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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Der Sklave Pareja.
Bergamaschi statt. Bedeutendern Stücken wurden gedruckte
Reime und elogj angeheftet, gelegentlich auch Spottverse, die
zu lebhaften Erwiderungen und mehr Veranlassung gaben. Der
berühmte Marino hat einen Band Gedichte veröffentlicht, die sich
auf Bilder seiner eigenen Gallerie und andere, die ihn besonders
interessirt hatten, beziehn 1). Salvators Erfolg mit einem Prome-
theus auf einer solchen Ausstellung hatte seine Uebersiedlung
nach Rom zur Folge. Zu derselben Zeit, in die jene Ausstellung
fiel, beschreibt Ameyden ein Fest der Confraternita della Rotonda,
einer Laienbruderschaft, dessen Unternehmer ein gewisser Antonio
war. "Dieser Tempel, dessen Form die Macht Roms darstellt,
war geschmückt mit vielgepriesenen Gemälden, die dafür an-
gefertigt waren, und rings erhellt von viel tausend Kerzen."
Ist diess unser Fest? Passeri im Leben Salvator Rosa's nennt
den Verein congregazione de' virtuosi.

Im vorigen Jahrhundert glaubte der damalige Direktor der
spanischen Akademie in Rom, Francisco Preciado, unser Bild-
niss bei dem Cardinal Trajano d'Acquaviva wiedergefunden zu
haben. Diess ist wahrscheinlich eins von den fast gleichen Exem-
plaren, die jetzt in englischen Galerien sind: eins im Besitz des
Grafen von Carlisle in Castle Howard, das andere in Longford
Castle, dem Landsitz des Grafen Radnor. (Grösse 30" x 25".)

Auf hellgrauem Grund springt die Halbfigur des Mischlings
hervor, mit breitem festem Pinsel und dünnem Impasto über die
Leinwand gestrichen. So stand er vor seinem Herrn, nach rechts
gewandt, die Hand mit etwas plebejischem Griff den Mantel
fassend, den Kopf zurückgeworfen. Das blitzende schwarze
Auge blickt fast hoffärtig, den Betrachter messend, als fühle er
sich stolz gehoben von seinem Herrn gemalt zu werden und vor
den virtuosi Roms erscheinen zu sollen. Ein gewisser schlauer
Zug scheint ein geheimes, dem Meister selbst noch verborgenes
anch' io son pittore zu verrathen. Die widerspenstigen krausen
Haare sind so gut es gehn wollte, nach spanischer Mode frisirt;
Brauen und Bart dünn; sonst hat er die kurze unten vor-
quellende Stirn, das starke Jochbein, die am Abgang einge-
drückte Nase, die aufgeworfenen rothen Lippen und die kupfrig-
braun glänzende Haut des Afrikaners; ein Bild der ungebroch-
nen Naturkraft seines Erdtheils.

1) La Galeria del cavalier Marino. Distinta in pitture e sculture. In Napoli
1620. Vgl. Ign. Ciampi, Innocenzo X. Rom 1878. S. 283 f.

Der Sklave Pareja.
Bergamaschi statt. Bedeutendern Stücken wurden gedruckte
Reime und elogj angeheftet, gelegentlich auch Spottverse, die
zu lebhaften Erwiderungen und mehr Veranlassung gaben. Der
berühmte Marino hat einen Band Gedichte veröffentlicht, die sich
auf Bilder seiner eigenen Gallerie und andere, die ihn besonders
interessirt hatten, beziehn 1). Salvators Erfolg mit einem Prome-
theus auf einer solchen Ausstellung hatte seine Uebersiedlung
nach Rom zur Folge. Zu derselben Zeit, in die jene Ausstellung
fiel, beschreibt Ameyden ein Fest der Confraternità della Rotonda,
einer Laienbruderschaft, dessen Unternehmer ein gewisser Antonio
war. „Dieser Tempel, dessen Form die Macht Roms darstellt,
war geschmückt mit vielgepriesenen Gemälden, die dafür an-
gefertigt waren, und rings erhellt von viel tausend Kerzen.“
Ist diess unser Fest? Passeri im Leben Salvator Rosa’s nennt
den Verein congregazione de’ virtuosi.

Im vorigen Jahrhundert glaubte der damalige Direktor der
spanischen Akademie in Rom, Francisco Preciado, unser Bild-
niss bei dem Cardinal Trajano d’Acquaviva wiedergefunden zu
haben. Diess ist wahrscheinlich eins von den fast gleichen Exem-
plaren, die jetzt in englischen Galerien sind: eins im Besitz des
Grafen von Carlisle in Castle Howard, das andere in Longford
Castle, dem Landsitz des Grafen Radnor. (Grösse 30″ × 25″.)

Auf hellgrauem Grund springt die Halbfigur des Mischlings
hervor, mit breitem festem Pinsel und dünnem Impasto über die
Leinwand gestrichen. So stand er vor seinem Herrn, nach rechts
gewandt, die Hand mit etwas plebejischem Griff den Mantel
fassend, den Kopf zurückgeworfen. Das blitzende schwarze
Auge blickt fast hoffärtig, den Betrachter messend, als fühle er
sich stolz gehoben von seinem Herrn gemalt zu werden und vor
den virtuosi Roms erscheinen zu sollen. Ein gewisser schlauer
Zug scheint ein geheimes, dem Meister selbst noch verborgenes
anch’ io son pittore zu verrathen. Die widerspenstigen krausen
Haare sind so gut es gehn wollte, nach spanischer Mode frisirt;
Brauen und Bart dünn; sonst hat er die kurze unten vor-
quellende Stirn, das starke Jochbein, die am Abgang einge-
drückte Nase, die aufgeworfenen rothen Lippen und die kupfrig-
braun glänzende Haut des Afrikaners; ein Bild der ungebroch-
nen Naturkraft seines Erdtheils.

1) La Galeria del cavalier Marino. Distinta in pitture e sculture. In Napoli
1620. Vgl. Ign. Ciampi, Innocenzo X. Rom 1878. S. 283 f.
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[179/0199] Der Sklave Pareja. Bergamaschi statt. Bedeutendern Stücken wurden gedruckte Reime und elogj angeheftet, gelegentlich auch Spottverse, die zu lebhaften Erwiderungen und mehr Veranlassung gaben. Der berühmte Marino hat einen Band Gedichte veröffentlicht, die sich auf Bilder seiner eigenen Gallerie und andere, die ihn besonders interessirt hatten, beziehn 1). Salvators Erfolg mit einem Prome- theus auf einer solchen Ausstellung hatte seine Uebersiedlung nach Rom zur Folge. Zu derselben Zeit, in die jene Ausstellung fiel, beschreibt Ameyden ein Fest der Confraternità della Rotonda, einer Laienbruderschaft, dessen Unternehmer ein gewisser Antonio war. „Dieser Tempel, dessen Form die Macht Roms darstellt, war geschmückt mit vielgepriesenen Gemälden, die dafür an- gefertigt waren, und rings erhellt von viel tausend Kerzen.“ Ist diess unser Fest? Passeri im Leben Salvator Rosa’s nennt den Verein congregazione de’ virtuosi. Im vorigen Jahrhundert glaubte der damalige Direktor der spanischen Akademie in Rom, Francisco Preciado, unser Bild- niss bei dem Cardinal Trajano d’Acquaviva wiedergefunden zu haben. Diess ist wahrscheinlich eins von den fast gleichen Exem- plaren, die jetzt in englischen Galerien sind: eins im Besitz des Grafen von Carlisle in Castle Howard, das andere in Longford Castle, dem Landsitz des Grafen Radnor. (Grösse 30″ × 25″.) Auf hellgrauem Grund springt die Halbfigur des Mischlings hervor, mit breitem festem Pinsel und dünnem Impasto über die Leinwand gestrichen. So stand er vor seinem Herrn, nach rechts gewandt, die Hand mit etwas plebejischem Griff den Mantel fassend, den Kopf zurückgeworfen. Das blitzende schwarze Auge blickt fast hoffärtig, den Betrachter messend, als fühle er sich stolz gehoben von seinem Herrn gemalt zu werden und vor den virtuosi Roms erscheinen zu sollen. Ein gewisser schlauer Zug scheint ein geheimes, dem Meister selbst noch verborgenes anch’ io son pittore zu verrathen. Die widerspenstigen krausen Haare sind so gut es gehn wollte, nach spanischer Mode frisirt; Brauen und Bart dünn; sonst hat er die kurze unten vor- quellende Stirn, das starke Jochbein, die am Abgang einge- drückte Nase, die aufgeworfenen rothen Lippen und die kupfrig- braun glänzende Haut des Afrikaners; ein Bild der ungebroch- nen Naturkraft seines Erdtheils. 1) La Galeria del cavalier Marino. Distinta in pitture e sculture. In Napoli 1620. Vgl. Ign. Ciampi, Innocenzo X. Rom 1878. S. 283 f.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/199>, abgerufen am 28.03.2024.