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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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derselbe ohne dergleichen Keimen und deren
Wachsthum nicht lange bestehen kan, wird
diese Ursache von selbsten leicht finden. Die-
ses wollen wir nur fragen, ob man durch
diese Erfahrung nicht genöthiget werde an-
zunehmen, daß auch der Kern seinen Wachs-
thum nicht haben werde, wenn kein Keime
mit demselben verknüpfft wäre, und aus
demselben seine erste Nahrung nähme.
Der Keime wächset, indem der Kern zu-
nimmt: sollte dieses Letztere wohl gesche-
hen, wenn das Erstere nicht wäre? Es ist
nach den Regeln, welche die Natur in der
jetzt-benennten und in vielen tausend an-
dern Fällen beobachtet, gantz und gar nicht zu
vermuthen. Doch es kan uns auch dieses
genug seyn, daß noch niemand erweisen kön-
nen, daß die Keimen in den Körnern, die
nicht wieder in die Erde kommen, und auf-
gehen, gantz ohne allen Nutzen seyn, und
das Ziel nicht erreichen, so ein Allwissender
dabey haben können.

§. 12.
Weitere
Ausfüh-
rung des
vorigen.

Bey den Bäumen aber ist es vollkom-
men klar, daß der Stoff zu viel tausend
Bäumen in seiner Unvollkommenheit noth-
wendig bleiben muß, wenn ein einiger

Baum



derſelbe ohne dergleichen Keimen und deren
Wachsthum nicht lange beſtehen kan, wird
dieſe Urſache von ſelbſten leicht finden. Die-
ſes wollen wir nur fragen, ob man durch
dieſe Erfahrung nicht genoͤthiget werde an-
zunehmen, daß auch der Kern ſeinen Wachs-
thum nicht haben werde, wenn kein Keime
mit demſelben verknuͤpfft waͤre, und aus
demſelben ſeine erſte Nahrung naͤhme.
Der Keime waͤchſet, indem der Kern zu-
nimmt: ſollte dieſes Letztere wohl geſche-
hen, wenn das Erſtere nicht waͤre? Es iſt
nach den Regeln, welche die Natur in der
jetzt-benennten und in vielen tauſend an-
dern Faͤllen beobachtet, gantz und gar nicht zu
vermuthen. Doch es kan uns auch dieſes
genug ſeyn, daß noch niemand erweiſen koͤn-
nen, daß die Keimen in den Koͤrnern, die
nicht wieder in die Erde kommen, und auf-
gehen, gantz ohne allen Nutzen ſeyn, und
das Ziel nicht erreichen, ſo ein Allwiſſender
dabey haben koͤnnen.

§. 12.
Weitere
Ausfuͤh-
rung des
vorigen.

Bey den Baͤumen aber iſt es vollkom-
men klar, daß der Stoff zu viel tauſend
Baͤumen in ſeiner Unvollkommenheit noth-
wendig bleiben muß, wenn ein einiger

Baum
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[294/0312] derſelbe ohne dergleichen Keimen und deren Wachsthum nicht lange beſtehen kan, wird dieſe Urſache von ſelbſten leicht finden. Die- ſes wollen wir nur fragen, ob man durch dieſe Erfahrung nicht genoͤthiget werde an- zunehmen, daß auch der Kern ſeinen Wachs- thum nicht haben werde, wenn kein Keime mit demſelben verknuͤpfft waͤre, und aus demſelben ſeine erſte Nahrung naͤhme. Der Keime waͤchſet, indem der Kern zu- nimmt: ſollte dieſes Letztere wohl geſche- hen, wenn das Erſtere nicht waͤre? Es iſt nach den Regeln, welche die Natur in der jetzt-benennten und in vielen tauſend an- dern Faͤllen beobachtet, gantz und gar nicht zu vermuthen. Doch es kan uns auch dieſes genug ſeyn, daß noch niemand erweiſen koͤn- nen, daß die Keimen in den Koͤrnern, die nicht wieder in die Erde kommen, und auf- gehen, gantz ohne allen Nutzen ſeyn, und das Ziel nicht erreichen, ſo ein Allwiſſender dabey haben koͤnnen. §. 12. Bey den Baͤumen aber iſt es vollkom- men klar, daß der Stoff zu viel tauſend Baͤumen in ſeiner Unvollkommenheit noth- wendig bleiben muß, wenn ein einiger Baum

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/312>, abgerufen am 28.03.2024.