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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Fünftes Buch.
zugewandt. Ueber dem Zwerg linker Hand eine Kutsche, auf
deren Deckel ein Mensch sich lehnt.

Alle diese und noch mehr Figuren sind in durchsichtigem
Grau, wie Schatten, mit wenigen Strichen hingesetzt, mit schwarz
und weiss ist alles fast allein bestritten. Mit weniger Körper
kann ein Maler seine Intention nicht in Farbe übertragen. Wand,
Boden, Himmel sind nicht viel unterschieden. Es ist wie ein
Blick in die Dunkelkammer und deren bewegliche Schatten, oder

[Abbildung]

Scene in der Reitbahn.

wie bei photographischen
Ansichten Passanten her-
auskommen. Der Reiter
löst sich in dieser luftigen
Gesellschaft desto massiver
ab. Man wähnt sich in
den inneren Raum des Sen-
soriums unsres Malers ver-
setzt, wie er den flüchtigen
Vorgang auffasst und als
Ganzes festzuhalten sucht.
"Es drückt auf wunderbare
Weise des Meisters Talent
aus"1).

Diese Composition ist
einige Jahre später wieder
aufgenommen und in grös-
serem Massstab (57" x 83"),
mit Veränderungen noch
einmal skizzirt worden.
Der Prinz reitet einen
Schecken. Diessmal sind beide Eltern auf den Balkon der

1) Exprime a merveille le talent du maeitre (W. Burger). Wilkie sah ein
solches Bild im Jahre 1828 bei Jose Madrazo, dem Direktor der Galerie, der aber
auch Geschäfte mache. Signor Madrazo, another painter who deals -- which Lopez
does not, has in his house three fine specimens . . . . a duplicate of the Velaz-
quez of Earl Grosvenor's of the little Infante Don Balthasar on horseback in
court-yard etc. Cunningham, Life of Wilkie II, 496. 28. Jan. 1828. Woodburn
kaufte es dann auf seine Empfehlung für Samuel Rogers, den Dichter, aus dessen
Sammlung es Lord Hertford für £ 1270, 10 sh. erwarb. Grösse 51" x 40". Der
Verfasser des Madrider Katalogs, der beide Skizzen nach der unrichtigen Angabe
von Ch. Blanc für Wiederholungen des grossen Reiterbilds hält, also nicht einmal
eine Beschreibung derselben gelesen hat, weiss dennoch ganz gewiss (de seguro
S. 610), dass es Kopien sind.

Fünftes Buch.
zugewandt. Ueber dem Zwerg linker Hand eine Kutsche, auf
deren Deckel ein Mensch sich lehnt.

Alle diese und noch mehr Figuren sind in durchsichtigem
Grau, wie Schatten, mit wenigen Strichen hingesetzt, mit schwarz
und weiss ist alles fast allein bestritten. Mit weniger Körper
kann ein Maler seine Intention nicht in Farbe übertragen. Wand,
Boden, Himmel sind nicht viel unterschieden. Es ist wie ein
Blick in die Dunkelkammer und deren bewegliche Schatten, oder

[Abbildung]

Scene in der Reitbahn.

wie bei photographischen
Ansichten Passanten her-
auskommen. Der Reiter
löst sich in dieser luftigen
Gesellschaft desto massiver
ab. Man wähnt sich in
den inneren Raum des Sen-
soriums unsres Malers ver-
setzt, wie er den flüchtigen
Vorgang auffasst und als
Ganzes festzuhalten sucht.
„Es drückt auf wunderbare
Weise des Meisters Talent
aus“1).

Diese Composition ist
einige Jahre später wieder
aufgenommen und in grös-
serem Massstab (57″ × 83″),
mit Veränderungen noch
einmal skizzirt worden.
Der Prinz reitet einen
Schecken. Diessmal sind beide Eltern auf den Balkon der

1) Exprime à merveille le talent du maître (W. Burger). Wilkie sah ein
solches Bild im Jahre 1828 bei José Madrazo, dem Direktor der Galerie, der aber
auch Geschäfte mache. Signor Madrazo, another painter who deals — which Lopez
does not, has in his house three fine specimens . . . . a duplicate of the Velaz-
quez of Earl Grosvenor’s of the little Infante Don Balthasar on horseback in
court-yard etc. Cunningham, Life of Wilkie II, 496. 28. Jan. 1828. Woodburn
kaufte es dann auf seine Empfehlung für Samuel Rogers, den Dichter, aus dessen
Sammlung es Lord Hertford für £ 1270, 10 sh. erwarb. Grösse 51″ × 40″. Der
Verfasser des Madrider Katalogs, der beide Skizzen nach der unrichtigen Angabe
von Ch. Blanc für Wiederholungen des grossen Reiterbilds hält, also nicht einmal
eine Beschreibung derselben gelesen hat, weiss dennoch ganz gewiss (de seguro
S. 610), dass es Kopien sind.
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[132/0152] Fünftes Buch. zugewandt. Ueber dem Zwerg linker Hand eine Kutsche, auf deren Deckel ein Mensch sich lehnt. Alle diese und noch mehr Figuren sind in durchsichtigem Grau, wie Schatten, mit wenigen Strichen hingesetzt, mit schwarz und weiss ist alles fast allein bestritten. Mit weniger Körper kann ein Maler seine Intention nicht in Farbe übertragen. Wand, Boden, Himmel sind nicht viel unterschieden. Es ist wie ein Blick in die Dunkelkammer und deren bewegliche Schatten, oder [Abbildung Scene in der Reitbahn.] wie bei photographischen Ansichten Passanten her- auskommen. Der Reiter löst sich in dieser luftigen Gesellschaft desto massiver ab. Man wähnt sich in den inneren Raum des Sen- soriums unsres Malers ver- setzt, wie er den flüchtigen Vorgang auffasst und als Ganzes festzuhalten sucht. „Es drückt auf wunderbare Weise des Meisters Talent aus“ 1). Diese Composition ist einige Jahre später wieder aufgenommen und in grös- serem Massstab (57″ × 83″), mit Veränderungen noch einmal skizzirt worden. Der Prinz reitet einen Schecken. Diessmal sind beide Eltern auf den Balkon der 1) Exprime à merveille le talent du maître (W. Burger). Wilkie sah ein solches Bild im Jahre 1828 bei José Madrazo, dem Direktor der Galerie, der aber auch Geschäfte mache. Signor Madrazo, another painter who deals — which Lopez does not, has in his house three fine specimens . . . . a duplicate of the Velaz- quez of Earl Grosvenor’s of the little Infante Don Balthasar on horseback in court-yard etc. Cunningham, Life of Wilkie II, 496. 28. Jan. 1828. Woodburn kaufte es dann auf seine Empfehlung für Samuel Rogers, den Dichter, aus dessen Sammlung es Lord Hertford für £ 1270, 10 sh. erwarb. Grösse 51″ × 40″. Der Verfasser des Madrider Katalogs, der beide Skizzen nach der unrichtigen Angabe von Ch. Blanc für Wiederholungen des grossen Reiterbilds hält, also nicht einmal eine Beschreibung derselben gelesen hat, weiss dennoch ganz gewiss (de seguro S. 610), dass es Kopien sind.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/152>, abgerufen am 23.04.2024.