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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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nicht lange, so wußte Emerentia, woran sie mit
-- dem Bedienten Karl Buttervogel war.

Erschreckt nicht, meine Theuren! Die Sache hatte
sich ganz natürlich zugetragen, nämlich folgendermaßen.
Anfangs war die Gestalt des so sehnlich zurückerwar-
teten Geliebten wie ein Traumbild vor ihr auf und
nieder gewallt, nach und nach hatte das Traumbild
bestimmte Züge angenommen, endlich wich jeder Zwei-
fel und machte der gewissesten Gewißheit Raum.

Denkt an Emerentien's Bewegung, als die bei-
den Fremdlinge die Burg ihrer Väter betraten, als
aus dem Munde des Dieners die verhängnißvollen
Worte: Blumenhut und Lauferschurz, erklangen, als
der Diener selbst mit dem improvisirten Blumen-
hute und Lauferschurze vor ihr stand! War ihrem
Geiste nicht seit so vielen Jahren der Laufer als
Vorläufer des Fürsten von Hechelkram erschienen?
Da stand nun ein Laufer vor ihr, das bunte Ta-
schentuch als Schurz um die Hüfte gewunden, den
Strauß von Feldblumen am Hute, kein gewöhn-
licher gemachter Laufer, nein, ein unwillkührlich
zusammengefügter, ein Schicksalslaufer!

Es durchzuckte ihr Herz. Wenn sie in diesem
Augenblicke den Wink der himmlischen Mächte nicht

nicht lange, ſo wußte Emerentia, woran ſie mit
— dem Bedienten Karl Buttervogel war.

Erſchreckt nicht, meine Theuren! Die Sache hatte
ſich ganz natürlich zugetragen, nämlich folgendermaßen.
Anfangs war die Geſtalt des ſo ſehnlich zurückerwar-
teten Geliebten wie ein Traumbild vor ihr auf und
nieder gewallt, nach und nach hatte das Traumbild
beſtimmte Züge angenommen, endlich wich jeder Zwei-
fel und machte der gewiſſeſten Gewißheit Raum.

Denkt an Emerentien’s Bewegung, als die bei-
den Fremdlinge die Burg ihrer Väter betraten, als
aus dem Munde des Dieners die verhängnißvollen
Worte: Blumenhut und Lauferſchurz, erklangen, als
der Diener ſelbſt mit dem improviſirten Blumen-
hute und Lauferſchurze vor ihr ſtand! War ihrem
Geiſte nicht ſeit ſo vielen Jahren der Laufer als
Vorläufer des Fürſten von Hechelkram erſchienen?
Da ſtand nun ein Laufer vor ihr, das bunte Ta-
ſchentuch als Schurz um die Hüfte gewunden, den
Strauß von Feldblumen am Hute, kein gewöhn-
licher gemachter Laufer, nein, ein unwillkührlich
zuſammengefügter, ein Schickſalslaufer!

Es durchzuckte ihr Herz. Wenn ſie in dieſem
Augenblicke den Wink der himmliſchen Mächte nicht

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[15/0033] nicht lange, ſo wußte Emerentia, woran ſie mit — dem Bedienten Karl Buttervogel war. Erſchreckt nicht, meine Theuren! Die Sache hatte ſich ganz natürlich zugetragen, nämlich folgendermaßen. Anfangs war die Geſtalt des ſo ſehnlich zurückerwar- teten Geliebten wie ein Traumbild vor ihr auf und nieder gewallt, nach und nach hatte das Traumbild beſtimmte Züge angenommen, endlich wich jeder Zwei- fel und machte der gewiſſeſten Gewißheit Raum. Denkt an Emerentien’s Bewegung, als die bei- den Fremdlinge die Burg ihrer Väter betraten, als aus dem Munde des Dieners die verhängnißvollen Worte: Blumenhut und Lauferſchurz, erklangen, als der Diener ſelbſt mit dem improviſirten Blumen- hute und Lauferſchurze vor ihr ſtand! War ihrem Geiſte nicht ſeit ſo vielen Jahren der Laufer als Vorläufer des Fürſten von Hechelkram erſchienen? Da ſtand nun ein Laufer vor ihr, das bunte Ta- ſchentuch als Schurz um die Hüfte gewunden, den Strauß von Feldblumen am Hute, kein gewöhn- licher gemachter Laufer, nein, ein unwillkührlich zuſammengefügter, ein Schickſalslaufer! Es durchzuckte ihr Herz. Wenn ſie in dieſem Augenblicke den Wink der himmliſchen Mächte nicht

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/33>, abgerufen am 28.03.2024.