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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

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der rein. Vern. in Best. des Begr. vom höchst. Gut.
in irgend einem absehlichen künftigen Zeitpuncte seines
Daseyns, sondern nur in der (Gott allein übersehba-
ren) Unendlichkeit seiner Fortdauer dem Willen dessel-
ben (ohne Nachsicht oder Erlassung, welche sich mit
der Gerechtigkeit nicht zusammenreimt) völlig adäquat
zu seyn.

V.
Das Daseyn Gottes,
als ein Postulat der reinen practischen
Vernunft
.

Das moralische Gesetz führete in der vorhergehenden
Zergliederung zur practischen Aufgabe, welche, ohne
allen Beytritt sinnlicher Triebfedern, blos durch reine
Vernunft vorgeschrieben wird, nemlich der nothwendi-
gen Vollständigkeit des ersten und vornehmsten Theils
des höchsten Guts, der Sittlichkeit, und, da
diese nur in einer Ewigkeit völlig aufgelöset werden
kann, zum Postulat der Unsterblichkeit. Eben dieses
Gesetz muß auch zur Möglichkeit des zweyten Elements
des höchsten Guts, nemlich der jener Sittlichkeit ange-
messenen Glückseligkeit, eben so uneigennützig,

wie
wie Heiligkeit eine Idee ist, welche nur in einem unendlichen
Progressus und dessen Totalität enthalten seyn kann, mithin
vom Geschöpfe niemals völlig erreicht wird.

der rein. Vern. in Beſt. des Begr. vom hoͤchſt. Gut.
in irgend einem abſehlichen kuͤnftigen Zeitpuncte ſeines
Daſeyns, ſondern nur in der (Gott allein uͤberſehba-
ren) Unendlichkeit ſeiner Fortdauer dem Willen deſſel-
ben (ohne Nachſicht oder Erlaſſung, welche ſich mit
der Gerechtigkeit nicht zuſammenreimt) voͤllig adaͤquat
zu ſeyn.

V.
Das Daſeyn Gottes,
als ein Poſtulat der reinen practiſchen
Vernunft
.

Das moraliſche Geſetz fuͤhrete in der vorhergehenden
Zergliederung zur practiſchen Aufgabe, welche, ohne
allen Beytritt ſinnlicher Triebfedern, blos durch reine
Vernunft vorgeſchrieben wird, nemlich der nothwendi-
gen Vollſtaͤndigkeit des erſten und vornehmſten Theils
des hoͤchſten Guts, der Sittlichkeit, und, da
dieſe nur in einer Ewigkeit voͤllig aufgeloͤſet werden
kann, zum Poſtulat der Unſterblichkeit. Eben dieſes
Geſetz muß auch zur Moͤglichkeit des zweyten Elements
des hoͤchſten Guts, nemlich der jener Sittlichkeit ange-
meſſenen Gluͤckſeligkeit, eben ſo uneigennuͤtzig,

wie
wie Heiligkeit eine Idee iſt, welche nur in einem unendlichen
Progreſſus und deſſen Totalitaͤt enthalten ſeyn kann, mithin
vom Geſchoͤpfe niemals voͤllig erreicht wird.
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[223/0231] der rein. Vern. in Beſt. des Begr. vom hoͤchſt. Gut. in irgend einem abſehlichen kuͤnftigen Zeitpuncte ſeines Daſeyns, ſondern nur in der (Gott allein uͤberſehba- ren) Unendlichkeit ſeiner Fortdauer dem Willen deſſel- ben (ohne Nachſicht oder Erlaſſung, welche ſich mit der Gerechtigkeit nicht zuſammenreimt) voͤllig adaͤquat zu ſeyn. V. Das Daſeyn Gottes, als ein Poſtulat der reinen practiſchen Vernunft. Das moraliſche Geſetz fuͤhrete in der vorhergehenden Zergliederung zur practiſchen Aufgabe, welche, ohne allen Beytritt ſinnlicher Triebfedern, blos durch reine Vernunft vorgeſchrieben wird, nemlich der nothwendi- gen Vollſtaͤndigkeit des erſten und vornehmſten Theils des hoͤchſten Guts, der Sittlichkeit, und, da dieſe nur in einer Ewigkeit voͤllig aufgeloͤſet werden kann, zum Poſtulat der Unſterblichkeit. Eben dieſes Geſetz muß auch zur Moͤglichkeit des zweyten Elements des hoͤchſten Guts, nemlich der jener Sittlichkeit ange- meſſenen Gluͤckſeligkeit, eben ſo uneigennuͤtzig, wie *) *) wie Heiligkeit eine Idee iſt, welche nur in einem unendlichen Progreſſus und deſſen Totalitaͤt enthalten ſeyn kann, mithin vom Geſchoͤpfe niemals voͤllig erreicht wird.

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/231>, abgerufen am 18.04.2024.