Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

schwemmungen waren für den Vesuv der 17te December 1631, für den Aetna der 9te März 1755. Die Wassermasse, welche an dem eben genannten Tage vom Kegel des Vesuvs herabkam, war so groß, daß, bei Nola, an einigen Stellen die Ueberschwemmung 12 Fuß Höhe hatte. Am 18ten und 31ten December erneuerte sich das furchtbare Phänomen gegen Resina und Ottajano hin. Da der Krater in Wolken gehüllt blieb, so kann man nicht mit Gewißheit entscheiden, was aus ihm überströmte oder dem entstandenen Gewitter zugehörte. Die ausgeworfenen Seemuscheln, Algen und kleinen Fische bleiben sehr ungewiß. Auch 1779 und 1794 werden Schlammströme (mit Rapilli und Sand gemischte Wasser), die lave d'acqua e lave di fango, von Scacchi in seiner Chronologie der Eruptionen aufgeführt.27 Am Aetna brachen am 9 März 1755 die heißen Wasser nicht aus dem Krater, sondern am Fuß des Kegels aus Spalten hervor, und wurden ebenfalls von Mecatti dem geschmolzenen Schnee zugeschrieben. Da ich einen Monat nach der großen Eruption des Vesuvs vom 22 October 1822 den Vulkan mehrmals besucht habe, so kann ich ein merkwürdiges Beispiel von den Täuschungen anführen, zu welchen die Flüchtigkeit der Beobachtung Anlaß giebt. Am 26 October verbreitete sich in der Umgegend des Vesuvs das Gerücht: ein Strom siedenden Wassers stürze den Aschenkegel herab. Monticelli erkannte bald, daß eine optische Täuschung dieses irrige Gerücht verursacht habe. Der vorgebliche Strom war eine große Menge trockner Asche, die aus einer Kluft in dem obersten Rande des Kraters, wie Triebsand, hervorschoß. Nach einer die Felder verödenden Dürre, welche dem von Lord Minto beschriebenen Ausbruch des Vesuvs vorhergegangen war, erregte gegen das Ende desselben das vulkanische

schwemmungen waren für den Vesuv der 17te December 1631, für den Aetna der 9te März 1755. Die Wassermasse, welche an dem eben genannten Tage vom Kegel des Vesuvs herabkam, war so groß, daß, bei Nola, an einigen Stellen die Ueberschwemmung 12 Fuß Höhe hatte. Am 18ten und 31ten December erneuerte sich das furchtbare Phänomen gegen Resina und Ottajano hin. Da der Krater in Wolken gehüllt blieb, so kann man nicht mit Gewißheit entscheiden, was aus ihm überströmte oder dem entstandenen Gewitter zugehörte. Die ausgeworfenen Seemuscheln, Algen und kleinen Fische bleiben sehr ungewiß. Auch 1779 und 1794 werden Schlammströme (mit Rapilli und Sand gemischte Wasser), die lave d'acqua e lave di fango, von Scacchi in seiner Chronologie der Eruptionen aufgeführt.27 Am Aetna brachen am 9 März 1755 die heißen Wasser nicht aus dem Krater, sondern am Fuß des Kegels aus Spalten hervor, und wurden ebenfalls von Mecatti dem geschmolzenen Schnee zugeschrieben. Da ich einen Monat nach der großen Eruption des Vesuvs vom 22 October 1822 den Vulkan mehrmals besucht habe, so kann ich ein merkwürdiges Beispiel von den Täuschungen anführen, zu welchen die Flüchtigkeit der Beobachtung Anlaß giebt. Am 26 October verbreitete sich in der Umgegend des Vesuvs das Gerücht: ein Strom siedenden Wassers stürze den Aschenkegel herab. Monticelli erkannte bald, daß eine optische Täuschung dieses irrige Gerücht verursacht habe. Der vorgebliche Strom war eine große Menge trockner Asche, die aus einer Kluft in dem obersten Rande des Kraters, wie Triebsand, hervorschoß. Nach einer die Felder verödenden Dürre, welche dem von Lord Minto beschriebenen Ausbruch des Vesuvs vorhergegangen war, erregte gegen das Ende desselben das vulkanische

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0046" n="39"/>
schwemmungen waren für den Vesuv der 17<hi rendition="#sup">te</hi> December 1631, für den Aetna der 9<hi rendition="#sup">te</hi> März 1755. Die Wassermasse, welche an dem eben genannten Tage vom Kegel des Vesuvs herabkam, war so groß, daß, bei Nola, an einigen Stellen die Ueberschwemmung 12 Fuß Höhe hatte. Am 18<hi rendition="#sup">ten</hi> und 31<hi rendition="#sup">ten</hi> December erneuerte sich das furchtbare Phänomen gegen Resina und Ottajano hin. Da der Krater in Wolken gehüllt blieb, so kann man nicht mit Gewißheit entscheiden, was aus ihm überströmte oder dem entstandenen Gewitter zugehörte. Die ausgeworfenen <hi rendition="#g">Seemuscheln, Algen</hi> und kleinen <hi rendition="#g">Fische</hi> bleiben sehr ungewiß. Auch 1779 und 1794 werden Schlammströme (mit Rapilli und Sand gemischte Wasser), die lave d'acqua e lave di fango, von Scacchi in seiner Chronologie der Eruptionen aufgeführt.<note xml:id="ftn40" next="ftn40-text" place="end" n="27"/> Am Aetna brachen am 9 März 1755 die heißen Wasser nicht aus dem Krater, sondern am Fuß des Kegels aus Spalten hervor, und wurden ebenfalls von Mecatti dem geschmolzenen Schnee zugeschrieben. Da ich einen Monat nach der großen Eruption des Vesuvs vom 22 October 1822 den Vulkan mehrmals besucht habe, so kann ich ein merkwürdiges Beispiel von den Täuschungen anführen, zu welchen die Flüchtigkeit der Beobachtung Anlaß giebt. Am 26 October verbreitete sich in der Umgegend des Vesuvs das Gerücht: ein Strom siedenden Wassers stürze den Aschenkegel herab. Monticelli erkannte bald, daß eine optische Täuschung dieses irrige Gerücht verursacht habe. Der vorgebliche Strom war eine große Menge <hi rendition="#g">trockner</hi> Asche, die aus einer Kluft in dem obersten Rande des Kraters, wie Triebsand, hervorschoß. Nach einer die Felder verödenden Dürre, welche dem von Lord Minto beschriebenen Ausbruch des Vesuvs vorhergegangen war, erregte gegen das Ende desselben das <hi rendition="#g">vulkanische
</hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0046] schwemmungen waren für den Vesuv der 17te December 1631, für den Aetna der 9te März 1755. Die Wassermasse, welche an dem eben genannten Tage vom Kegel des Vesuvs herabkam, war so groß, daß, bei Nola, an einigen Stellen die Ueberschwemmung 12 Fuß Höhe hatte. Am 18ten und 31ten December erneuerte sich das furchtbare Phänomen gegen Resina und Ottajano hin. Da der Krater in Wolken gehüllt blieb, so kann man nicht mit Gewißheit entscheiden, was aus ihm überströmte oder dem entstandenen Gewitter zugehörte. Die ausgeworfenen Seemuscheln, Algen und kleinen Fische bleiben sehr ungewiß. Auch 1779 und 1794 werden Schlammströme (mit Rapilli und Sand gemischte Wasser), die lave d'acqua e lave di fango, von Scacchi in seiner Chronologie der Eruptionen aufgeführt. ²⁷ Am Aetna brachen am 9 März 1755 die heißen Wasser nicht aus dem Krater, sondern am Fuß des Kegels aus Spalten hervor, und wurden ebenfalls von Mecatti dem geschmolzenen Schnee zugeschrieben. Da ich einen Monat nach der großen Eruption des Vesuvs vom 22 October 1822 den Vulkan mehrmals besucht habe, so kann ich ein merkwürdiges Beispiel von den Täuschungen anführen, zu welchen die Flüchtigkeit der Beobachtung Anlaß giebt. Am 26 October verbreitete sich in der Umgegend des Vesuvs das Gerücht: ein Strom siedenden Wassers stürze den Aschenkegel herab. Monticelli erkannte bald, daß eine optische Täuschung dieses irrige Gerücht verursacht habe. Der vorgebliche Strom war eine große Menge trockner Asche, die aus einer Kluft in dem obersten Rande des Kraters, wie Triebsand, hervorschoß. Nach einer die Felder verödenden Dürre, welche dem von Lord Minto beschriebenen Ausbruch des Vesuvs vorhergegangen war, erregte gegen das Ende desselben das vulkanische

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos0501_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos0501_1862/46
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos0501_1862/46>, abgerufen am 24.04.2024.