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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Letzte Bildnisse des Conde Duque.
des Velazquez eigentlich der Mühe eigner Prüfung überhebt.
Es ist ein düster und roh gemaltes, im Fleische rotes Machwerk.
Das Bildniss, welches General Meade mitbrachte und Richard
Ford besass ist besser, aber auch in jenem schweren braunen
Ton, der dem Meister fremd ist. Dagegen war das in dem Es-
corial aufbewahrte miniaturartige Bildchen vertrauenerweckend.
Es ist dem Stich des Panneels sehr ähnlich, ganz hübsch gemalt
in einem warmen Ton, fein und doch leicht tokkirend, ursprüng-
lich elliptisch, dann in ein Viereck eingesetzt. Es befindet sich
jetzt im Palast zu Madrid, im Saal des Gasparini.

Von Interesse sind zwei kleine Kupferstiche, die beide nur
in einem Exemplar bekannt sind. Die Velazquez'sche Auffassung
der Züge des Ministers ist in beiden auf kleinem Raum sorgfältig
(obwol nicht so fein wie von Panneels) und so treffend wieder-
gegeben, dass man sie dem Maler selbst zugeschrieben hat, der
sich doch gewiss der Nadel bedient haben würde.

Das erste Blatt in der Nationalbibliothek zu Madrid stellt
eine plastische Büste dar, ruhend auf einem schmalen viereckigen
Untersatz, er trägt eine Rüstung und den Mantel in römischer
Art um die Schultern geknüpft. Es ist in Linienmanier gearbeitet,
im Gesicht mit harten, spröden Kreuzschraffirungen, offenbar von
einem sehr mittelmässigen Stecher, aber doch einem Mann vom
Metier1).

Das zweite Blatt stammt aus dem Besitz von Cean Bermudez,
der auf die Rückseite eine Notiz geschrieben hat2). Nur der Kopf
ist ausgeführt, und zwar in Punktirmanier mit der Punze, die
Perrücke ist mit langen parallelen Schlangenlinien wiedergegeben.
Die Arbeit des Gesichts verräth noch mehr als in dem ersten einen
geübten, und zwar niederländischen Stecher. Der Ausdruck, in
dem Madrider Blättchen argwöhnisch und hinterhaltig, ist unbe-
fangener. Den unvollendeten Zustand mag man aus dem plötz-
lichen Sturz des Staatsmanns erklären. Dieses Blättchen wurde
von Herrn von Werther für das Kupferstichcabinet in Berlin er-
worben.

1) Rosell y Torres, Museo espannol de antig. IV, 107 hält es für eine
Kopie des Malers nach seinem Gemälde.
2) Este retrato del Conde Duque de Olivares, grabado por Velazquez es el
mismo de quien hablo en mi Diccionario historico de los mas ilustres profesores
de las bellas artes en Espanna. -- Madrid 22 de Septe. de 1813. -- Cean Bermudez.

Letzte Bildnisse des Conde Duque.
des Velazquez eigentlich der Mühe eigner Prüfung überhebt.
Es ist ein düster und roh gemaltes, im Fleische rotes Machwerk.
Das Bildniss, welches General Meade mitbrachte und Richard
Ford besass ist besser, aber auch in jenem schweren braunen
Ton, der dem Meister fremd ist. Dagegen war das in dem Es-
corial aufbewahrte miniaturartige Bildchen vertrauenerweckend.
Es ist dem Stich des Panneels sehr ähnlich, ganz hübsch gemalt
in einem warmen Ton, fein und doch leicht tokkirend, ursprüng-
lich elliptisch, dann in ein Viereck eingesetzt. Es befindet sich
jetzt im Palast zu Madrid, im Saal des Gasparini.

Von Interesse sind zwei kleine Kupferstiche, die beide nur
in einem Exemplar bekannt sind. Die Velazquez’sche Auffassung
der Züge des Ministers ist in beiden auf kleinem Raum sorgfältig
(obwol nicht so fein wie von Panneels) und so treffend wieder-
gegeben, dass man sie dem Maler selbst zugeschrieben hat, der
sich doch gewiss der Nadel bedient haben würde.

Das erste Blatt in der Nationalbibliothek zu Madrid stellt
eine plastische Büste dar, ruhend auf einem schmalen viereckigen
Untersatz, er trägt eine Rüstung und den Mantel in römischer
Art um die Schultern geknüpft. Es ist in Linienmanier gearbeitet,
im Gesicht mit harten, spröden Kreuzschraffirungen, offenbar von
einem sehr mittelmässigen Stecher, aber doch einem Mann vom
Metier1).

Das zweite Blatt stammt aus dem Besitz von Cean Bermudez,
der auf die Rückseite eine Notiz geschrieben hat2). Nur der Kopf
ist ausgeführt, und zwar in Punktirmanier mit der Punze, die
Perrücke ist mit langen parallelen Schlangenlinien wiedergegeben.
Die Arbeit des Gesichts verräth noch mehr als in dem ersten einen
geübten, und zwar niederländischen Stecher. Der Ausdruck, in
dem Madrider Blättchen argwöhnisch und hinterhaltig, ist unbe-
fangener. Den unvollendeten Zustand mag man aus dem plötz-
lichen Sturz des Staatsmanns erklären. Dieses Blättchen wurde
von Herrn von Werther für das Kupferstichcabinet in Berlin er-
worben.

1) Rosell y Torres, Museo español de antig. IV, 107 hält es für eine
Kopie des Malers nach seinem Gemälde.
2) Este retrato del Conde Duque de Olivares, grabado por Velazquez es el
mismo de quien hablo en mi Diccionario histórico de los mas ilustres profesores
de las bellas artes en España. — Madrid 22 de Septe. de 1813. — Cean Bermudez.
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[121/0141] Letzte Bildnisse des Conde Duque. des Velazquez eigentlich der Mühe eigner Prüfung überhebt. Es ist ein düster und roh gemaltes, im Fleische rotes Machwerk. Das Bildniss, welches General Meade mitbrachte und Richard Ford besass ist besser, aber auch in jenem schweren braunen Ton, der dem Meister fremd ist. Dagegen war das in dem Es- corial aufbewahrte miniaturartige Bildchen vertrauenerweckend. Es ist dem Stich des Panneels sehr ähnlich, ganz hübsch gemalt in einem warmen Ton, fein und doch leicht tokkirend, ursprüng- lich elliptisch, dann in ein Viereck eingesetzt. Es befindet sich jetzt im Palast zu Madrid, im Saal des Gasparini. Von Interesse sind zwei kleine Kupferstiche, die beide nur in einem Exemplar bekannt sind. Die Velazquez’sche Auffassung der Züge des Ministers ist in beiden auf kleinem Raum sorgfältig (obwol nicht so fein wie von Panneels) und so treffend wieder- gegeben, dass man sie dem Maler selbst zugeschrieben hat, der sich doch gewiss der Nadel bedient haben würde. Das erste Blatt in der Nationalbibliothek zu Madrid stellt eine plastische Büste dar, ruhend auf einem schmalen viereckigen Untersatz, er trägt eine Rüstung und den Mantel in römischer Art um die Schultern geknüpft. Es ist in Linienmanier gearbeitet, im Gesicht mit harten, spröden Kreuzschraffirungen, offenbar von einem sehr mittelmässigen Stecher, aber doch einem Mann vom Metier 1). Das zweite Blatt stammt aus dem Besitz von Cean Bermudez, der auf die Rückseite eine Notiz geschrieben hat 2). Nur der Kopf ist ausgeführt, und zwar in Punktirmanier mit der Punze, die Perrücke ist mit langen parallelen Schlangenlinien wiedergegeben. Die Arbeit des Gesichts verräth noch mehr als in dem ersten einen geübten, und zwar niederländischen Stecher. Der Ausdruck, in dem Madrider Blättchen argwöhnisch und hinterhaltig, ist unbe- fangener. Den unvollendeten Zustand mag man aus dem plötz- lichen Sturz des Staatsmanns erklären. Dieses Blättchen wurde von Herrn von Werther für das Kupferstichcabinet in Berlin er- worben. 1) Rosell y Torres, Museo español de antig. IV, 107 hält es für eine Kopie des Malers nach seinem Gemälde. 2) Este retrato del Conde Duque de Olivares, grabado por Velazquez es el mismo de quien hablo en mi Diccionario histórico de los mas ilustres profesores de las bellas artes en España. — Madrid 22 de Septe. de 1813. — Cean Bermudez.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/141>, abgerufen am 28.03.2024.