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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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nung, welche wir anjetzo vortragen wol-
len.

§. 12.

So weit unsere Einsicht reichet, ist esVorberei-
tung zu
der Beant-
wortung
dieser Fra-
ge.

hinlänglich erwiesen, und völlig klar, daß
GOtt die Vielweiberey nicht so gut befun-
den als die Ehen zwischen einem Manne
und einer Frau. Die erste Ehe, so er sel-
ber gestiftet, und die Verhältniß beyder
Geschlechter gegen einander setzen dieses
ausser allen Zweifel. Wir können hier-
aus sicher schliessen, daß der HErr die Ehen
mit vielen Frauen gegen die Ehen eines
Mannes mit einer Frau als ein Uebel an-
gesehen. Wenn ein weiser Regente aber
ein gewisses Uebel in seinem Staate dul-
det, so ist daraus der sichere Schluß zu ma-
chen, daß gewisse besondere Umstände ver-
ursachen, daß die Verhinderung eines sol-
chen Uebels ein noch grösser Uebel zeuge.
Es trägt sich dieses nicht selten zu, daß ein
Regente ein geringer Uebel zugeben muß,
um ein grösseres zu verhüten. Und wo ist
nur ein Hauß-Vater, der nicht zuweilen
genöthiget ist, aus zween Uebeln eines zu
wehlen? Die Weißheit GOttes räth
gleichfalls in der weitläuftigen Regierung

der
M 5



nung, welche wir anjetzo vortragen wol-
len.

§. 12.

So weit unſere Einſicht reichet, iſt esVorberei-
tung zu
der Beant-
wortung
dieſer Fra-
ge.

hinlaͤnglich erwieſen, und voͤllig klar, daß
GOtt die Vielweiberey nicht ſo gut befun-
den als die Ehen zwiſchen einem Manne
und einer Frau. Die erſte Ehe, ſo er ſel-
ber geſtiftet, und die Verhaͤltniß beyder
Geſchlechter gegen einander ſetzen dieſes
auſſer allen Zweifel. Wir koͤnnen hier-
aus ſicher ſchlieſſen, daß der HErr die Ehen
mit vielen Frauen gegen die Ehen eines
Mannes mit einer Frau als ein Uebel an-
geſehen. Wenn ein weiſer Regente aber
ein gewiſſes Uebel in ſeinem Staate dul-
det, ſo iſt daraus der ſichere Schluß zu ma-
chen, daß gewiſſe beſondere Umſtaͤnde ver-
urſachen, daß die Verhinderung eines ſol-
chen Uebels ein noch groͤſſer Uebel zeuge.
Es traͤgt ſich dieſes nicht ſelten zu, daß ein
Regente ein geringer Uebel zugeben muß,
um ein groͤſſeres zu verhuͤten. Und wo iſt
nur ein Hauß-Vater, der nicht zuweilen
genoͤthiget iſt, aus zween Uebeln eines zu
wehlen? Die Weißheit GOttes raͤth
gleichfalls in der weitlaͤuftigen Regierung

der
M 5
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[185/0203] nung, welche wir anjetzo vortragen wol- len. §. 12. So weit unſere Einſicht reichet, iſt es hinlaͤnglich erwieſen, und voͤllig klar, daß GOtt die Vielweiberey nicht ſo gut befun- den als die Ehen zwiſchen einem Manne und einer Frau. Die erſte Ehe, ſo er ſel- ber geſtiftet, und die Verhaͤltniß beyder Geſchlechter gegen einander ſetzen dieſes auſſer allen Zweifel. Wir koͤnnen hier- aus ſicher ſchlieſſen, daß der HErr die Ehen mit vielen Frauen gegen die Ehen eines Mannes mit einer Frau als ein Uebel an- geſehen. Wenn ein weiſer Regente aber ein gewiſſes Uebel in ſeinem Staate dul- det, ſo iſt daraus der ſichere Schluß zu ma- chen, daß gewiſſe beſondere Umſtaͤnde ver- urſachen, daß die Verhinderung eines ſol- chen Uebels ein noch groͤſſer Uebel zeuge. Es traͤgt ſich dieſes nicht ſelten zu, daß ein Regente ein geringer Uebel zugeben muß, um ein groͤſſeres zu verhuͤten. Und wo iſt nur ein Hauß-Vater, der nicht zuweilen genoͤthiget iſt, aus zween Uebeln eines zu wehlen? Die Weißheit GOttes raͤth gleichfalls in der weitlaͤuftigen Regierung der Vorberei- tung zu der Beant- wortung dieſer Fra- ge. M 5

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/203>, abgerufen am 25.04.2024.