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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

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I. Th. I. B. III. Hauptst. Von den Triebfedern
nicht äußerlich geschoben werden darf, eben so die
Handlungen des Menschen, ob sie gleich, durch ihre Be-
stimmungsgründe, die in der Zeit vorhergehen, noth-
wendig sind, dennoch frey nennen, weil es doch innere
durch unsere eigene Kräfte hervorgebrachte Vorstellun-
gen, dadurch nach veranlassenden Umständen erzeugte
Begierden und mithin nach unserem eigenen Belieben
bewirkte Handlungen sind,) ist ein elender Behelf, wo-
mit sich noch immer einige hinhalten lassen, und so je-
nes schwere Problem mit einer kleinen Wortklauberey
aufgelöset zu haben meynen, an dessen Auflösung Jahr-
tausende vergeblich gearbeitet haben, die daher wol
schwerlich so ganz auf der Oberfläche gefunden werden
dürfte. Es kommt nemlich bey der Frage nach derje-
nigen Freyheit, die allen moralischen Gesetzen und der
ihnen gemäßen Zurechnung zum Grunde gelegt werden
muß, darauf gar nicht an, ob die nach einem Natur-
gesetze bestimmte Causalität, durch Bestimmungsgründe,
die im Subjecte, oder außer ihm liegen, und im er-
steren Fall, ob sie durch Instinct oder mit Vernunft ge-
dachte Bestimmungsgründe nothwendig sey, wenn diese
bestimmende Vorstellungen nach dem Geständnisse eben
dieser Männer selbst, den Grund ihrer Existenz doch in
der Zeit und zwar dem vorigen Zustande haben, dieser
aber wieder in einem vorhergehenden etc. so mögen sie
diese Bestimmungen, immer innerlich seyn, sie mögen
psychologische und nicht mechanische Causalität haben,

d. i.

I. Th. I. B. III. Hauptſt. Von den Triebfedern
nicht aͤußerlich geſchoben werden darf, eben ſo die
Handlungen des Menſchen, ob ſie gleich, durch ihre Be-
ſtimmungsgruͤnde, die in der Zeit vorhergehen, noth-
wendig ſind, dennoch frey nennen, weil es doch innere
durch unſere eigene Kraͤfte hervorgebrachte Vorſtellun-
gen, dadurch nach veranlaſſenden Umſtaͤnden erzeugte
Begierden und mithin nach unſerem eigenen Belieben
bewirkte Handlungen ſind,) iſt ein elender Behelf, wo-
mit ſich noch immer einige hinhalten laſſen, und ſo je-
nes ſchwere Problem mit einer kleinen Wortklauberey
aufgeloͤſet zu haben meynen, an deſſen Aufloͤſung Jahr-
tauſende vergeblich gearbeitet haben, die daher wol
ſchwerlich ſo ganz auf der Oberflaͤche gefunden werden
duͤrfte. Es kommt nemlich bey der Frage nach derje-
nigen Freyheit, die allen moraliſchen Geſetzen und der
ihnen gemaͤßen Zurechnung zum Grunde gelegt werden
muß, darauf gar nicht an, ob die nach einem Natur-
geſetze beſtimmte Cauſalitaͤt, durch Beſtimmungsgruͤnde,
die im Subjecte, oder außer ihm liegen, und im er-
ſteren Fall, ob ſie durch Inſtinct oder mit Vernunft ge-
dachte Beſtimmungsgruͤnde nothwendig ſey, wenn dieſe
beſtimmende Vorſtellungen nach dem Geſtaͤndniſſe eben
dieſer Maͤnner ſelbſt, den Grund ihrer Exiſtenz doch in
der Zeit und zwar dem vorigen Zuſtande haben, dieſer
aber wieder in einem vorhergehenden etc. ſo moͤgen ſie
dieſe Beſtimmungen, immer innerlich ſeyn, ſie moͤgen
pſychologiſche und nicht mechaniſche Cauſalitaͤt haben,

d. i.
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[172/0180] I. Th. I. B. III. Hauptſt. Von den Triebfedern nicht aͤußerlich geſchoben werden darf, eben ſo die Handlungen des Menſchen, ob ſie gleich, durch ihre Be- ſtimmungsgruͤnde, die in der Zeit vorhergehen, noth- wendig ſind, dennoch frey nennen, weil es doch innere durch unſere eigene Kraͤfte hervorgebrachte Vorſtellun- gen, dadurch nach veranlaſſenden Umſtaͤnden erzeugte Begierden und mithin nach unſerem eigenen Belieben bewirkte Handlungen ſind,) iſt ein elender Behelf, wo- mit ſich noch immer einige hinhalten laſſen, und ſo je- nes ſchwere Problem mit einer kleinen Wortklauberey aufgeloͤſet zu haben meynen, an deſſen Aufloͤſung Jahr- tauſende vergeblich gearbeitet haben, die daher wol ſchwerlich ſo ganz auf der Oberflaͤche gefunden werden duͤrfte. Es kommt nemlich bey der Frage nach derje- nigen Freyheit, die allen moraliſchen Geſetzen und der ihnen gemaͤßen Zurechnung zum Grunde gelegt werden muß, darauf gar nicht an, ob die nach einem Natur- geſetze beſtimmte Cauſalitaͤt, durch Beſtimmungsgruͤnde, die im Subjecte, oder außer ihm liegen, und im er- ſteren Fall, ob ſie durch Inſtinct oder mit Vernunft ge- dachte Beſtimmungsgruͤnde nothwendig ſey, wenn dieſe beſtimmende Vorſtellungen nach dem Geſtaͤndniſſe eben dieſer Maͤnner ſelbſt, den Grund ihrer Exiſtenz doch in der Zeit und zwar dem vorigen Zuſtande haben, dieſer aber wieder in einem vorhergehenden etc. ſo moͤgen ſie dieſe Beſtimmungen, immer innerlich ſeyn, ſie moͤgen pſychologiſche und nicht mechaniſche Cauſalitaͤt haben, d. i.

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/180>, abgerufen am 29.03.2024.