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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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dert und mehr Meilen reisen, ehe sie auf die
Grentze kommen. Solche können folglich
nicht ihren Acker bauen, und auch streiten.
Sondern es muß eine ansehnliche Menge
Manns-Personen zu Hause bleiben, die
das Haußwesen versehen. Ferner fällt es
sehr schwer für die zahlreichen Armeen
grosser Reiche die Lebens-Mittel und Krie-
ges-Geräthschafft nachzufahren, und müs-
sen schon sehr viel Leute dazu gebraucht
werden, welche fechten können, wenn alles
in kleine Staaten zertheilet ist und die Ar-
meen nicht weit reisen. Es ist folglich
klar, daß in grossen Reichen nach ihrer Ver-
hältniß gegen kleine Staaten, nicht so viel
Menschen zu Felde gehen können, als in
diesen kleinen Gesellschafften. Als dero-
wegen grosse Reiche aus den kleinen Herr-
schafften zusammen wuchsen, so wurde das
männliche Geschlecht in etwas mehr ge-
schonet als vorher. Doch blieben noch
viele hundert Jahre die übrigen Ursachen
des unsäglichen Blutvergiessens, welche
wir oben angeführet. Fast ein jeder Un-
terthan wurde von Jugend auf zum Krie-
ge erzogen und wer nur einiges Geschick
dazu erlangte, war verbunden, wenn es

erfor-



dert und mehr Meilen reiſen, ehe ſie auf die
Grentze kommen. Solche koͤnnen folglich
nicht ihren Acker bauen, und auch ſtreiten.
Sondern es muß eine anſehnliche Menge
Manns-Perſonen zu Hauſe bleiben, die
das Haußweſen verſehen. Ferner faͤllt es
ſehr ſchwer fuͤr die zahlreichen Armeen
groſſer Reiche die Lebens-Mittel und Krie-
ges-Geraͤthſchafft nachzufahren, und muͤſ-
ſen ſchon ſehr viel Leute dazu gebraucht
werden, welche fechten koͤnnen, wenn alles
in kleine Staaten zertheilet iſt und die Ar-
meen nicht weit reiſen. Es iſt folglich
klar, daß in groſſen Reichen nach ihrer Ver-
haͤltniß gegen kleine Staaten, nicht ſo viel
Menſchen zu Felde gehen koͤnnen, als in
dieſen kleinen Geſellſchafften. Als dero-
wegen groſſe Reiche aus den kleinen Herr-
ſchafften zuſammen wuchſen, ſo wurde das
maͤnnliche Geſchlecht in etwas mehr ge-
ſchonet als vorher. Doch blieben noch
viele hundert Jahre die uͤbrigen Urſachen
des unſaͤglichen Blutvergieſſens, welche
wir oben angefuͤhret. Faſt ein jeder Un-
terthan wurde von Jugend auf zum Krie-
ge erzogen und wer nur einiges Geſchick
dazu erlangte, war verbunden, wenn es

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[192/0210] dert und mehr Meilen reiſen, ehe ſie auf die Grentze kommen. Solche koͤnnen folglich nicht ihren Acker bauen, und auch ſtreiten. Sondern es muß eine anſehnliche Menge Manns-Perſonen zu Hauſe bleiben, die das Haußweſen verſehen. Ferner faͤllt es ſehr ſchwer fuͤr die zahlreichen Armeen groſſer Reiche die Lebens-Mittel und Krie- ges-Geraͤthſchafft nachzufahren, und muͤſ- ſen ſchon ſehr viel Leute dazu gebraucht werden, welche fechten koͤnnen, wenn alles in kleine Staaten zertheilet iſt und die Ar- meen nicht weit reiſen. Es iſt folglich klar, daß in groſſen Reichen nach ihrer Ver- haͤltniß gegen kleine Staaten, nicht ſo viel Menſchen zu Felde gehen koͤnnen, als in dieſen kleinen Geſellſchafften. Als dero- wegen groſſe Reiche aus den kleinen Herr- ſchafften zuſammen wuchſen, ſo wurde das maͤnnliche Geſchlecht in etwas mehr ge- ſchonet als vorher. Doch blieben noch viele hundert Jahre die uͤbrigen Urſachen des unſaͤglichen Blutvergieſſens, welche wir oben angefuͤhret. Faſt ein jeder Un- terthan wurde von Jugend auf zum Krie- ge erzogen und wer nur einiges Geſchick dazu erlangte, war verbunden, wenn es erfor-

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/210>, abgerufen am 19.04.2024.