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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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ersten Bewegung gleich wieder zum Tode
bestimmen. Ein Allwissender könne un-
möglich eine solche Einrichtung machen.

§. 8.

Jch antworte hierauf dieses: WoherFortse-
tzung des
vorigen.

weiß man denn, daß diese Animalcula
spermatica
Geschöpfe, daraus Menschen
und Thiere werden? Jst denn dieses schon
zu einer solchen Gewißheit gebracht, daß
man selbiges den stärcksten und bündigsten
Beweisen für die Allwissenheit GOttes
entgegen setzen kan? Wir sehen ja durch
unzählbare Proben, daß der Schöpfer alles
mit lebendigen Creaturen hat erfüllen wol-
len, wo nur einige leben können. Ein
Tropfen gemeiner Bier-Eßigs enthält der-
selben ebenfalls eine unzählbare Menge.
Woher weiß man denn, daß der Semen
masculinum
nicht auch mehr als einerley
Nutzen habe, und geschickt sey, gantze Hee-
re von Thierchen zu beleben und zu erneh-
ren, und denn auch das andere Geschlecht zu
schwängern? Mir ist es wenigstens gantz
und gar nicht wahrscheinlich, daß die Ani-
malcula spermatica
der erste Stoff der
Menschen und der Thiere seyn. Mein
Gegengrund ist dieser: Die zarte Haut,

so
S 5



erſten Bewegung gleich wieder zum Tode
beſtimmen. Ein Allwiſſender koͤnne un-
moͤglich eine ſolche Einrichtung machen.

§. 8.

Jch antworte hierauf dieſes: WoherFortſe-
tzung des
vorigen.

weiß man denn, daß dieſe Animalcula
ſpermatica
Geſchoͤpfe, daraus Menſchen
und Thiere werden? Jſt denn dieſes ſchon
zu einer ſolchen Gewißheit gebracht, daß
man ſelbiges den ſtaͤrckſten und buͤndigſten
Beweiſen fuͤr die Allwiſſenheit GOttes
entgegen ſetzen kan? Wir ſehen ja durch
unzaͤhlbare Proben, daß der Schoͤpfer alles
mit lebendigen Creaturen hat erfuͤllen wol-
len, wo nur einige leben koͤnnen. Ein
Tropfen gemeiner Bier-Eßigs enthaͤlt der-
ſelben ebenfalls eine unzaͤhlbare Menge.
Woher weiß man denn, daß der Semen
maſculinum
nicht auch mehr als einerley
Nutzen habe, und geſchickt ſey, gantze Hee-
re von Thierchen zu beleben und zu erneh-
ren, und denn auch das andere Geſchlecht zu
ſchwaͤngern? Mir iſt es wenigſtens gantz
und gar nicht wahrſcheinlich, daß die Ani-
malcula ſpermatica
der erſte Stoff der
Menſchen und der Thiere ſeyn. Mein
Gegengrund iſt dieſer: Die zarte Haut,

ſo
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[281/0299] erſten Bewegung gleich wieder zum Tode beſtimmen. Ein Allwiſſender koͤnne un- moͤglich eine ſolche Einrichtung machen. §. 8. Jch antworte hierauf dieſes: Woher weiß man denn, daß dieſe Animalcula ſpermatica Geſchoͤpfe, daraus Menſchen und Thiere werden? Jſt denn dieſes ſchon zu einer ſolchen Gewißheit gebracht, daß man ſelbiges den ſtaͤrckſten und buͤndigſten Beweiſen fuͤr die Allwiſſenheit GOttes entgegen ſetzen kan? Wir ſehen ja durch unzaͤhlbare Proben, daß der Schoͤpfer alles mit lebendigen Creaturen hat erfuͤllen wol- len, wo nur einige leben koͤnnen. Ein Tropfen gemeiner Bier-Eßigs enthaͤlt der- ſelben ebenfalls eine unzaͤhlbare Menge. Woher weiß man denn, daß der Semen maſculinum nicht auch mehr als einerley Nutzen habe, und geſchickt ſey, gantze Hee- re von Thierchen zu beleben und zu erneh- ren, und denn auch das andere Geſchlecht zu ſchwaͤngern? Mir iſt es wenigſtens gantz und gar nicht wahrſcheinlich, daß die Ani- malcula ſpermatica der erſte Stoff der Menſchen und der Thiere ſeyn. Mein Gegengrund iſt dieſer: Die zarte Haut, ſo Fortſe- tzung des vorigen. S 5

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/299>, abgerufen am 19.04.2024.