Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite
Zehnt. Kap. Von den vierfüßigen Thieren, Vögeln etc.
Vierfüßige, wilde und zahme Thiere.

Mit vierfüßigen, wilden und zahmen Thieren sind diese Länder sparsam versehen.
Jene finden wenig unbewohnte Oerter, wo sie sich verbergen und vermehren könten. Diese
werden mehrentheils nur zur Arbeit aufgezogen, und das Fleisch von den Einländern we-
gen ihres pythagorischen, wiewol kaltsinnigen Glaubens, wenig genossen. Ueberdem wissen
auch diese Krautesser, in den engen Grenzen ihres volkreichen unfruchtbaren Landes, den
Boden vortheilhafter als zur Viehzucht anzuwenden.

Pferde.

Man findet hier Pferde, die zwar klein sind, aber doch an Geschiklichkeit oft den
persischen nicht viel nachgeben. Man hält sie zum Staat, zum Reiten, Tragen und Pflügen.
Die besten kommen aus den Provinzen Osju und Satzuma; und eine gedrungene sehr
kleine Art aus der Landschaft Kai.

Ochsen.

Ochsen und Kühe werden blos zum Pflügen und Karrenziehen gebraucht. Milch
und Butter von ihnen zu ziehen, ist hier eine unbekante Sache. Es giebt noch eine un-
geheuer lange grobe Art Büffelochsen, mit hohen Buckeln auf den Schultern, und von al-
len Farben: man bedient sich ihrer blos in großen Städten zum Karrenziehen.

Esel, Maulesel u. s. f.

Esel, Maulesel, Camele, und Elephanten kent man nicht; Schafe und Ziegen
sind vor Zeiten von den Europäern nach Firando gebracht, woselbst man auch noch ihr Ge-
schlecht unterhält. Sie würden im ganzen Reiche gute Bergweide finden, und mit Nutzen
können angezogen werden, wenn man die Wolle gebrauchte, oder das Fleisch genießen
dürfte. Schweine findet man wenig; sie sind zuerst aus Sina eingeführt, und werden
nur sparsam von den Bauern in Fisen angezogen: von ihnen selbst aus Devotion wenig ge-
gessen, und nur an die jährlich ankommenden Sineser verkauft, welche sich ihrer täglich be-
dienen, ob sie gleich mit jenen einerlei Glauben haben.

Hunde.

Hunde findet man bei des jetzigen Kaisers Regierung in diesem Lande mehr als in
jedem andern. Sie liegen, zur großen Verhinderung der Vorbeigehenden, auf den Stra-
ßen umher, ohne einen Herrn zu haben.*) Es müssen derselben eine gewisse Anzahl von

den
*) Jn der englis. Uebersetzung: Sie haben in der That Herrn u. s. f.
S 3
Zehnt. Kap. Von den vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln ꝛc.
Vierfuͤßige, wilde und zahme Thiere.

Mit vierfuͤßigen, wilden und zahmen Thieren ſind dieſe Laͤnder ſparſam verſehen.
Jene finden wenig unbewohnte Oerter, wo ſie ſich verbergen und vermehren koͤnten. Dieſe
werden mehrentheils nur zur Arbeit aufgezogen, und das Fleiſch von den Einlaͤndern we-
gen ihres pythagoriſchen, wiewol kaltſinnigen Glaubens, wenig genoſſen. Ueberdem wiſſen
auch dieſe Krauteſſer, in den engen Grenzen ihres volkreichen unfruchtbaren Landes, den
Boden vortheilhafter als zur Viehzucht anzuwenden.

Pferde.

Man findet hier Pferde, die zwar klein ſind, aber doch an Geſchiklichkeit oft den
perſiſchen nicht viel nachgeben. Man haͤlt ſie zum Staat, zum Reiten, Tragen und Pfluͤgen.
Die beſten kommen aus den Provinzen Osju und Satzuma; und eine gedrungene ſehr
kleine Art aus der Landſchaft Kai.

Ochſen.

Ochſen und Kuͤhe werden blos zum Pfluͤgen und Karrenziehen gebraucht. Milch
und Butter von ihnen zu ziehen, iſt hier eine unbekante Sache. Es giebt noch eine un-
geheuer lange grobe Art Buͤffelochſen, mit hohen Buckeln auf den Schultern, und von al-
len Farben: man bedient ſich ihrer blos in großen Staͤdten zum Karrenziehen.

Eſel, Mauleſel u. ſ. f.

Eſel, Mauleſel, Camele, und Elephanten kent man nicht; Schafe und Ziegen
ſind vor Zeiten von den Europaͤern nach Firando gebracht, woſelbſt man auch noch ihr Ge-
ſchlecht unterhaͤlt. Sie wuͤrden im ganzen Reiche gute Bergweide finden, und mit Nutzen
koͤnnen angezogen werden, wenn man die Wolle gebrauchte, oder das Fleiſch genießen
duͤrfte. Schweine findet man wenig; ſie ſind zuerſt aus Sina eingefuͤhrt, und werden
nur ſparſam von den Bauern in Fiſen angezogen: von ihnen ſelbſt aus Devotion wenig ge-
geſſen, und nur an die jaͤhrlich ankommenden Sineſer verkauft, welche ſich ihrer taͤglich be-
dienen, ob ſie gleich mit jenen einerlei Glauben haben.

Hunde.

Hunde findet man bei des jetzigen Kaiſers Regierung in dieſem Lande mehr als in
jedem andern. Sie liegen, zur großen Verhinderung der Vorbeigehenden, auf den Stra-
ßen umher, ohne einen Herrn zu haben.*) Es muͤſſen derſelben eine gewiſſe Anzahl von

den
*) Jn der engliſ. Ueberſetzung: Sie haben in der That Herrn u. ſ. f.
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0231" n="141"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zehnt. Kap. Von den vierfu&#x0364;ßigen Thieren, Vo&#x0364;geln &#xA75B;c.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Vierfu&#x0364;ßige, wilde und zahme Thiere.</hi> </head><lb/>
            <p>Mit vierfu&#x0364;ßigen, wilden und zahmen Thieren &#x017F;ind die&#x017F;e La&#x0364;nder &#x017F;par&#x017F;am ver&#x017F;ehen.<lb/>
Jene finden wenig unbewohnte Oerter, wo &#x017F;ie &#x017F;ich verbergen und vermehren ko&#x0364;nten. Die&#x017F;e<lb/>
werden mehrentheils nur zur Arbeit aufgezogen, und das Flei&#x017F;ch von den Einla&#x0364;ndern we-<lb/>
gen ihres pythagori&#x017F;chen, wiewol kalt&#x017F;innigen Glaubens, wenig geno&#x017F;&#x017F;en. Ueberdem wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
auch die&#x017F;e Kraute&#x017F;&#x017F;er, in den engen Grenzen ihres volkreichen unfruchtbaren Landes, den<lb/>
Boden vortheilhafter als zur Viehzucht anzuwenden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Pferde</hi>.</hi> </head><lb/>
            <p>Man findet hier Pferde, die zwar klein &#x017F;ind, aber doch an Ge&#x017F;chiklichkeit oft den<lb/>
per&#x017F;i&#x017F;chen nicht viel nachgeben. Man ha&#x0364;lt &#x017F;ie zum Staat, zum Reiten, Tragen und Pflu&#x0364;gen.<lb/>
Die be&#x017F;ten kommen aus den Provinzen <hi rendition="#fr">Osju</hi> und <hi rendition="#fr">Satzuma;</hi> und eine gedrungene &#x017F;ehr<lb/>
kleine Art aus der Land&#x017F;chaft <hi rendition="#fr">Kai.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Och&#x017F;en</hi>.</hi> </head><lb/>
            <p>Och&#x017F;en und Ku&#x0364;he werden blos zum Pflu&#x0364;gen und Karrenziehen gebraucht. Milch<lb/>
und Butter von ihnen zu ziehen, i&#x017F;t hier eine unbekante Sache. Es giebt noch eine un-<lb/>
geheuer lange grobe Art Bu&#x0364;ffeloch&#x017F;en, mit hohen Buckeln auf den Schultern, und von al-<lb/>
len Farben: man bedient &#x017F;ich ihrer blos in großen Sta&#x0364;dten zum Karrenziehen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">E&#x017F;el, Maule&#x017F;el u. &#x017F;. f.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>E&#x017F;el, Maule&#x017F;el, Camele, und Elephanten kent man nicht; Schafe und Ziegen<lb/>
&#x017F;ind vor Zeiten von den Europa&#x0364;ern nach <hi rendition="#fr">Firando</hi> gebracht, wo&#x017F;elb&#x017F;t man auch noch ihr Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht unterha&#x0364;lt. Sie wu&#x0364;rden im ganzen Reiche gute Bergweide finden, und mit Nutzen<lb/>
ko&#x0364;nnen angezogen werden, wenn man die Wolle gebrauchte, oder das Flei&#x017F;ch genießen<lb/>
du&#x0364;rfte. Schweine findet man wenig; &#x017F;ie &#x017F;ind zuer&#x017F;t aus Sina eingefu&#x0364;hrt, und werden<lb/>
nur &#x017F;par&#x017F;am von den Bauern in <hi rendition="#fr">Fi&#x017F;en</hi> angezogen: von ihnen &#x017F;elb&#x017F;t aus Devotion wenig ge-<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;en, und nur an die ja&#x0364;hrlich ankommenden Sine&#x017F;er verkauft, welche &#x017F;ich ihrer ta&#x0364;glich be-<lb/>
dienen, ob &#x017F;ie gleich mit jenen einerlei Glauben haben.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Hunde</hi>.</hi> </head><lb/>
            <p>Hunde findet man bei des jetzigen Kai&#x017F;ers Regierung in die&#x017F;em Lande mehr als in<lb/>
jedem andern. Sie liegen, zur großen Verhinderung der Vorbeigehenden, auf den Stra-<lb/>
ßen umher, ohne einen Herrn zu haben.<note place="foot" n="*)">Jn der engli&#x017F;. Ueber&#x017F;etzung: Sie haben in der That Herrn u. &#x017F;. f.</note> Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en der&#x017F;elben eine gewi&#x017F;&#x017F;e Anzahl von<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0231] Zehnt. Kap. Von den vierfuͤßigen Thieren, Voͤgeln ꝛc. Vierfuͤßige, wilde und zahme Thiere. Mit vierfuͤßigen, wilden und zahmen Thieren ſind dieſe Laͤnder ſparſam verſehen. Jene finden wenig unbewohnte Oerter, wo ſie ſich verbergen und vermehren koͤnten. Dieſe werden mehrentheils nur zur Arbeit aufgezogen, und das Fleiſch von den Einlaͤndern we- gen ihres pythagoriſchen, wiewol kaltſinnigen Glaubens, wenig genoſſen. Ueberdem wiſſen auch dieſe Krauteſſer, in den engen Grenzen ihres volkreichen unfruchtbaren Landes, den Boden vortheilhafter als zur Viehzucht anzuwenden. Pferde. Man findet hier Pferde, die zwar klein ſind, aber doch an Geſchiklichkeit oft den perſiſchen nicht viel nachgeben. Man haͤlt ſie zum Staat, zum Reiten, Tragen und Pfluͤgen. Die beſten kommen aus den Provinzen Osju und Satzuma; und eine gedrungene ſehr kleine Art aus der Landſchaft Kai. Ochſen. Ochſen und Kuͤhe werden blos zum Pfluͤgen und Karrenziehen gebraucht. Milch und Butter von ihnen zu ziehen, iſt hier eine unbekante Sache. Es giebt noch eine un- geheuer lange grobe Art Buͤffelochſen, mit hohen Buckeln auf den Schultern, und von al- len Farben: man bedient ſich ihrer blos in großen Staͤdten zum Karrenziehen. Eſel, Mauleſel u. ſ. f. Eſel, Mauleſel, Camele, und Elephanten kent man nicht; Schafe und Ziegen ſind vor Zeiten von den Europaͤern nach Firando gebracht, woſelbſt man auch noch ihr Ge- ſchlecht unterhaͤlt. Sie wuͤrden im ganzen Reiche gute Bergweide finden, und mit Nutzen koͤnnen angezogen werden, wenn man die Wolle gebrauchte, oder das Fleiſch genießen duͤrfte. Schweine findet man wenig; ſie ſind zuerſt aus Sina eingefuͤhrt, und werden nur ſparſam von den Bauern in Fiſen angezogen: von ihnen ſelbſt aus Devotion wenig ge- geſſen, und nur an die jaͤhrlich ankommenden Sineſer verkauft, welche ſich ihrer taͤglich be- dienen, ob ſie gleich mit jenen einerlei Glauben haben. Hunde. Hunde findet man bei des jetzigen Kaiſers Regierung in dieſem Lande mehr als in jedem andern. Sie liegen, zur großen Verhinderung der Vorbeigehenden, auf den Stra- ßen umher, ohne einen Herrn zu haben. *) Es muͤſſen derſelben eine gewiſſe Anzahl von den *) Jn der engliſ. Ueberſetzung: Sie haben in der That Herrn u. ſ. f. S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/231
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/231>, abgerufen am 25.04.2024.