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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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§. 21.

Wir hätten nunmehr unserm EndzweckOb unter
den ersten
Christen
die Viel-
weiberey
gewesen.

ein Genüge geleistet, und die Absicht, war-
um GOtt die Vielweiberey unter seinem
Volcke eine so lange Zeit nachgesehen, aus
sichern Gründen hergeleitet. Weil aber
bey dieser Materie noch einige Fragen pfle-
gen vorgebracht und abgehandelt zu wer-
den, so wollen wir unsere Gedancken über
selbige kürtzlich hier beyfügen. Es pfiegt
bey dieser Materie gefragt zu werden, ob
unter den ersten Christen gar keine Exempel
von einer Vielweiberey sollten gewesen seyn.
Diejenigen, welche dafür halten, daß die
Vielweiberey auch bey dem Christenthum
erlaubt sey, pflegen anzunehmen, daß selbi-
ge bey den ersten Christen noch gewöhnlich
gewesen. Dieses zu beweisen, machen sie
folgenden Schluß. Die Vielweiberey
ist zu den Zeiten Christi und seiner Apo-
stel so wol unter den Juden als vielen
andern Völckern noch gewöhnlich ge-
wesen. Nun ist höchst wahrschein-
lich, daß dergleichen Männer gleich an-
fänglich sind bekehret worden, die mehr
als eine Frau gehabt. Man findet kei-

nen
P 5


§. 21.

Wir haͤtten nunmehr unſerm EndzweckOb unter
den erſten
Chriſten
die Viel-
weiberey
geweſen.

ein Genuͤge geleiſtet, und die Abſicht, war-
um GOtt die Vielweiberey unter ſeinem
Volcke eine ſo lange Zeit nachgeſehen, aus
ſichern Gruͤnden hergeleitet. Weil aber
bey dieſer Materie noch einige Fragen pfle-
gen vorgebracht und abgehandelt zu wer-
den, ſo wollen wir unſere Gedancken uͤber
ſelbige kuͤrtzlich hier beyfuͤgen. Es pfiegt
bey dieſer Materie gefragt zu werden, ob
unter den erſten Chriſten gar keine Exempel
von einer Vielweiberey ſollten geweſen ſeyn.
Diejenigen, welche dafuͤr halten, daß die
Vielweiberey auch bey dem Chriſtenthum
erlaubt ſey, pflegen anzunehmen, daß ſelbi-
ge bey den erſten Chriſten noch gewoͤhnlich
geweſen. Dieſes zu beweiſen, machen ſie
folgenden Schluß. Die Vielweiberey
iſt zu den Zeiten Chriſti und ſeiner Apo-
ſtel ſo wol unter den Juden als vielen
andern Voͤlckern noch gewoͤhnlich ge-
weſen. Nun iſt hoͤchſt wahrſchein-
lich, daß dergleichen Maͤnner gleich an-
faͤnglich ſind bekehret worden, die mehr
als eine Frau gehabt. Man findet kei-

nen
P 5
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[233/0251] §. 21. Wir haͤtten nunmehr unſerm Endzweck ein Genuͤge geleiſtet, und die Abſicht, war- um GOtt die Vielweiberey unter ſeinem Volcke eine ſo lange Zeit nachgeſehen, aus ſichern Gruͤnden hergeleitet. Weil aber bey dieſer Materie noch einige Fragen pfle- gen vorgebracht und abgehandelt zu wer- den, ſo wollen wir unſere Gedancken uͤber ſelbige kuͤrtzlich hier beyfuͤgen. Es pfiegt bey dieſer Materie gefragt zu werden, ob unter den erſten Chriſten gar keine Exempel von einer Vielweiberey ſollten geweſen ſeyn. Diejenigen, welche dafuͤr halten, daß die Vielweiberey auch bey dem Chriſtenthum erlaubt ſey, pflegen anzunehmen, daß ſelbi- ge bey den erſten Chriſten noch gewoͤhnlich geweſen. Dieſes zu beweiſen, machen ſie folgenden Schluß. Die Vielweiberey iſt zu den Zeiten Chriſti und ſeiner Apo- ſtel ſo wol unter den Juden als vielen andern Voͤlckern noch gewoͤhnlich ge- weſen. Nun iſt hoͤchſt wahrſchein- lich, daß dergleichen Maͤnner gleich an- faͤnglich ſind bekehret worden, die mehr als eine Frau gehabt. Man findet kei- nen Ob unter den erſten Chriſten die Viel- weiberey geweſen. P 5

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/251>, abgerufen am 28.03.2024.