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Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816.

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Aus- und Durchbildung ringen; fleißig sein; was Gründ-
liches lernen; nichts Unmännliches mitmachen; sich auch
durch keine Verführung hinreißen lassen, Genüsse, Ver-
gnügungen und Zeitvertreib zu suchen, die dem Jugend-
leben nicht geziemen. Die meisten Ermahnungen und
Warnungen müssen freilich immer so eingekleidet sein,
daß die Tugendlehre keine Lasterschule wird.

Aber im Gegentheil darf man nie verhehlen, daß
des Deutschen Knaben und Deutschen Jünglings höchste
und heiligste Pflicht ist, ein Deutscher Mann zu werden
und geworden zu bleiben, um für Volk und Vaterland
kräftig zu würken, unsern Urahnen den Weltrettern ähn-
lich. So wird man am besten heimliche Jugendsünden
verhüten, wenn man Knaben und Jünglingen das Rei-
fen zum Biedermanne als Bestrebungsziel hinstellt. Das
Vergeuden der Jugendkraft und Jugendzeit durch ent-
markenden Zeitvertreib, faulthierisches Hindämmern, brün-
stige Lüste und hundswüthige Ausschweifungen wird auf-
hören -- sobald die Jugend das Urbild männlicher Le-
bensfülle erkennt. Alle Erziehung aber ist nichtig und
eitel, die den Zögling in dem öden Elend wahngeschaf-
fener Weltbürgerlichkeit als Irrwisch schweifen lässet,
und nicht im Vaterlande heimisch macht. Und so ist
auch selbst in schlimmster Franzosenzeit der Turnjugend
die Liebe zu König und Vaterland ins Herz gepredigt
und geprägt worden. Wer wider die Deutsche Sache

und

Aus- und Durchbildung ringen; fleißig ſein; was Gründ-
liches lernen; nichts Unmännliches mitmachen; ſich auch
durch keine Verführung hinreißen laſſen, Genüſſe, Ver-
gnügungen und Zeitvertreib zu ſuchen, die dem Jugend-
leben nicht geziemen. Die meiſten Ermahnungen und
Warnungen müſſen freilich immer ſo eingekleidet ſein,
daß die Tugendlehre keine Laſterſchule wird.

Aber im Gegentheil darf man nie verhehlen, daß
des Deutſchen Knaben und Deutſchen Jünglings höchſte
und heiligſte Pflicht iſt, ein Deutſcher Mann zu werden
und geworden zu bleiben, um für Volk und Vaterland
kräftig zu würken, unſern Urahnen den Weltrettern ähn-
lich. So wird man am beſten heimliche Jugendſünden
verhüten, wenn man Knaben und Jünglingen das Rei-
fen zum Biedermanne als Beſtrebungsziel hinſtellt. Das
Vergeuden der Jugendkraft und Jugendzeit durch ent-
markenden Zeitvertreib, faulthieriſches Hindämmern, brün-
ſtige Lüſte und hundswüthige Ausſchweifungen wird auf-
hören — ſobald die Jugend das Urbild männlicher Le-
bensfülle erkennt. Alle Erziehung aber iſt nichtig und
eitel, die den Zögling in dem öden Elend wahngeſchaf-
fener Weltbürgerlichkeit als Irrwiſch ſchweifen läſſet,
und nicht im Vaterlande heimiſch macht. Und ſo iſt
auch ſelbſt in ſchlimmſter Franzoſenzeit der Turnjugend
die Liebe zu König und Vaterland ins Herz gepredigt
und geprägt worden. Wer wider die Deutſche Sache

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[234/0304] Aus- und Durchbildung ringen; fleißig ſein; was Gründ- liches lernen; nichts Unmännliches mitmachen; ſich auch durch keine Verführung hinreißen laſſen, Genüſſe, Ver- gnügungen und Zeitvertreib zu ſuchen, die dem Jugend- leben nicht geziemen. Die meiſten Ermahnungen und Warnungen müſſen freilich immer ſo eingekleidet ſein, daß die Tugendlehre keine Laſterſchule wird. Aber im Gegentheil darf man nie verhehlen, daß des Deutſchen Knaben und Deutſchen Jünglings höchſte und heiligſte Pflicht iſt, ein Deutſcher Mann zu werden und geworden zu bleiben, um für Volk und Vaterland kräftig zu würken, unſern Urahnen den Weltrettern ähn- lich. So wird man am beſten heimliche Jugendſünden verhüten, wenn man Knaben und Jünglingen das Rei- fen zum Biedermanne als Beſtrebungsziel hinſtellt. Das Vergeuden der Jugendkraft und Jugendzeit durch ent- markenden Zeitvertreib, faulthieriſches Hindämmern, brün- ſtige Lüſte und hundswüthige Ausſchweifungen wird auf- hören — ſobald die Jugend das Urbild männlicher Le- bensfülle erkennt. Alle Erziehung aber iſt nichtig und eitel, die den Zögling in dem öden Elend wahngeſchaf- fener Weltbürgerlichkeit als Irrwiſch ſchweifen läſſet, und nicht im Vaterlande heimiſch macht. Und ſo iſt auch ſelbſt in ſchlimmſter Franzoſenzeit der Turnjugend die Liebe zu König und Vaterland ins Herz gepredigt und geprägt worden. Wer wider die Deutſche Sache und

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/304>, abgerufen am 28.03.2024.