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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862.

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hunderts, den fast entmuthigenden Anblick der erweiterten Sphären reich erfüllter Himmels- und Erdräume hätte erleben können! Noch vor zehn Jahren lebte ich, wie mein Kosmos am Ende des zweiten Bandes (S. 398) es bezeugt, in der täuschenden Hoffnung die Haupt-Ergebnisse specieller Beobachtung, welche jetzt drei Bände füllen werden, in einen einzigen letzten Band vereinigen zu können. Es gelingt leichter, wenn man einige Anmuth der Form bewahren will, ein allgemeines Weltgemälde innerhalb vorerkannter Grenzen zu entwerfen als, in verschiedenartige Gruppen vertheilt, die einzelnen Elemente zu beleuchten, auf welche man vorzugsweise zu einer bestimmten Zeitepoche unsrer wissenschaftlichen Erkenntniß die Resultate gegründet glaubt.

Bei der Vollendung einer wenigstens mit ausdauerndem Fleiße durchgeführten Arbeit ist es dem Verfasser wohl erlaubt noch einmal die Frage zu berühren: ob sein Buch vom Kosmos dem ursprünglich vorgeschriebenen Plane, ich möchte sagen der Beschränktheit treu geblieben ist, welche ihm nach seiner individuellen Ansicht, nach seiner Kenntniß von dem bisherigen Zustande des errungenen Wissens rathsam schien. Ich habe in dem Buche erstrebt: eine denkende Betrachtung der durch die Empirie1 gegebenen Erscheinungen, die Zusammenstellung des Entwicklungsfähigen zu einem Naturganzen. Die Verallgemeinerung der Ansichten von den Uebergängen der realen, ununterbrochen thätigen Naturprocesse in einander (eines der herrlichsten Ergebnisse unseres Zeitalters!) führt zur Erforschung von Gesetzen, da, wo sie zu erkennen oder wenigstens zu erahnden sind. Klarheit und Lebendigkeit der Sprache in der objectiven Darstellung der Erscheinungen wie in dem Reflex der äußeren Natur auf das geistige Leben im Kosmos, auf die

hunderts, den fast entmuthigenden Anblick der erweiterten Sphären reich erfüllter Himmels- und Erdräume hätte erleben können! Noch vor zehn Jahren lebte ich, wie mein Kosmos am Ende des zweiten Bandes (S. 398) es bezeugt, in der täuschenden Hoffnung die Haupt-Ergebnisse specieller Beobachtung, welche jetzt drei Bände füllen werden, in einen einzigen letzten Band vereinigen zu können. Es gelingt leichter, wenn man einige Anmuth der Form bewahren will, ein allgemeines Weltgemälde innerhalb vorerkannter Grenzen zu entwerfen als, in verschiedenartige Gruppen vertheilt, die einzelnen Elemente zu beleuchten, auf welche man vorzugsweise zu einer bestimmten Zeitepoche unsrer wissenschaftlichen Erkenntniß die Resultate gegründet glaubt.

Bei der Vollendung einer wenigstens mit ausdauerndem Fleiße durchgeführten Arbeit ist es dem Verfasser wohl erlaubt noch einmal die Frage zu berühren: ob sein Buch vom Kosmos dem ursprünglich vorgeschriebenen Plane, ich möchte sagen der Beschränktheit treu geblieben ist, welche ihm nach seiner individuellen Ansicht, nach seiner Kenntniß von dem bisherigen Zustande des errungenen Wissens rathsam schien. Ich habe in dem Buche erstrebt: eine denkende Betrachtung der durch die Empirie1 gegebenen Erscheinungen, die Zusammenstellung des Entwicklungsfähigen zu einem Naturganzen. Die Verallgemeinerung der Ansichten von den Uebergängen der realen, ununterbrochen thätigen Naturprocesse in einander (eines der herrlichsten Ergebnisse unseres Zeitalters!) führt zur Erforschung von Gesetzen, da, wo sie zu erkennen oder wenigstens zu erahnden sind. Klarheit und Lebendigkeit der Sprache in der objectiven Darstellung der Erscheinungen wie in dem Reflex der äußeren Natur auf das geistige Leben im Kosmos, auf die

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[5/0012] hunderts, den fast entmuthigenden Anblick der erweiterten Sphären reich erfüllter Himmels- und Erdräume hätte erleben können! Noch vor zehn Jahren lebte ich, wie mein Kosmos am Ende des zweiten Bandes (S. 398) es bezeugt, in der täuschenden Hoffnung die Haupt-Ergebnisse specieller Beobachtung, welche jetzt drei Bände füllen werden, in einen einzigen letzten Band vereinigen zu können. Es gelingt leichter, wenn man einige Anmuth der Form bewahren will, ein allgemeines Weltgemälde innerhalb vorerkannter Grenzen zu entwerfen als, in verschiedenartige Gruppen vertheilt, die einzelnen Elemente zu beleuchten, auf welche man vorzugsweise zu einer bestimmten Zeitepoche unsrer wissenschaftlichen Erkenntniß die Resultate gegründet glaubt. Bei der Vollendung einer wenigstens mit ausdauerndem Fleiße durchgeführten Arbeit ist es dem Verfasser wohl erlaubt noch einmal die Frage zu berühren: ob sein Buch vom Kosmos dem ursprünglich vorgeschriebenen Plane, ich möchte sagen der Beschränktheit treu geblieben ist, welche ihm nach seiner individuellen Ansicht, nach seiner Kenntniß von dem bisherigen Zustande des errungenen Wissens rathsam schien. Ich habe in dem Buche erstrebt: eine denkende Betrachtung der durch die Empirie ¹ gegebenen Erscheinungen, die Zusammenstellung des Entwicklungsfähigen zu einem Naturganzen. Die Verallgemeinerung der Ansichten von den Uebergängen der realen, ununterbrochen thätigen Naturprocesse in einander (eines der herrlichsten Ergebnisse unseres Zeitalters!) führt zur Erforschung von Gesetzen, da, wo sie zu erkennen oder wenigstens zu erahnden sind. Klarheit und Lebendigkeit der Sprache in der objectiven Darstellung der Erscheinungen wie in dem Reflex der äußeren Natur auf das geistige Leben im Kosmos, auf die

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos0501_1862/12>, abgerufen am 28.03.2024.