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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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ihn (welchen ich gefasset, nemlich bey der
Hand) und mein Auserwehlter, an wel-
chem meine Seele Wohlgefallen hat. Jch
habe ihm meinen Geist gegeben, er wird das
Recht unter die Heiden bringen. Er
wird nicht schreyen noch ruffen, und seine
Stimme wird man nicht hören auf den
Gassen. Das zerstossene Rohr wird er
nicht zubrechen, und das glimmende Tocht
wird er nicht auslöschen, er wird das Recht
wahrhafftig halten lehren. Er wird nicht
murrisch noch gräulich seyn, (er wird nicht
stumpff gemacht noch zerbrochen wer-
den
) (*) auf daß (bis daß) er auf Erden
das Recht anrichte (angerichtet habe);
und die Jnseln (**) werden auf sein Recht
warten. So spricht GOtt der HErr, der
die Himmel schaffet und ausbreitet, der die
Erde machet und ihr Gewächse (der die
Erde gegründet,
) der dem Volck, so dar-
auf ist, den Odem giebt, und den Geist de-
nen, die darauf gehen. Jch der HErr ha-
be dir geruffen mit Gerechtigkeit, und habe
dich bey deiner Hand gefasset, und habe dich
behütet, und habe dich zum Bund unter das
Volck gegeben (habe dich gesetzet, daß
du einen Bund mit dem Volcke machest
)

zum
(*) Dieses ist die gewöhnliche Bedeutung der
Worte, welche der selige Luther durch
murrisch und gräulich seyn übersetzet, welche
Uebersetzung aber gar nicht statt findet.
Der geneigte Leser bemercke, daß hier von
demjenigen, der mit dem Volcke GOttes ei-
nen neuen Bund aufrichten und ein Licht der
Heiden werden soll, vorher verkündiget wer-
de, er werde nicht stumpff gemacht oder ge-
schwächt und zerbrochen werden, bis daß er
auf Erden das Recht angerichtet. Der ge-
lehrte Leser beliebe hiebey des grossen Kunst-
richters des Clerici Commentarium in
Esaiam in h. l.
nachzuschlagen, welcher, da er
sonsten dem Grotivs in vielen Stücken fol-
get, sich hier doch nicht entbrechen kan mit vie-
len Gründen zu zeigen, wie der Grotius die-
se Verse recht martert, wenn er selbige auf
den Propheten Jesaias selbst ziehen will.
(**) Unter diesen Jnseln werden vermuthlich
keine andere als die heidnischen Jnseln und
halb Jnseln auf dem Mittelländischen Meer
verstanden, wohin die Juden mit den Ty-
riern handelten. Man bemercke wol, daß
diese Jnsulaner durch den Knecht, so hier be-
schrieben wird, zu der Erkenntniß GOttes und
seines Rechts kommen sollen.
G 4



ihn (welchen ich gefaſſet, nemlich bey der
Hand) und mein Auserwehlter, an wel-
chem meine Seele Wohlgefallen hat. Jch
habe ihm meinen Geiſt gegeben, er wird das
Recht unter die Heiden bringen. Er
wird nicht ſchreyen noch ruffen, und ſeine
Stimme wird man nicht hoͤren auf den
Gaſſen. Das zerſtoſſene Rohr wird er
nicht zubrechen, und das glimmende Tocht
wird er nicht ausloͤſchen, er wird das Recht
wahrhafftig halten lehren. Er wird nicht
murriſch noch graͤulich ſeyn, (er wird nicht
ſtumpff gemacht noch zerbrochen wer-
den
) (*) auf daß (bis daß) er auf Erden
das Recht anrichte (angerichtet habe);
und die Jnſeln (**) werden auf ſein Recht
warten. So ſpricht GOtt der HErr, der
die Himmel ſchaffet und ausbreitet, der die
Erde machet und ihr Gewaͤchſe (der die
Erde gegruͤndet,
) der dem Volck, ſo dar-
auf iſt, den Odem giebt, und den Geiſt de-
nen, die darauf gehen. Jch der HErr ha-
be dir geruffen mit Gerechtigkeit, und habe
dich bey deiner Hand gefaſſet, und habe dich
behuͤtet, und habe dich zum Bund unter das
Volck gegeben (habe dich geſetzet, daß
du einen Bund mit dem Volcke macheſt
)

zum
(*) Dieſes iſt die gewoͤhnliche Bedeutung der
Worte, welche der ſelige Luther durch
murriſch und graͤulich ſeyn uͤberſetzet, welche
Ueberſetzung aber gar nicht ſtatt findet.
Der geneigte Leſer bemercke, daß hier von
demjenigen, der mit dem Volcke GOttes ei-
nen neuen Bund aufrichten und ein Licht der
Heiden werden ſoll, vorher verkuͤndiget wer-
de, er werde nicht ſtumpff gemacht oder ge-
ſchwaͤcht und zerbrochen werden, bis daß er
auf Erden das Recht angerichtet. Der ge-
lehrte Leſer beliebe hiebey des groſſen Kunſt-
richters des Clerici Commentarium in
Eſaiam in h. l.
nachzuſchlagen, welcher, da er
ſonſten dem Grotivſ in vielen Stuͤcken fol-
get, ſich hier doch nicht entbrechen kan mit vie-
len Gruͤnden zu zeigen, wie der Grotiuſ die-
ſe Verſe recht martert, wenn er ſelbige auf
den Propheten Jeſaias ſelbſt ziehen will.
(**) Unter dieſen Jnſeln werden vermuthlich
keine andere als die heidniſchen Jnſeln und
halb Jnſeln auf dem Mittellaͤndiſchen Meer
verſtanden, wohin die Juden mit den Ty-
riern handelten. Man bemercke wol, daß
dieſe Jnſulaner durch den Knecht, ſo hier be-
ſchrieben wird, zu der Erkenntniß GOttes und
ſeines Rechts kommen ſollen.
G 4
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[103/0121] ihn (welchen ich gefaſſet, nemlich bey der Hand) und mein Auserwehlter, an wel- chem meine Seele Wohlgefallen hat. Jch habe ihm meinen Geiſt gegeben, er wird das Recht unter die Heiden bringen. Er wird nicht ſchreyen noch ruffen, und ſeine Stimme wird man nicht hoͤren auf den Gaſſen. Das zerſtoſſene Rohr wird er nicht zubrechen, und das glimmende Tocht wird er nicht ausloͤſchen, er wird das Recht wahrhafftig halten lehren. Er wird nicht murriſch noch graͤulich ſeyn, (er wird nicht ſtumpff gemacht noch zerbrochen wer- den) (*) auf daß (bis daß) er auf Erden das Recht anrichte (angerichtet habe); und die Jnſeln (**) werden auf ſein Recht warten. So ſpricht GOtt der HErr, der die Himmel ſchaffet und ausbreitet, der die Erde machet und ihr Gewaͤchſe (der die Erde gegruͤndet,) der dem Volck, ſo dar- auf iſt, den Odem giebt, und den Geiſt de- nen, die darauf gehen. Jch der HErr ha- be dir geruffen mit Gerechtigkeit, und habe dich bey deiner Hand gefaſſet, und habe dich behuͤtet, und habe dich zum Bund unter das Volck gegeben (habe dich geſetzet, daß du einen Bund mit dem Volcke macheſt) zum (*) Dieſes iſt die gewoͤhnliche Bedeutung der Worte, welche der ſelige Luther durch murriſch und graͤulich ſeyn uͤberſetzet, welche Ueberſetzung aber gar nicht ſtatt findet. Der geneigte Leſer bemercke, daß hier von demjenigen, der mit dem Volcke GOttes ei- nen neuen Bund aufrichten und ein Licht der Heiden werden ſoll, vorher verkuͤndiget wer- de, er werde nicht ſtumpff gemacht oder ge- ſchwaͤcht und zerbrochen werden, bis daß er auf Erden das Recht angerichtet. Der ge- lehrte Leſer beliebe hiebey des groſſen Kunſt- richters des Clerici Commentarium in Eſaiam in h. l. nachzuſchlagen, welcher, da er ſonſten dem Grotivſ in vielen Stuͤcken fol- get, ſich hier doch nicht entbrechen kan mit vie- len Gruͤnden zu zeigen, wie der Grotiuſ die- ſe Verſe recht martert, wenn er ſelbige auf den Propheten Jeſaias ſelbſt ziehen will. (**) Unter dieſen Jnſeln werden vermuthlich keine andere als die heidniſchen Jnſeln und halb Jnſeln auf dem Mittellaͤndiſchen Meer verſtanden, wohin die Juden mit den Ty- riern handelten. Man bemercke wol, daß dieſe Jnſulaner durch den Knecht, ſo hier be- ſchrieben wird, zu der Erkenntniß GOttes und ſeines Rechts kommen ſollen. G 4

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/121>, abgerufen am 28.03.2024.