalkstein, in welchem die Reste von Seethieren den Beobachter ganz nach Europa versetzen. Man glaubt eine Sammlung von Versteinerungen aus den hohen Alpen von Savoyen vor sich zu sehen, die Producte der bekannten Montagne de Fis, oder aus dem Val d'Hilliers in Wallis, oder gar von der Perte du Rhone bei Genf. Die nördlichste Kreide in dem ganzen alten Continent liegt unter 57° nördlicher Breite bei Thistedt in Jütland. Vom baltischen Meere gegen Osten erscheint die nördlichste Kreide in der Gegend von Grodno in 54° Breite. Vom Ural bis Ochotsk findet sie sich nicht, während Jura-Schichten nach Middendorff bis 72° am Olenek, ja auf der Fadejew-Insel in Neu-Sibirien vorkommen. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika erhebt sich die Kreide-Formation östlich vom Missisippi nicht weiter nach Norden als 40° Breite. Sie verbreitet sich weit von Alabama bis Tennessee und Kentucky, wo das ungeheuer aus-gedehnte Kohlengebirge, das größte Kohlenfeld in der Welt, ihre weitere Fortsetzung verhindert. Ferner in Westen am Missouri in 48°20' Breite findet sich Kreide bis unterhalb der Mündung des Yellow-stone River. Man kann vermuthen, daß sie bis 50° aufsteigt, also volle 10° nördlicher als in dem östlichen Theil der Vereinigten Staaten. Darwin hat in Südamerika Kreideschichten durch Chili fast bis zu den äußersten Punkten des Continents in die Magellanische Meerenge verfolgt, bis Port Famine (Breite 53°38'); also 3°1/2 dem Südpol näher, als es die Kreide am Missouri dem Nordpol ist. In ganz Brasilien, in den großen Räumen von La Plata, Paraguay, Bolivia ist nie Kreide gesehen worden und auch wohl nirgends vorhanden. Hat sich, ehe die Gebirge sich erhoben, auf der Vulkan-Spalte der Anden eine Kreidebank gebildet?"

seit dreißig Jahren von Uebergangskalk, durch viele Mittelstufen durchgehend, größtentheils als umgewandelter Lias oder gar als Kreideschichten erkannt worden sind. Ist die untere Kreide auch in der Andeskette, aus dem Amazonenthale ansteigend, über große Höhen verbreitet? Ist die mehrere tausend Fuß mächtige Quarzformation von Peru, die ich beschrieben, da wo man von Caxamarca gegen die Südsee bei Truxillo herabsteigt1, Quadersandstein zwischen der oberen Kreide und dem Gault? Bei immer anwachsendem Material zur Untersuchung wird diese wichtigen Probleme bald der Geognost 2 zur Lösung bringen, welcher in dem

1 Humboldt, Essài géognostique sur le Gisement des Roches dans les deux Hémisphères 1823 p. 231 und Ansichten der Natur 3te Ausgabe Bd. II. S. 360.
2 Leopold von Buch. – Die hier ausgedrückte Hoffnung ist erfüllt worden durch drei wichtige Arbeiten dieses großen Geognosten: Pétrifications recueillies Amérique par Mr. de Humboldt et par Ch. Degenhardt 1839 (in fol.) p. 11, 16 und 18; Betrachtungen über die Verbreitung und die Grenzen der Kreide-Bildungen 1849 S. 15, 22 und 25; über die Formationen der Andes von Venezuela (nach conchyliologischen Sendungen des verdienstvollen Reisenden Dr. Hermann Karsten im Jahre 1849). „Nach den bisher untersuchten Versteinerungen“, sagt Leopold von Buch, „scheint es erwiesen, daß alle Flözformationen der Andeskette vom nördlichen Mexico an bis Cuzco und tief in die südliche Hemisphäre herab zur Kreidegruppe gehören. Zu dieser müssen gerechnet werden die Steinkohlen in der Umgegend von Zipaquira, von Tausa, dem Cerro de los Tunjos, und von Chipo bei Canoas in der Hochebene von Bogota; das Steinsalz und die Gypse der Mina de Rute von Zipaquara, die mächtigen Sandstein-Flöze von Cuenca, die Schiefer von Villeta, welche mit Kalksteinen abwechseln; die mit reichen Gängen von Silbererzen durchsetzten Kalkgebirge von Gualgayoc und Chota, von Montan und Guambos, wo 12000 Fuß über dem Meere Ammoniten von 14 Zoll Durchmesser, Isocardien und Exogyra polygona gefunden werden; endlich die peruanische räthselhafte Quarzformation (wahrscheinlich Quadersandstein) vom Paramo de Yanaguanga und dem ganzen westlichen Abfall der Andeskette zwischen Namas, Magdalena und Châla. Eine Leitmuschel, Trigonia aliformis, weit verbreitet von Zipaquira und Socorro bis Tocayma, beweist recht eigentlich, daß die Berge von Santa Fé de Bogota im ganzen zu den mittleren Kreideschichten gehören; aber da die Kreidegruppe dort die ungeheure Mächtigkeit von 5000 Fuß erreicht, so kann man wohl bezweifeln, daß Alles zu Einer Abtheilung gehöre. Exogyra Couloni zeigt bei Socorro schon auf tiefere Schichten (auf Neocomien), andere Petrefacte auf Gault. In den Anden von Truxillo und Tocuyo, welche die Cordilleren von Neu-Granada mit der Küstenkette von Venezuela verbinden, herrscht ein schwarzer Kalkstein, in welchem die Reste von Seethieren den Beobachter ganz nach Europa versetzen. Man glaubt eine Sammlung von Versteinerungen aus den hohen Alpen von Savoyen vor sich zu sehen, die Producte der bekannten Montagne de Fis, oder aus dem Val d'Hilliers in Wallis, oder gar von der Perte du Rhône bei Genf. Die nördlichste Kreide in dem ganzen alten Continent liegt unter 57° nördlicher Breite bei Thistedt in Jütland. Vom baltischen Meere gegen Osten erscheint die nördlichste Kreide in der Gegend von Grodno in 54° Breite. Vom Ural bis Ochotsk findet sie sich nicht, während Jura-Schichten nach Middendorff bis 72° am Olenek, ja auf der Fadejew-Insel in Neu-Sibirien vorkommen. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika erhebt sich die Kreide-Formation östlich vom Missisippi nicht weiter nach Norden als 40° Breite. Sie verbreitet sich weit von Alabama bis Tennessee und Kentucky, wo das ungeheuer aus-gedehnte Kohlengebirge, das größte Kohlenfeld in der Welt, ihre weitere Fortsetzung verhindert. Ferner in Westen am Missouri in 48°20′ Breite findet sich Kreide bis unterhalb der Mündung des Yellow-stone River. Man kann vermuthen, daß sie bis 50° aufsteigt, also volle 10° nördlicher als in dem östlichen Theil der Vereinigten Staaten. Darwin hat in Südamerika Kreideschichten durch Chili fast bis zu den äußersten Punkten des Continents in die Magellanische Meerenge verfolgt, bis Port Famine (Breite 53°38′); also 3°½ dem Südpol näher, als es die Kreide am Missouri dem Nordpol ist. In ganz Brasilien, in den großen Räumen von La Plata, Paraguay, Bolivia ist nie Kreide gesehen worden und auch wohl nirgends vorhanden. Hat sich, ehe die Gebirge sich erhoben, auf der Vulkan-Spalte der Anden eine Kreidebank gebildet?“
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Man glaubt eine Sammlung von Versteinerungen aus den hohen Alpen von Savoyen vor sich zu sehen, die Producte der bekannten Montagne de Fis, oder aus dem Val d'Hilliers in Wallis, oder gar von der Perte du Rhône bei Genf. Die nördlichste Kreide in dem ganzen alten Continent liegt unter 57° nördlicher Breite bei Thistedt in Jütland. Vom baltischen Meere gegen Osten erscheint die nördlichste Kreide in der Gegend von Grodno in 54° Breite. Vom Ural bis Ochotsk findet sie sich nicht, während Jura-Schichten nach Middendorff bis 72° am Olenek, ja auf der Fadejew-Insel in Neu-Sibirien vorkommen. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika erhebt sich die Kreide-Formation östlich vom Missisippi nicht weiter nach Norden als 40° Breite. Sie verbreitet sich weit von Alabama bis Tennessee und Kentucky, wo das ungeheuer aus-gedehnte Kohlengebirge, das größte Kohlenfeld in der Welt, ihre weitere Fortsetzung verhindert. 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[131/0033] seit dreißig Jahren von Uebergangskalk, durch viele Mittelstufen durchgehend, größtentheils als umgewandelter Lias oder gar als Kreideschichten erkannt worden sind. Ist die untere Kreide auch in der Andeskette, aus dem Amazonenthale ansteigend, über große Höhen verbreitet? Ist die mehrere tausend Fuß mächtige Quarzformation von Peru, die ich beschrieben, da wo man von Caxamarca gegen die Südsee bei Truxillo herabsteigt 1, Quadersandstein zwischen der oberen Kreide und dem Gault? Bei immer anwachsendem Material zur Untersuchung wird diese wichtigen Probleme bald der Geognost 2 zur Lösung bringen, welcher in dem 1 Humboldt, Essài géognostique sur le Gisement des Roches dans les deux Hémisphères 1823 p. 231 und Ansichten der Natur 3te Ausg. Bd. II. S. 360. 2 Leopold von Buch. – Die hier ausgedrückte Hoffnung ist erfüllt worden durch drei wichtige Arbeiten dieses großen Geognosten: Pétrifications recueillies Amérique par Mr. de Humboldt et par Ch. Degenhardt 1839 (in fol.) p. 11, 16 und 18; Betrachtungen über die Verbreitung und die Grenzen der Kreide-Bildungen 1849 S. 15, 22 und 25; über die Formationen der Andes von Venezuela (nach conchyliologischen Sendungen des verdienstvollen Reisenden Dr. Hermann Karsten im Jahre 1849). „Nach den bisher untersuchten Versteinerungen“, sagt Leopold von Buch, „scheint es erwiesen, daß alle Flözformationen der Andeskette vom nördlichen Mexico an bis Cuzco und tief in die südliche Hemisphäre herab zur Kreidegruppe gehören. Zu dieser müssen gerechnet werden die Steinkohlen in der Umgegend von Zipaquira, von Tausa, dem Cerro de los Tunjos, und von Chipo bei Canoas in der Hochebene von Bogota; das Steinsalz und die Gypse der Mina de Rute von Zipaquara, die mächtigen Sandstein-Flöze von Cuenca, die Schiefer von Villeta, welche mit Kalksteinen abwechseln; die mit reichen Gängen von Silbererzen durchsetzten Kalkgebirge von Gualgayoc und Chota, von Montan und Guambos, wo 12000 Fuß über dem Meere Ammoniten von 14 Zoll Durchmesser, Isocardien und Exogyra polygona gefunden werden; endlich die peruanische räthselhafte Quarzformation (wahrscheinlich Quadersandstein) vom Paramo de Yanaguanga und dem ganzen westlichen Abfall der Andeskette zwischen Namas, Magdalena und Châla. Eine Leitmuschel, Trigonia aliformis, weit verbreitet von Zipaquira und Socorro bis Tocayma, beweist recht eigentlich, daß die Berge von Santa Fé de Bogota im ganzen zu den mittleren Kreideschichten gehören; aber da die Kreidegruppe dort die ungeheure Mächtigkeit von 5000 Fuß erreicht, so kann man wohl bezweifeln, daß Alles zu Einer Abtheilung gehöre. Exogyra Couloni zeigt bei Socorro schon auf tiefere Schichten (auf Neocomien), andere Petrefacte auf Gault. In den Anden von Truxillo und Tocuyo, welche die Cordilleren von Neu-Granada mit der Küstenkette von Venezuela verbinden, herrscht ein schwarzer Kalkstein, in welchem die Reste von Seethieren den Beobachter ganz nach Europa versetzen. Man glaubt eine Sammlung von Versteinerungen aus den hohen Alpen von Savoyen vor sich zu sehen, die Producte der bekannten Montagne de Fis, oder aus dem Val d'Hilliers in Wallis, oder gar von der Perte du Rhône bei Genf. Die nördlichste Kreide in dem ganzen alten Continent liegt unter 57° nördlicher Breite bei Thistedt in Jütland. Vom baltischen Meere gegen Osten erscheint die nördlichste Kreide in der Gegend von Grodno in 54° Breite. Vom Ural bis Ochotsk findet sie sich nicht, während Jura-Schichten nach Middendorff bis 72° am Olenek, ja auf der Fadejew-Insel in Neu-Sibirien vorkommen. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika erhebt sich die Kreide-Formation östlich vom Missisippi nicht weiter nach Norden als 40° Breite. Sie verbreitet sich weit von Alabama bis Tennessee und Kentucky, wo das ungeheuer aus-gedehnte Kohlengebirge, das größte Kohlenfeld in der Welt, ihre weitere Fortsetzung verhindert. Ferner in Westen am Missouri in 48°20′ Breite findet sich Kreide bis unterhalb der Mündung des Yellow-stone River. Man kann vermuthen, daß sie bis 50° aufsteigt, also volle 10° nördlicher als in dem östlichen Theil der Vereinigten Staaten. Darwin hat in Südamerika Kreideschichten durch Chili fast bis zu den äußersten Punkten des Continents in die Magellanische Meerenge verfolgt, bis Port Famine (Br. 53°38′); also 3°½ dem Südpol näher, als es die Kreide am Missouri dem Nordpol ist. In ganz Brasilien, in den großen Räumen von La Plata, Paraguay, Bolivia ist nie Kreide gesehen worden und auch wohl nirgends vorhanden. Hat sich, ehe die Gebirge sich erhoben, auf der Vulkan-Spalte der Anden eine Kreidebank gebildet?“

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132, hier S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bogota_1853/33>, abgerufen am 29.03.2024.