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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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mer als ein Keime der Rube anzusehen.
Bricht man selbiges recht rein heraus, oder
die Erdflöhe fressen es ab, so verdirbet auch
die Rube und wächset nicht weiter. Jch
hatte Artuffeln in meinem Garten an ei-
nem Orte, wo ich sie nicht haben wollte,
ich konnte das Land davon nicht rein be-
kommen. Es blieben bey dem Umgraben
immer einige zurück. Jch fieng an, ihnen
beständig das junge Kraut abzuschneiden:
und in kurtzer Zeit war ich aller Artuffeln
los. Man breche von einem Propffreise
alle Augen, es wird bald vertrocknen. Es
ist bekannt, daß gantze Bäume zu Zeiten
trocken werden, wenn die Raupen ihnen
immer das junge Laub abfressen. Hier-
aus wird klar, daß die Keimen von den übri-
gen Theilen der Gewächse, womit sie ver-
bunden, zwar ihre Nahrung haben, daß
aber auch hinwiederum die übrigen Theile
des Gewächses keinen Wachsthum ohne
solche Keimen haben können. Wir wollen
uns über die Ursachen hievon nicht einlas-
sen, sondern nur bey dieser Erfahrung ste-
hen bleiben. Wer das weiß, daß zu dem
Wachsthum aller Gewächse ein gewisser
Umlauf der Säffte vonnöthen, und daß

derselbe
T 3



mer als ein Keime der Rube anzuſehen.
Bricht man ſelbiges recht rein heraus, oder
die Erdfloͤhe freſſen es ab, ſo verdirbet auch
die Rube und waͤchſet nicht weiter. Jch
hatte Artuffeln in meinem Garten an ei-
nem Orte, wo ich ſie nicht haben wollte,
ich konnte das Land davon nicht rein be-
kommen. Es blieben bey dem Umgraben
immer einige zuruͤck. Jch fieng an, ihnen
beſtaͤndig das junge Kraut abzuſchneiden:
und in kurtzer Zeit war ich aller Artuffeln
los. Man breche von einem Propffreiſe
alle Augen, es wird bald vertrocknen. Es
iſt bekannt, daß gantze Baͤume zu Zeiten
trocken werden, wenn die Raupen ihnen
immer das junge Laub abfreſſen. Hier-
aus wird klar, daß die Keimen von den uͤbri-
gen Theilen der Gewaͤchſe, womit ſie ver-
bunden, zwar ihre Nahrung haben, daß
aber auch hinwiederum die uͤbrigen Theile
des Gewaͤchſes keinen Wachsthum ohne
ſolche Keimen haben koͤnnen. Wir wollen
uns uͤber die Urſachen hievon nicht einlaſ-
ſen, ſondern nur bey dieſer Erfahrung ſte-
hen bleiben. Wer das weiß, daß zu dem
Wachsthum aller Gewaͤchſe ein gewiſſer
Umlauf der Saͤffte vonnoͤthen, und daß

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[293/0311] mer als ein Keime der Rube anzuſehen. Bricht man ſelbiges recht rein heraus, oder die Erdfloͤhe freſſen es ab, ſo verdirbet auch die Rube und waͤchſet nicht weiter. Jch hatte Artuffeln in meinem Garten an ei- nem Orte, wo ich ſie nicht haben wollte, ich konnte das Land davon nicht rein be- kommen. Es blieben bey dem Umgraben immer einige zuruͤck. Jch fieng an, ihnen beſtaͤndig das junge Kraut abzuſchneiden: und in kurtzer Zeit war ich aller Artuffeln los. Man breche von einem Propffreiſe alle Augen, es wird bald vertrocknen. Es iſt bekannt, daß gantze Baͤume zu Zeiten trocken werden, wenn die Raupen ihnen immer das junge Laub abfreſſen. Hier- aus wird klar, daß die Keimen von den uͤbri- gen Theilen der Gewaͤchſe, womit ſie ver- bunden, zwar ihre Nahrung haben, daß aber auch hinwiederum die uͤbrigen Theile des Gewaͤchſes keinen Wachsthum ohne ſolche Keimen haben koͤnnen. Wir wollen uns uͤber die Urſachen hievon nicht einlaſ- ſen, ſondern nur bey dieſer Erfahrung ſte- hen bleiben. Wer das weiß, daß zu dem Wachsthum aller Gewaͤchſe ein gewiſſer Umlauf der Saͤffte vonnoͤthen, und daß derſelbe T 3

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/311>, abgerufen am 29.03.2024.