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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Das Bildniss von Fraga.

Auf dieser Reise nach Aragon begleitete ihn auch sein Maler.
Man hatte damals in den Campagnen gerne Künstler bei der
Hand, um Belagerungen und Schlachten zu skizziren. Die Feste
in Cuenca im Jahr 1642 malte Christoval Garcia; das Castell von
Pamplona Mazo. Im Jahre 1643 sandte er den Aragonesen Jusepe
Martinez nach dem wiedergewonnenen Monzon, um die Be-
lagerungswerke aufzunehmen. Diesem Manne verdanken wir
einige Notizen über Velazquez' Beschäftigungen auf dieser Reise.
"Ein Cavalier aus Zaragoza bat ihn um ein Gemälde seiner zärt-
lich geliebten Tochter. Der Maler willigte ein und machte die
Arbeit mit Vergnügen, so dass ein vortreffliches Bild entstand,
mit einem Wort, es war seiner würdig. Nach Beendigung des
Kopfes (es war eine Halbfigur) nahm er es, um die Dame nicht
zu sehr zu bemühen, mit nach Hause, um es zu vollenden. Als
er es aber zurückbrachte, erklärte das Mädchen, sie werde es
um keinen Preis annehmen. Auf die Frage des Alten, warum?
meinte sie, es gefalle ihr zwar überhaupt (en todo) nicht, beson-
ders aber nicht, weil der Kragen, den sie bei der Sitzung trug,
mit feinsten flandrischen Spitzen (valona) besetzt gewesen sei." --
Martinez benutzte die Gelegenheit sich um den Titel eines pintor
del rey ad honorem
zu bewerben, der ihm auch gewährt wurde,
und zwar auf die Empfehlung des Velazquez, der, wenn man
aus obigem Geschichtchen Schlüsse ziehen darf, wol ohne Ue-
bertreibung sagen könnte, dass Martinez dort zu Lande der
beste sei1).

Während der Reise von 1644 malte Velazquez in Fraga das
schon erwähnte Bildniss des Königs. Man hat ein Packet Rech-
nungen gefunden, aus der Jornada de Aragon, die sich hierauf
beziehen. Zuerst im Mai muss der Zimmermeister Pedro Colomo
eine Staffelei herrichten (für 6 Realen), und ein Fenster in das
fensterlose Gemach des Hofmalers einsetzen. Dieser aposento war,
wie sich die Akten ausdrücken, nicht viel mehr als ein Schlotmantel
(campana de chimeneo), ohne Fussboden und mit baufälligen Wän-
den, die gestützt werden mussten. Während der drei Sitzungen
wurde Schilfgras gelegt, und endlich (im Juli) eine Thür für
42 Realen gemacht, "denn man konnte nicht hineinkommen". Die
Zeit verkürzte S. M. der Zwerg El primo, der ebenfalls aufge-
nommen wurde. Für beide, die Majestät und den Gevatter, wur-
den dann auch Kisten gemacht, um sie sofort nach Madrid zu

1) V. Carderera in der Ausgabe von dessen Discursos practicables S. 41. 132.
Das Bildniss von Fraga.

Auf dieser Reise nach Aragon begleitete ihn auch sein Maler.
Man hatte damals in den Campagnen gerne Künstler bei der
Hand, um Belagerungen und Schlachten zu skizziren. Die Feste
in Cuenca im Jahr 1642 malte Christoval Garcia; das Castell von
Pamplona Mazo. Im Jahre 1643 sandte er den Aragonesen Jusepe
Martinez nach dem wiedergewonnenen Monzon, um die Be-
lagerungswerke aufzunehmen. Diesem Manne verdanken wir
einige Notizen über Velazquez’ Beschäftigungen auf dieser Reise.
„Ein Cavalier aus Zaragoza bat ihn um ein Gemälde seiner zärt-
lich geliebten Tochter. Der Maler willigte ein und machte die
Arbeit mit Vergnügen, so dass ein vortreffliches Bild entstand,
mit einem Wort, es war seiner würdig. Nach Beendigung des
Kopfes (es war eine Halbfigur) nahm er es, um die Dame nicht
zu sehr zu bemühen, mit nach Hause, um es zu vollenden. Als
er es aber zurückbrachte, erklärte das Mädchen, sie werde es
um keinen Preis annehmen. Auf die Frage des Alten, warum?
meinte sie, es gefalle ihr zwar überhaupt (en todo) nicht, beson-
ders aber nicht, weil der Kragen, den sie bei der Sitzung trug,
mit feinsten flandrischen Spitzen (valona) besetzt gewesen sei.“ —
Martinez benutzte die Gelegenheit sich um den Titel eines pintor
del rey ad honorem
zu bewerben, der ihm auch gewährt wurde,
und zwar auf die Empfehlung des Velazquez, der, wenn man
aus obigem Geschichtchen Schlüsse ziehen darf, wol ohne Ue-
bertreibung sagen könnte, dass Martinez dort zu Lande der
beste sei1).

Während der Reise von 1644 malte Velazquez in Fraga das
schon erwähnte Bildniss des Königs. Man hat ein Packet Rech-
nungen gefunden, aus der Jornada de Aragon, die sich hierauf
beziehen. Zuerst im Mai muss der Zimmermeister Pedro Colomo
eine Staffelei herrichten (für 6 Realen), und ein Fenster in das
fensterlose Gemach des Hofmalers einsetzen. Dieser aposento war,
wie sich die Akten ausdrücken, nicht viel mehr als ein Schlotmantel
(campana de chimeneo), ohne Fussboden und mit baufälligen Wän-
den, die gestützt werden mussten. Während der drei Sitzungen
wurde Schilfgras gelegt, und endlich (im Juli) eine Thür für
42 Realen gemacht, „denn man konnte nicht hineinkommen“. Die
Zeit verkürzte S. M. der Zwerg El primo, der ebenfalls aufge-
nommen wurde. Für beide, die Majestät und den Gevatter, wur-
den dann auch Kisten gemacht, um sie sofort nach Madrid zu

1) V. Carderera in der Ausgabe von dessen Discursos practicables S. 41. 132.
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[101/0121] Das Bildniss von Fraga. Auf dieser Reise nach Aragon begleitete ihn auch sein Maler. Man hatte damals in den Campagnen gerne Künstler bei der Hand, um Belagerungen und Schlachten zu skizziren. Die Feste in Cuenca im Jahr 1642 malte Christoval Garcia; das Castell von Pamplona Mazo. Im Jahre 1643 sandte er den Aragonesen Jusepe Martinez nach dem wiedergewonnenen Monzon, um die Be- lagerungswerke aufzunehmen. Diesem Manne verdanken wir einige Notizen über Velazquez’ Beschäftigungen auf dieser Reise. „Ein Cavalier aus Zaragoza bat ihn um ein Gemälde seiner zärt- lich geliebten Tochter. Der Maler willigte ein und machte die Arbeit mit Vergnügen, so dass ein vortreffliches Bild entstand, mit einem Wort, es war seiner würdig. Nach Beendigung des Kopfes (es war eine Halbfigur) nahm er es, um die Dame nicht zu sehr zu bemühen, mit nach Hause, um es zu vollenden. Als er es aber zurückbrachte, erklärte das Mädchen, sie werde es um keinen Preis annehmen. Auf die Frage des Alten, warum? meinte sie, es gefalle ihr zwar überhaupt (en todo) nicht, beson- ders aber nicht, weil der Kragen, den sie bei der Sitzung trug, mit feinsten flandrischen Spitzen (valona) besetzt gewesen sei.“ — Martinez benutzte die Gelegenheit sich um den Titel eines pintor del rey ad honorem zu bewerben, der ihm auch gewährt wurde, und zwar auf die Empfehlung des Velazquez, der, wenn man aus obigem Geschichtchen Schlüsse ziehen darf, wol ohne Ue- bertreibung sagen könnte, dass Martinez dort zu Lande der beste sei 1). Während der Reise von 1644 malte Velazquez in Fraga das schon erwähnte Bildniss des Königs. Man hat ein Packet Rech- nungen gefunden, aus der Jornada de Aragon, die sich hierauf beziehen. Zuerst im Mai muss der Zimmermeister Pedro Colomo eine Staffelei herrichten (für 6 Realen), und ein Fenster in das fensterlose Gemach des Hofmalers einsetzen. Dieser aposento war, wie sich die Akten ausdrücken, nicht viel mehr als ein Schlotmantel (campana de chimeneo), ohne Fussboden und mit baufälligen Wän- den, die gestützt werden mussten. Während der drei Sitzungen wurde Schilfgras gelegt, und endlich (im Juli) eine Thür für 42 Realen gemacht, „denn man konnte nicht hineinkommen“. Die Zeit verkürzte S. M. der Zwerg El primo, der ebenfalls aufge- nommen wurde. Für beide, die Majestät und den Gevatter, wur- den dann auch Kisten gemacht, um sie sofort nach Madrid zu 1) V. Carderera in der Ausgabe von dessen Discursos practicables S. 41. 132.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/121>, abgerufen am 25.04.2024.